Entsprechend dem Zeitplan zur Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs haben Gerichte seit diesem Jahr die Möglichkeit, gegen elektronisches Empfangsbekenntnis zuzustellen. Die Zustellung wird gemäß § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen. Gemäß § 14 BORA ist der Rechtsanwalt zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Zustellung verpflichtet. Wird die Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Zustellung ohne rechtlichen Grund verweigert, kann dies ein berufsrechtliches Aufsichtsverfahren nach sich ziehen.

Die Ende August vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegten Eckpunkte zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe beurteilt die BRAK differenziert.

Technische Weiterentwicklungen und neue Funktionen

Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen der letzten Monate

von Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Berlin, 09.10.2019 (Veröffentlichung aus dem BRAK-Magazin Heft 5/2019)

 

Im August 2019 hat die BRAK zwei neue Versionen des beA-Systems in Betrieb genommen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die für die Anwaltschaft wesentlichen technischen und funktionalen Änderungen.

Zugegeben, die Formvorschriften für elektronische Dokumente etwa in § 130a ZPO in Verbindung mit der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) und den Bekanntmachungen zu § 5 ERVV (ERVB 2018 und ERVB 2019) sind für alle am gerichtlichen Verfahren Beteiligten noch ein wenig ungewohnt. Das beginnt bereits mit der Frage nach dem Anwendungsbereich (dazu beA-Newsletter 48/2017 und beA-Newsletter 4/2019). Beispielsweise werden vorbereitende Schriftsätze ausdrücklich in Bezug genommen. Nach herrschender Meinung gelten die Regelungen aber natürlich auch bzw. erst recht für bestimmende Schriftsätze (völlig richtig Leuering, NJW 2019, 2739).

Es kommt nicht selten vor, dass sich die persönlichen oder geschäftlichen Daten einer Anwältin oder eines Anwalts im Laufe des Berufslebens ändern. Sie wechselt die Kanzlei, er nimmt bei der Eheschließung den Namen seiner Partnerin oder seines Partners an, die Kanzlei an sich zieht um,… In allen diesen Fällen gilt: Anzeige bei der regionalen Kammer nicht vergessen!

BRAO § 43; BORA § 16; BGB §§ 280, 611, 652
Hinweis auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung
OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2018 - 5 U 33/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 236 ff.

Der Rechtsanwalt muss seinen Mandanten (hier im Hinblick auf eine arzthaftungsrechtliche Streitigkeit) zwar grundsätzlich auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch einen Prozessfinanzierer hinweisen, jedoch nicht (jedenfalls nicht ohne entsprechenden Auftrag) prüfen und darüber informieren, welcher Prozessfinanzierer für den Mandanten besonders günstig ist. Von einem Rechtsanwalt kann nicht ohne gesonderten Auftrag erwartet werden, dass er umfangreiche Markrecherchen betreibt und mehrere Prozessfinanzierer kontaktiert.

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

BGB § 249; StVG § 7; VV RVG Nr. 2300
Gesonderte Angelegenheiten bei Unfallschadenregulierung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
AG Weilburg, Urteil vom 06.11.2018 - 5 C 451/17
Fundstelle: AGS 2019, S. 264 f.

Wird der Anwalt einerseits vom Arbeitgeber mit der Regulierung des Sachschadens beauftragt und parallel hierzu vom Arbeitnehmer mit der Regulierung seines Personenschadens, liegen verschiedene Angelegenheiten vor, sodass der Haftpflichtversicherer des Schädigers die Anwaltsgebühren aus den einzelnen Gegenstandswerten gesondert zu ersetzen hat.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

ARB 2008 § 5 Abs. 3 b); BGB § 305 c
Obliegenheitsverletzung durch Kostenregelung die nicht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen entspricht
LG Münster, Hinweisbeschluss vom 08.10.2018;
LG Münster, Beschluss vom 11.12.2018 - 15 S 12/18
Fundstelle: AGS 2019, S. 257 ff.

  1. Hat der Versicherungsnehmer in einem Vergleich im Wesentlichen sein Ziel erreicht, vereinbart er jedoch, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, liegt darin eine Obliegenheitsverletzung, die bis zur Quote des Erfolgs zum Verlust des Versicherungsschutzes führt.
  2. Die dahingehende Klausel in den ARB ist weder überraschend noch benachteiligt sie den Versicherungsnehmer unangemessen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

 

ARB 1975 § 17 Abs. 2
Kein Freistellungsanspruch bei Abwehrdeckung; Schuldner der Anwaltsvergütung für Stichentscheid
BGH, Beschluss vom 12.12.2018 - IV ZR 216/17
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 314 ff

  1. Erteilt der Rechtsschutzversicherer dem Versicherungsnehmer Abwehrdeckung, durch die die von dem Rechtsanwalt geltend gemachte Vergütung abgewehrt werden soll, kommt ein Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Rechtsschutzversicherer derzeit nicht in Betracht.

  2. In einem solchen Fall ist die Klage auf Freistellung von Vergütungsforderungen nach Zusage von Abwehrdeckung als derzeit unbegründet abzuweisen.

  3. Schuldner der Vergütung des Rechtsanwalts des Versicherungsnehmers für einen Stichentscheid ist nicht der Rechtsschutzversicherer, sondern der Versicherungsnehmer.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

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