Das Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe soll umfassend neu geregelt werden; das betrifft insbesondere das anwaltliche Berufsrecht, aber auch die Regelungen für Steuerberater, Notare und Wirtschaftsprüfer. Das sieht der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Ende September vorgelegte Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuordnung aufsichtsrechtlicher Verfahren des Rechts der rechtsberatenden Berufe sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vor. Teile des Entwurfs waren bereits Gegenstand eines Referentenentwurfs aus der vergangenen Legislaturperiode, der aber aufgrund von deren vorzeitigem Ende nicht mehr ins parlamentarische Verfahren gelangte. Der damalige Gesetzentwurf wurde nunmehr überarbeitet und um einige weitere Aspekte ergänzt.

Aufsichtsrechtliche Verfahren neu strukturieren

Mit dem anliegenden Referentenentwurf sollen insbesondere verschiedene aufsichtsrechtliche Verfahren des Rechts der rechtsberatenden Berufe neu geordnet werden. Hintergrund der beabsichtigten Neuregelung ist, dass im Bereich der Rechtsbehelfe gegen Belehrungen, Rügen, Auskunftsverlangen und Zwangsgelder in der Bundesrechtsanwaltsordnung verschiedene Probleme bestehen. Dies betrifft vor allem das Institut der sog. „missbilligenden Belehrung“ sowie die unterschiedlichen Regelungen zur Zuständigkeit der Gerichte und zu den anzuwendenden Verfahrensvorschriften.

Der Entwurf hält an dem Institut des rechtlichen Hinweises fest. Das BMJV hat allerdings der von der BRAK mit Nachdruck vorgetragenen Kritik Rechnung getragen und sieht nun von einem einklagbaren Anspruch der Kammermitglieder auf Erteilung eines rechtlichen Hinweises im Sinne einer Festlegung zu Fragen der Berufspflichten ab.

Abwicklung von Kanzleien praxisgerechter regeln

Ferner will der Entwurf die Abwicklung von Kanzleien neu regeln. Er greift insofern den von der BRAK-Hauptversammlung geäußerten Wunsch auf, eine praxisgerechtere Regelung für die Rechtsanwaltskammern zu schaffen. Diese mussten in der jüngeren Vergangenheit verstärkt und teilweise in erheblichem Umfang im Wege der Bürgenhaftung für die Vergütung von Kanzleiabwicklungen eintreten. Nach dem Entwurf soll daher die Haftung der Kammern auf 10.000 Euro pro Fall begrenzt werden, jedoch an der für den Schutz der Mandanten bedeutsamen Fortführung laufender Mandate grundsätzlich festgehalten werden. Eine Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer soll bei der Fortführung der Mandate aber nur dann in Betracht kommen, wenn die Kammer der Fortführung zugestimmt hat, wobei der Fortführung jeweils für die Dauer der Bestellung zugestimmt werden muss.

Anwaltliche Grundpflichten neu ordnen

Der Entwurf sieht außerdem eine Neuordnung der anwaltlichen Grundpflichten vor. Sie sollen künftig in gesonderten Paragrafen der BRAO normiert sein statt bislang als Absätze von § 43a BRAO. Dabei soll für einzelne Fälle widerstreitenden Interesses zur Vereinfachung eine Zustimmungsfiktion eingeführt werden. Soweit es sich bei der Mandantschaft um geschäftserfahrene Unternehmer handelt, erscheint es aus Sicht des BMJV zulässig, in Fällen der Bitte einer Anwaltskanzlei um Erteilung einer Einwilligung mit einer Zustimmungsfiktion (§ 42 III BRAO-E) zu arbeiten.

Vergütungsforderungen und Honorare

Soweit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Vergütungsforderungen durch Inkassodienstleister einziehen lassen wollen, benötigen sie dazu nach geltender Rechtslage stets die Zustimmung ihrer Mandanten. Um den damit verbundenen Aufwand zu vermeiden, soll die Beauftragung von Inkassodienstleistern künftig auch ohne eine solche Zustimmung möglich sein, sofern sie nach den in § 43e BRAO vorgesehenen Voraussetzungen erfolgt.

Zudem sollen im RDG verschiedene Nachschärfungen vorgenommen werden. Unter anderem sollen die dortigen verbraucherschützenden Normen auch beim Konzerninkasso gelten, sollen die Sachkundeanforderungen an Inkassodienstleister erweitert werden, soll eine Informationspflicht gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern auch im Fall der Nichtweiterverfolgung von Inkassoaufträgen bestehen, soll ein Umgehungsverbot eingeführt werden, soll der Betrieb bei jeglicher unbefugter Rechtsberatung verhindert werden können und sollen die Bußgelder für unerlaubte Rechtsberatung erhöht werden.

Auch für Inkassodienstleister soll ein Umgehungsverbot eingeführt werden.

Zahlreiche weitere Änderungen im Anwaltsrecht

Weitere Änderungen im anwaltlichen Berufsrecht betreffen u.a. die Sozietätserstreckung bei wissenschaftlicher Mitarbeit, die im Interesse der Nachwuchs-Anwältinnen und -Anwälte zurückgenommen werden soll. Ferner sollen die Bürokratieanforderungen bei der Zulassung von Syndikusanwältinnen und -anwälten gesenkt und die zulässigen Gesellschaftsformen sowie Gesellschafterkreise insbesondere ausländischer Berufsausübungsgesellschaften erweitert werden.

Außerdem werden auch die Vorschriften zu den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern in den Berufsgerichtsbarkeiten vereinheitlicht, die Anforderungen an die Mitwirkung im Vorstand einer Rechtsanwaltskammer und in der Satzungsversammlung abgesenkt und bisher fehlende Regelungen zu Wiederholungswahlen bei Vorstandswahlen der Kammern eingeführt werden.

Klargestellt werden sollen ferner die Rechtsdienstleistungs- und Postulationsbefugnisse der Berufsausübungsgesellschaften. Dabei sollen ihnen auch nach ihrer Auflösung Rechtsdienstleistungsbefugnisse eingeräumt werden.

Änderungen im Verfahrensrecht

Der Referentenentwurf sieht außerdem vor, das künftig Zivilverfahren im Fall des Anwaltsverlusts auch dann unterbrochen werden, wenn kein Anwaltszwang besteht (§ 244 ZPO). Zum Klageerzwingungsverfahren nach § 172 StPO soll klargestellt werden, dass in diesem die Beiordnung eines Notanwalts in Betracht kommt.


Weiterführende Links:
Referentenentwurf
Synopse zum Referentenentwurf
Stellungnahme Nr. 91/2024 (zum Referentenentwurf der 20. Legislaturperiode)