Rechtsschutzversicherer sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen ihre Versicherungsnehmer außergerichtlich beraten und vertreten dürfen. Das sieht ein Beschlussvorschlag des Freistaats Bayern vor, der im Vorfeld der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister des Bundes und der Länder (JuMiKo) am 7.11.2025 in Leipzig bekannt wurde. Darin wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, einen Gesetzentwurf für eine entsprechende Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zu erarbeiten.
Gefahr von Interessenkonflikten
Nach geltendem Recht steht einer rechtlichen Beratung und Vertretung durch Rechtsschutzversicherer insbesondere § 4 RDG entgegen. Danach darf eine Rechtsdienstleistung nicht erbracht werden, wenn sie unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht hat und hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Damit soll der unauflösbare Interessenkonflikt unterbunden werden, in dem selbst rechtlich beratende Rechtsschutzversicherer sonst stehen würden: Sie haben naturgemäß das Interesse, die Rechtsverfolgungskosten gering zu halten, die sie ihren Versicherungsnehmern erstatten müssten; diese hingegen wollen ihre rechtlichen Interessen unabhängig von den Kosten durchsetzen.
Kollision mit freier Anwaltswahl
Eine Ausweitung der Befugnisse von Rechtsschutzversicherern wäre zudem mit Blick auf den Grundsatz der freien Anwaltswahl problematisch. Dieser ist in § 3 III der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BRAO) und in § 127 I des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) festgeschrieben. Bei einer Ausweitung bestünde die Gefahr, dass selbst beratende Versicherer die Rechtsschutzfälle in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse steuern und auch die Wahl der anwaltlichen Vertretung ihrer Versicherungsnehmer beeinflussen würden.
Die Rechtsanwaltskammer Berlin und der Berliner Anwaltverein haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber der Berliner Senatsverwaltung für Justiz ebenfalls ablehnend gegenüber dem Vorstoß aus Bayern geäußert. Sie betonen zudem, dass Rechtsschutzversicherungen schon seit Längerem durch Vermittlungsplattformen und Legal-Tech-Unternehmen in den Rechtsmarkt eingreifen – und dies nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes, sondern vorrangig im eigenen wirtschaftlichen Interesse.
Ob die Beschlussvorlage tatsächlich in die Tagesordnung der Herbst-JuMiKo aufgenommen wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Sollte dies der Fall sein und die JuMiKo entsprechend beschließen, wird sich die BRAK zu dem Vorstoß ausführlich zu Wort melden.
Weiterführende Links:
Informationen zur Herbst-Justizministerkonferenz 2025
Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Berlin und des Berliner Anwaltvereins