Heft 02/2015 Unternehmensjuristen und ihre Rente

Zur berufs- und sozialversicherungsrechtlichen Stellung der Syndikusanwälte 

von Prof. Dr. Reinhard Singer, Humboldt-Universität zu Berlin

Selten haben Urteile der höchsten Fachgerichtsbarkeit so viel Widerspruch provoziert wie die Urteile des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 3.4.2014[1]. Die Revisionsurteile in drei parallel gelagerten Verfahren kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Syndikusanwälte, die bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber angestellt sind, nicht mehr - wie dies bislang einer verbreiteten, aber zunehmend uneinheitlichen Praxis[2] entsprach - von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können. Die Aufregung entzündet sich nicht nur an den ökonomischen Konsequenzen, die diese Entscheidungen nach sich ziehen, sondern berührt im Kern das Berufsbild des Rechtsanwalts. Wenn man freilich um der "Einheit der Anwaltschaft"[3] willen bereit ist, sich vom Leitbild der beruflichen Unabhängigkeit zu verabschieden, gerät das System der Regulierung, das der Bundesrechtsanwaltsordnung im Interesse der Mandanten und einer vertrauenswürdigen Rechtspflege zugrunde liegt, ins Wanken. Insofern ist sehr sorgfältig zu prüfen, an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte, um den status quo wiederherzustellen und Syndikusanwälten den Zugang zu den beruflichen Versorgungswerken der Anwälte zu ermöglichen.

ZPO § 91; RVG VV Nr. 3100

Keine Erstattung der Anwaltskosten bei angekündigter Klagerücknahme

AG Dortmund, Beschluss vom 12.09.2014 - 426 C 1293/14

Fundstelle: AGS 2014, S. 492

Erklärt der Kläger gegenüber dem Beklagten vor Zustellung der Klage, dass die Klage irrtümlich eingereicht sei und umgehend zurückgenommen werde, sind die Kosten eines hiernach vom Beklagten beauftragten Anwalts nicht erstattungsfähig, wenn die Klage entsprechend der Ankündigung umgehend zurückgenommen wird.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

VV RVG Nr. 4100

Verhältnis Grundgebühr / Verfahrensgebühr nach dem 2. KostRMoG

LG Oldenburg, Beschluss vom 22.09.2014 - 5 Qs 304/14

Fundstelle: RVGreport 2014, S. 470

Die Grundgebühr entsteht grds. immer neben der Verfahrensgebühr. Sie deckt den zusätzlichen Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Fall ab.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

RVG § 15

Dieselbe Angelegenheit bei Anspruch auf Zeugnis und Abänderung des Zeugnisses

LG Frankfurt/Main, Urteil vom29.08.2014 - 2-01 S 75/13

Fundstelle: AGS 2014, S. 510 f.

1.

Wird der Rechtsanwalt beauftragt, ein qualifiziertes Zeugnis einzufordern, und entspricht das daraufhin vom Arbeitgeber erstellte Zeugnis nicht den Erwartungen, stellt die - weitergehende - Tätigkeit auf Berichtigung / Abänderung des Zeugnisses keine neue Angelegenheit dar. Es handelt sich um dieselbe Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 2 RVG.

2.

Der Auftrag auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses wird nicht bereits durch ein Arbeitszeugnis mit einem beliebigen Inhalt erfüllt, sondern erst dann, wenn ein inhaltlich wahres Arbeitszeugnis erstellt wird.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

VV RVG Nr. 1002

Erledigungsgebühr auch bei Teilerfolg

OVG NRW, Beschluss vom 08.10.2014 - 1 E 197/14

Fundstelle: RVGreport 2015, S. 19

Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG fällt auch dann an, wenn unter qualifizierter Mitwirkung des anwaltlichen Prozessbevollmächtigten in der Sache ein zwar letztlich hinter dem Klagebegehren zurückbleibender, den Betroffenen aber zufriedenstellender (Teil-)Erfolg erzielt wird, welcher diesen veranlasst, den Rechtsstreit insgesamt für erledigt zu erklären.

Leitsatz des Gerichts

FamGKG § 38

Wert eines Stufenantrags

OLG Hamm, Beschluss vom 05.09.2014 - II-6 WF 93/14

Fundstelle: AGS 2014, S. 523 f.

 

Maßgeblich für den Streitwert des Stufenantrags sind die Vorstellungen des Antragstellers zur Höhe des Leistungsanspruchs bei Einleitung des Verfahrens; dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller zunächst nicht dazu aufgefordert wird, sich zu diesen Vorstellungen zu äußern und dies erst nach Abschluss des Verfahrens nachholt.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG § 15 a Abs. 1; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 5, Anm. zu Nr. 3305

Abrechnung bei mehrfacher Anrechnung

OLG Hamm, Beschluss vom 02.09.2014 - 25 W 135/14

Fundstelle: AGS 2014, S. 453 f.

Ist eine Gebühr anzurechnen, auf die ihrerseits wiederum eine vorangegangene Gebühr anzurechnen ist, dann ist nicht nur der nach Anrechnung verbleibende Restbetrag dieser Gebühr anzurechnen, sondern der volle Gebührenbetrag vor Anrechnung.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG §§ 3 a I 1, II, 4 b; BGB §§ 280, 812 I 1

Vergütungsvereinbarung für familienrechtliche Tätigkeit

OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.08.2014 - 2 U 2/14

Fundstelle: NJW 2015, S. 418 ff.

1.

Das Textformerfordernis nach § 3 a I 1 RVG hat einerseits eine Schutz- und Warnfunktion für den Mandanten. Andererseits erleichtert es dem Rechtsanwalt, den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nachzuweisen. Diese Funktionen kann die Vergütungsvereinbarung nur dann erfüllen, wenn sie ausreichend bestimmt ist. Bei einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig feststehen, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll. Eine pauschale Bezeichnung der anwaltlichen Tätigkeit lässt nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für alle zukünftigen Mandate gelten soll.

2.

Zur Angemessenheit eines Stundensatzes von 300 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer für die anwaltliche Tätigkeit, § 3 a II RVG.

3.

Die Abrechnung eines anwaltlichen Zeithonorars im 15-Minuten-Takt erfordert eine entsprechende Vereinbarung.

Leitsatz des Gerichts

ZPO § 104 Abs. 2 Satz 3

Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer bei möglicherweise teilweiser Vorsteuerabzugsberechtigung

OLG Hamm, Beschluss vom 15.08.2014 - 25 W 10/14

Fundstelle: RVGreport 2015, S. 25 f.

1.

Die Richtigkeit einer im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO vom Erstattungsberechtigten abgegebenen Erklärung, er könne die Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug verwenden, kann ausnahmsweise nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Erklärung offensichtlich und zweifelsfrei unrichtig ist.5

2.

Der Erstattungspflichtige kann die Richtigkeit der Erklärung durch Gegenbeweis entkräften. Dieser Gegenbeweis ist jedoch dann nicht geführt, wenn die Vorsteuern zwar teilweise abzuziehen sind, deren Höhe jedoch den aktuellen Verhältnissen im Besteuerungszeitraum entsprechen und späteren Abänderungen oder Berichtigungen unterliegen.

Leitsatz des Verfassers des RVGReports

VV RVG Nr. 1000, 1003

Keine Einigungsgebühr im Umgangsverfahren bei außergerichtlicher Einigung nur der Kindeseltern

OLG Hamm, Beschluss vom 25.01.2014 – II-6 WF 35/14

Fundstelle: RVGreport 2014, S. 464 f.

Einigen sich die Kindeseltern anlässlich eines außergerichtlichen Zusammentreffens ohne Anwälte über die Ausgestaltung des Umgangs des Kindesvaters mit dem gemeinsamen Kind, so kann der dem Kindesvater beigeordnete Rechtsanwalt keine Einigungsgebühr beanspruchen.

Leitsatz des Gerichts

StPO § 464 a; ZPO § 91

Kostenerstattung beim Zusammentreffen von Wahl- und Pflichtverteidigung

OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014 - 1 Ws 305/14

Fundstelle: RVGreport 2015, S. 29 f.

Bei einem Zusammentreffen von Wahl- und Pflichtverteidigung sind wegen §§ 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO, 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO grundsätzlich auch insgesamt nur die Kosten für einen Verteidiger erstattungsfähig. Hat das Gericht aber neben einem vorhandenen Wahlverteidiger einen Pflichtverteidiger zur Sicherung eines reibungslosen Verfahrensablaufs bestellt und wurde dies nicht wegen des Verhaltens des Angeklagten oder des Wahlverteidigers erforderlich, sind die Wahlverteidigerkosten in voller Höhe zu erstatten.

Leitsatz des Gerichts

ZPO §§ 36, 104, 281

Kostenfestsetzung durch das fiktive Prozessgericht nach Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids

OLG Hamm, Beschluss vom 09.07.2014 - I-32 SA 46/14

Fundstelle: AGS 2014, S. 536 f.

Nach Rücknahme des Antrages auf Erlass des Mahnbescheides vor dem Mahngericht ist für die Kostenfestsetzung nicht das Mahngericht, sondern dasjenige Gericht zuständig, welches im Falle eines streitigen Verfahrens über die geltend gemachten Ansprüche zu befinden hätte.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

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