VWGO §§ 56 II, 13211 Nr. 1; ZPO §§ 173 II u. III, 175 III, 286 II, 416, 418; ZPO aF § 174 III, IV 1 u. 3
Beweiswirkung eines elektronischen Empfangsbekenntnis
BVerwG Beschluss vom 19.9.2022 - 9 B
Fundstelle: NJW 2023, S. 703 ff.

 

  1. Wie das herkömmliche papiergebundene Empfangsbekenntnis erbringt auch das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis gegenüber dem  Gericht den vollen Beweis für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen  Beweisregelung in § 173 Ill 1 ZPO (§ 174 IV 3 ZPO aF) in Verbindung mit § 56 II VwGO.

  2. Auch beim elektronischen Empfangsbekenntnis besteht dessen Sinn und Zweck darin, die Zustellung eines bestimmten Dokuments nachzuweisen, weshalb dessen  Identität sowohl für den abgebenden Rechtsanwalt als auch für das Gericht außer Zweifel stehen muss.

  3. Der vom Anwalt an das Gericht übersandte strukturierte Datensatz und nicht seine Visualisierung im jeweils verwendeten Fachverfahren stellt das eigentliche Empfangsbekenntnis dar, an das die gesetzlich bestimmte Nachweiswirkung anknüpft.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

BeamtStG § 41 S. 2

Karenzzeit für pensionierten Richter als Anwalt

BVerwG, Urteil vom 04.05.2017 - 2 C 45.16

Fundstelle: NJW-Spezial, S. 606

Tritt ein in den Ruhestand versetzter Richter als Anwalt vor dem Gericht auf, bei dem er zuvor tätig war, begründet dies die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Belange und rechtfertigt es, ihm diese Tätigkeit für eine Karenzzeit zu untersagen.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

GewO §§ 6, 14; BGB §§ 1896 ff.

Gewerbliche Tätigkeit des Rechtsanwalts als Berufsbetreuer

BVerwG, Urt. v. 27.02.2013 – 8 C 7.12 Fundstelle: NJW 2013, 2214 ff.

Ein Berufsbetreuer übt keinen freien Beruf, sondern ein Gewerbe aus. Das gilt auch für einen Rechtsanwalt, soweit er zugleich als Berufsbetreuer tätig ist.

Leitsatz des Gerichts

Anmerkung:

Der Entscheidung des BVerwG voraus ging ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. Juni 2010 (VII R 10/09), nach der ein Berufsbetreuer keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern solche aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt. Die Einkünfte des Berufsbetreuers unterliegen damit nicht der Gewerbesteuer.

In seiner Entscheidung vom 27. Februar 2013 sieht das BVerwG keinen Gegensatz zu der Rechtsprechung des BFH, da die Qualifizierung im Einkommenssteuerrecht für die gewerberechtliche Bewertung einer Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich wegen der fehlenden Übertragbarkeit der steuerrechtlichen Regelung auf die Gewerbeordnung keine Bindungswirkung entfalte. Die Terminologie des Steuerrechts sei aufgrund der unterschiedlichen Regelungszwecke mit derjenigen des Gewerberechts nicht identisch. Die Gewerbeordnung sei vielmehr zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wirtschaftsleben bestimmt, während Gegenstand des Steuerrechts fiskalische Ziele seien.

Der BFH hat nachfolgend mit Urteil vom 25. April 2013 (V R 7/11) ergänzend festgestellt, dass Leistungen gerichtlich bestellter Berufsbetreuer zudem auch nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Zu differenzieren ist dabei jedoch zwischen der Betreuungstätigkeit an sich, die umsatzsteuerfrei erbracht wird und in diesem Zusammenhang erbrachte Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Diese sind nicht umsatzsteuerbefreit.

Rechtsanwalt Benedikt Trockel