BRAO §§ 31a VI, 43, 113, 114, 116 I 2, 197
Keine Pflicht zur Nutzung des beA im anwaltlichen Verfahren
AGH Nordrhein-Westfalen Urteil vom 21.4.2023 ¬2 AG I-110/22
Fundstelle: NJW 2023, S. 2206

  1. Anders als in anderen Verfahrensordnungen sieht die BRAO für die Einlegung der Berufung im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Pflicht zur Nutzung des beA für Rechtsanwälte vor.

  2. Bei den Zumessungserwägungen für die Verhängung eines Verweises und einer Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen die aktive und passive Nutzungspflicht des beA ist unter anderem zu berücksichtigen, in welchem Maße die Pflichtverletzung das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Anwaltsstands betrifft und dadurch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft geschädigt wurde.


Leitsatz der Redaktion der NJW

§§ 43 a II, III BRAO, 2 III BORA
Unzulässige Reaktionen auf Google-Bewertungen von Mandanten
AGH Bayern Urteil vom 1.2.2022 - BayAGH 11-3-9/21 = BeckRS 2022, 6772
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 286

Sieht sich ein Anwalt berufsrechtlichen Vorwürfen seines Mandanten ausgesetzt, kann eine Befugnis bestehen, Mandatsgeheimnisse zu offenbaren, allerdings nur soweit dies zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

§§ 5 S. 1 Hs.1, 6 FAO
Persönliche Bearbeitung von Fällen
AGH Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 24.1.2022 - 2 AGH 4/20 = BeckRS 2022, 4036
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 191

Ein Anwalt bearbeitet Fälle nur dann persönlich im Sinne des § 5 S. 1 Hs. 1 FAO, wenn sich dieser - etwa durch die Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen - selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

FAO § 5 Abs. 1 Nr. 1
Fachanwaltstitel auch bei Online-Scheidungen möglich
AGH NRW, Urteil vom 29.04.2022 - 1 AGH 43/21
Fundstelle: NJW-Spezial 2022, S. 478

Eine persönliche Leistung eines Anwalts besteht in Fällen des formularmäßigen Massengeschäfts darin, zu erkennen und zu entscheiden, ob sich der vorgetragene Fall für eine formularmäßige Bearbeitung eignet, ob der Formulartext richtig verwendet worden ist oder ob in dem vorgelegten Fall aufgrund von Besonderheiten ein individueller Antrag formuliert werden muss.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

191 b Abs. 2 S. 2 BRAO
Elektronische Wahl zur Satzungsversammlung
AGH Bayern, Urteil vom 20.7.2021 - BayAGH III-4-7/2019 = BeckRS 2021, 32123
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 703

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Wahl ist nicht darin zu erblicken, dass bei einem zum Einsatz gekommenen Online-Wahlsystem nicht die Möglichkeit besteht, sich der Stimme zu enthalten.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

§ 46 Abs. 2, 46 a, 46 b Abs. 3 BRAO
Keine rückwirkende Zulassung als Syndikusrechtsanwalt
AGH Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.6.2021 - 2 AGH 4/18 = BeckRS 2021, 25497
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 607

Die Möglichkeit einer rückwirkenden Zulassung zur Syndikusrechtsanwaltschaft sieht die BRAO nicht vor. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ein Zulassungsanspruch bestand, kann aber gegeben sein.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

§ 66. 69, 112 f I Nr. 2 BRAO
Ungültige Vorstandswahl
AGH Bayern, Urteil vom 22.7.2021 - BayAGH III-4-9/20 = BeckRS 2021, 23255
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 734

Scheidet ein Mitglied des Vorstands einer Rechtsanwaltskammer vorzeitig aus seinem Amt aus, bleibt es. im Fall einer Nachwahl oder bei den nächsten turnusmäßigen Vorstandswahlen ein wählbarer Kandidat.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

§ 150 I BRAO
Vorläufiges Berufs- bzw. Vertretungsverbot nur im Ausnahmefall
AGH Bayern, Beschluss vom 21.7.2021 - BayAGH II-3-9/21 = BeckRS 2021, 35038
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 767

Lässt sich nicht anhand konkreter Tatsachen feststellen, dass das Risiko eines Schadens für wichtige Gemeinschaftsgüter höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass es bis zur Rechtskraft der Entscheidung nicht zu weiteren Schäden im Rahmen der Berufsausübung kommt, darf für ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot kein Raum sein.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

§ 325 Abs. 1 S. 1, 329 Abs. 1 S. 1 StPO
Ausbleiben des Anwalts in der Hauptverhandlung vor dem AnwGH
AnwGH München, Urteil vom 29.9.2020 – BayAGH II – 3 – 5/20 = BeckRS 2020, 30241
Fundstelle: NJW-Spezial 2020, S. 767

 

Ein Anwalt ist in einer Hauptverhandlung beim AnwGH nur dann im Sinne des § 325 I 1 StPO vertreten, wenn dessen Verteidiger auch bereit und in der Lage ist, von einer ihm eingeräumten Vertretungsmacht Gebrauch zu machen. 

 

 Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

BRAO, §§ 43 a Abs. 3; StGB §§ 186, 193
Unsachlichkeit, üble Nachrede und Nötigung
AGH NRW, Urteil vom 05.03.2021 – 2 AGH 5/20
Fundstelle: NJW-Spezial 2021, S. 350

Der Hinweis eines Anwalts in einem Schreiben, er werde „im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs ein serbisches Inkassobüro einschalten, das Hausbesuche durchführt“, ist als Drohung mit einem empfindlichen Übel anzusehen.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

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