Nr. 1002 VV RVG
Erledigungsgebühr bei Erledigungserklärung
OVG NRW, Beschl. v. 9.7.2019 - 4 E 432/19
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 378

Gibt der Prozessbevollmächtigte im Verwaltungsrechtsstreit eine Erledigungserklärung ab, nachdem die beklagte Behörde von sich aus den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehoben hat, fällt hierdurch eine Erledigungsgebühr nicht an.

Leitsatz der Schriftleitung des RVGreports

 

 

§§ 11a Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG; §§ 80, 81, 120a, 121, 127 ZPO; § 48 BRAO
Vertretungspflicht im Nachprüfungsverfahren
LAG Köln, Beschl. v. 30.4.2019 - 1 Ta 17/19
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 397

1.
Aufgrund des öffentlich-rechtlichen Rechtsaktes der gerichtlichen Beiordnung ist der Rechtsanwalt gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verpflichtet, seiner Mandantschaft im Umfang der Beiordnung zur Verfügung zu stehen.

2.
Ist beim Prozesskostenhilfemandat die Beiordnung unbeschränkt beantragt und bewilligt worden, muss, der Rechtsanwalt die Vertretung einschließlich des Nachprüfungsverfahrens anbieten.

3.
Zu einer Beschränkung des Mandats auf das Hauptsacheverfahren ist der Rechtsanwalt in diesem Fall nicht berechtigt.

4.
Eine pflichtwidrige Mandatsbeschränkung stellt keinen Grund zur Aufhebung der Beiordnung i.S.v .§ 48 Abs. 2 BRAO dar.

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

§§ 14, 58 Abs. 3 RVG
Anrechnung von Zahlungen/Vorschüssen auf die Pflichtverteidigervergütung
OLG Koblenz, Beschl. v. 8.8.2019 - 2 Ws 224/19
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 421

Der in § 58 Abs. 3 Satz 4 RVG verwendete Begriff der .,Höchstgebühr eines Wahlanwalts" bezeichnet diejenige Vergütung als Anrechnungsgrenze, die der Pflichtverteidiger gem. § 14 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung der dort benannten Umstände im konkreten Einzelfall nach billigem Ermessen (höchstens) verlangen könnte, wenn er das betreffende Mandat (weiterhin) als Wahlverteidiger wahrgenommen hätte.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

 

 

Nr. 1211 Nrn. 2 und 4 GKG KV; § 91a ZPO
Ermäßigung der gerichtlichen Verfahrensgebühr nach Vergleich und Hauptsacheerledigung
OLG Hamm, Beschl. v. 26.7.2019 – 25 W 189/19
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 432

Schließen die Parteien in der Sache einen Vergleich, überlassen die Kostenentscheidung aber gem. § 91a ZPO dem Gericht, rechtfertigt dies keine Herabsetzung der Gerichtskosten auf 1,0 nach Ziff. 1211 KV GKG, auch wenn die Parteien auf eine Begründung und Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung verzichten. Eine analoge Anwendung von Nr. 1211 Ziff. 2 und 4 KV GKG kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

§§ 137, 464b StPO; § 104 ZPO
Erstattung der Kosten von mehreren Verteidigern
OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.6.2019 - 1 Ws 292/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 391

Dem Freigesprochenen sind die Kosten und Auslagen von zwei Wahlverteidigern zu erstatten, wenn seine Verteidigung im Hinblick auf Umfang, Schwierigkeit und Komplexität durch nur einen Wahlverteidiger nicht möglich war.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

 

Nrn. 1000, 1003 VV RVG; Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 1 und 3 Nr. 2, Nr. 3104 VV RVG
Einigungs- und Terminsgebühr bei einem Telefonat
OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.6.2019 - 6 W 15/18
Fundstelle: RVGreport, S. 337

Ein vom Rechtsanwalt geführtes Telefonat mit dem Gegner, das allein die Korrektur von Tippfehlern in einer bereits abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Gegenstand hat, führt nicht zur Entstehung einer Einigungs- und Terminsgebühr.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

 

§ 3a RVG; §§ 138, 242, 305 BGB
Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung, Zeittaktklausel
OLG München, Urt. v. 5.6.2019 - 15 U 318/18 Rae
Fundstelle: RVRreport 2019, S. 374

1.
Die Vereinbarung einer pauschalen Mindestvergütung, die die gesetzlichen Gebühren um das Dreifache übersteigt, begegnet bereits als solche erheblichen Bedenken, da sie die gebotene Differenzierung nach der Höhe des Gegenstandswerts wie auch nach der Komplexität des Mandats sowie nach Umfang und Schwierigkeit der zu erbringenden anwaltlichen Tätigkeit vermissen lässt.

2.
Die Vereinbarung einer Zeittaktklausel von 15 Minuten in einer Vergütungsvereinbarung ist unwirksam. Die Grenze für eine zulässige Pauschalierung könnte bei 6 Minuten anzusetzen sein.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

 

RVG §§ 15 Abs. 2, 44; BerHG § 8 Abs. 1
Begriff der Angelegenheit in der Beratungshilfe
OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.1.2019 - 6 W 135/17
Fundstelle: AGS 2019, S. 420

1.

Leistet ein Rechtsanwalt Beratungshilfe, so ist die Anzahl der zu vergütenden Angelegenheiten nicht durch die Zahl der erteilten Berechtigungsscheine vorgegeben.

2.
Für die Bestimmung des Begriffs der Angelegenheit i.S.d. Beratungshfegesetzes als Grundlage für die Festsetzung der Vergütung des Beratungshilfe leistenden Rechtsanwalts ist der gebührenrechtliche Begriff der Angelegenheit i.S.d. §§ 15 ff. RVG maßgebend.

3.

Eine Angelegenheit liegt vor, wenn der Tätigkeit des Rechtsanwalts ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt, sie sich im gleichen Rahmen hält und zwischen den einzelnen Gegenständen des anwaltlichen Handelns ein innerer Zusammenhang besteht, wobeiinsbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

 

§ 3a RVG; §§ 138, 287 BGB
Sittenwidriges anwaltliches Zeithonorar
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.1.2019 – I 24 U 84/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 330

1.
Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines anwaltlichen Zeithonorars, welches um das Sechsfache im Vergleich zur gesetzlichen Vergütung erhöht ist, ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt, ob dies auf der Höhe des Stundensatzes oder auf anfallenden Tätigkeitsstunden beruht. Ist diese Überhöhung auf den hohen Zeitaufwand zurückzuführen, spricht dies gegen eine Sittenwidrigkeit, sofern keine Anhaltspunkte für ein unangemessenes Aufblähen der Arbeitszeit vorliegen.

2.
Ein anwaltlicher Stundensatz in Höhe von 250,00 € ist nicht zu beanstanden.

3.

Bestreitet der Mandant pauschal den Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts, dann ist dies bei Vorgängen unerheblich, die der Mandant selbst miterlebt hat (z. B. Telefonate, Gespräche) oder durch die er anhand objektiver Unterlagen (z. B. Beweisaufnahmeprotokolle) Kenntnis erlangt hat.

4.
Ein Gericht ist aus eigener Sachkunde in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO), denn auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt.

Leitsatz des Gerichts

 

 

RVG § 14; RVG VV Nr. 3102, Vorbem. 3 Abs. 4
Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens im Eilverfahren
LSG München, Beschl. v. 17.12.2018 - L 12 SF 224/17
Fundstelle: AGS 2019, S. 399

Eine Anrechnung der im Vorverfahren verdienten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines damit im Zusammenhang stehenden gerichtlichen Eilverfahrens findet nicht statt, da es sich hinsichtlich des Widerspruchs- und des Eilrechtsschutzverfahrens nicht umdenselben Gegenstand i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV handelt.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

Keine Beschränkung auf Sparangebote bei den Terminsreisekosten
§§ 151, 162 Abs. 1, 165, 173 VwGO; § 91 Abs. 1 ZPO; § 5 JVEG; §§ 3, 4 BRKG
BVerwG, Beschl. v. 27.6.2019 - 2 KSt l.19
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 388

Reisekosten eines Verfahrensbeteiligten in Gestalt von Fahrkarten der Deutschen Bahn im sog. „Flexpreis"-Tarif sind stets erstattungsfähig i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO. Die Pflicht, die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung so niedrig wie möglich zu halten, führt nicht dazu, dass der Erstattungsanspruch auf den Betrag eines eventuellen Sparangebotes (“Super-Sparpreis") reduziert wäre.

Leitsatz des Gerichts

 

 

BGB §§ 145 ff., 151 ff., 675
Zustandekommen eines Anwaltsvertrages bei fehlender Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers
BGH, Urt. v. 14.2.2019 - IX ZR 203/18
Fundstelle: AGS 2019, S. 376

1.
Ein Anwaltsvertrag kommt nur bei übereinstimmenden, auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages gerichteten Willenserklärungen der Vertragsparteien zustande. Zwar können die Erklärungen auch in konkludentem Verhalten der Vertragsparteien enthalten sein, wenn das Verhalten des anderen Teils von dem Rechtsanwalt bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben als eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrags gerichtete Willenserklärung aufzufassen war und sein nachfolgendes Verhalten als Annahme des Auftrags gedeutet werden durfte.

2.
Ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages liegt indes allein durch die Übersendung des Vollmachtformulars nicht vor, wenn das Tätigwerden des Anwalts abhängig gemacht wurde vom Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung unddiese Zusage letztlich nicht erteilt wurde.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

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