Das Institut für Freie Berufe führt seit 1993 im Auftrag der Bundesrechtsanwaltskammer regelmäßige Erhebungen zur Lage und Entwicklung der deutschen Anwaltschaft (STAR) durch. Dieses Jahr dreht sich STAR um folgende Themen:

Auf Initiative des Freistaats Bayern hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.6.2024 einen Gesetzesantrag beschlossen, nach dem die sog. Laienverteidigung künftig beschränkt werden soll. Sie soll künftig nur noch durch bestimmte Personengruppen möglich sein, insbesondere durch Familienangehörige, Juristinnen und Juristen mit zwei Staatsexamina sowie Vertreterinnen und Vertreter von Berufsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen.

Mit dem Ende April vorgelegten Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur Erhöhung der Transparenz von Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft sollen ministerielle (externe) Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft künftig transparent gemacht werden. Der Referentenentwurf sieht vor, dass solche Weisungen künftig in Textform erfolgen und begründet werden müssen. Zudem sollen die Voraussetzungen des Weisungsrechts sowie die rechtlichen Grenzen aufgrund des Legalitätsprinzips gesetzlich geregelt werden.

Um besser gegen sexuellen Kindesmissbrauch vorgehen zu können, hat die Europäische Kommission bereits im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Online-Kindesmissbrauch („Chatkontrolle“, CSAM) vorgelegt. Im Kern sollen danach Messenger- und Hostingdienstleister dazu verpflichtet werden, sämtliche Kommunikation über ihre Dienste darauf zu durchleuchten, ob sie Material enthalten, das sexuellen Kindesmissbrauch zeigt (CSA-Material), oder sog. Grooming, also Annäherungsversuche von Erwachsenen gegenüber Kindern in sexueller Missbrauchsabsicht.

Das Mitte November 2023 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten soll es Gerichten ermöglichen, häufiger Videoverhandlungen durchzuführen. Doch das Vorhaben traf auf Gegenwind von Seiten der Länder, unter anderem weil die Gerichte vielfach noch nicht ausreichend technisch ausgestattet sind. Der Bundesrat verwies das Gesetz in seiner Sitzung am 15.12.2023 in den Vermittlungsausschuss. Im Vorfeld der Sitzung hatte die BRAK an die Länder appelliert, den Gesetzentwurf nicht zu blockieren und die leichtere Durchführung von Videoverhandlungen zu ermöglichen.

Das Bundesministerium der Justiz hat am 17.6.2024 den Referentenentwurf für eine von der Anwaltschaft seit Längerem geforderte Erhöhung der gesetzlichen Anwaltsgebühren in die Verbändeanhörung gegeben. Der Entwurf sieht eine lineare Erhöhung der Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vor. Danach sollen sog. Wertgebühren, die sich nach der Höhe des Streitwerts bemessen, durchschnittlich um 6 % steigen; Festgebühren sollen um 9 % steigen.

Aus aktuellem Anlass möchten wir Sie darauf hinweisen, dass derzeit eine Betrugsmasche im Umlauf ist, bei der nicht existente Rechtsanwaltskanzleien Waren aus angeblichen Insolvenzauflösungen verkaufen und nicht liefern.

Dabei werden auch Internetauftritte vermeintlicher Kanzleien genutzt, die sich an den Internetauftritten echter Kanzleien orientieren und teilweise auch deren Fotos von dort tätigen Personen übernehmen. In einem Fall der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg wurde sogar die Identität einer existierenden Rechtsanwältin übernommen.

Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf die Meldung auf der Homepage der RAK Hamburg.

Unnötigen Verwaltungsaufwand zu reduzieren ist das Kernziel des Mitte März von der Bundesregierung verabschiedeten Regierungsentwurfs für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz. Es soll zahlreiche Abläufe vereinfachen und damit unter anderem Unternehmen finanziell entlasten. Dazu setzt der Entwurf unter anderem auf den Abbau von Schriftformerfordernissen, die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Belege, eine Abschaffung der Hotelmeldepflicht für im Inland reisende Deutsche und eine Änderung der Größenklassen für Unternehmen im Handelsbilanzrecht.

Der vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) Mitte Mai vorgelegte Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2024 soll das deutsche Steuerrecht in verschiedenen Bereichen unter anderem an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesfinanzhofs anpassen. Zudem sollen Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen geregelt sowie Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen vorgenommen werden.

Die Bundesregierung will die Digitalisierung in der Justiz vorantreiben und dazu vor allem den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Aktenführung ausbauen. Der dazu im März vorgelegte Regierungsentwurf sieht Änderungen in allen Verfahrensordnungen vor. Zudem enthält er eine Reihe von Verordnungsermächtigungen. Das Bundesministerium der Justiz hat Anfang Mai einen Diskussionsentwurf für eine Rechtsverordnung zur Übermittlung elektronischer Akten in die Bund-Länder-Abstimmung gegeben; parallel ging der Entwurf an die zuständigen Arbeitsgruppen der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz sowie unter anderem an die BRAK.

Mit dem geplanten Ersten Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) soll die Datenschutzaufsicht in Deutschland vereinheitlicht und zudem Ergebnisse der Evaluierung des BDSG umgesetzt werden. Gemeinsam mit der Bundessteuerberaterkammer, dem Deutschen Steuerberaterverband und der Wirtschaftsprüferkammer hat die BRAK im Vorfeld der ersten Beratung über den Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag am 15.5.2024 gefordert, das Zurückbehaltungsrecht an Handakten der rechts- und steuerberatenden Berufe klar gegen datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche abzusichern.

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