ZPO §§ 29 I, 36 I Nr. 6, 47, 281; BGB § 269 I
Erfüllungsort für Honorarforderungen des Anwalts

OLG Karlsruhe, B. v. 17. März 2003 -15 AR 53/02
1.
Ein Verweisungsbeschluss unter Verstoß gegen § 47 ZPO ist objektiv willkürlich und daher nicht bindend.

2.
Bei einer anwaltlichen Honorarforderung wird der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 I ZPO) durch den Wohnsitz des Mandanten zurzeit der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 I BGB) und nicht durch den Kanzleisitz des Rechtsanwalts bestimmt.

3.
Die Entscheidung über die Frage des Erfüllungsortes der Honorarverpflichtung des Mandanten gegenüber dem Rechtsanwalt hat der Senat dem BGH zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

(Fundstelle: NJW 2003 , 2174 ff.)

Anmerkung:

In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist neuerdings umstritten, welches Gericht für die Honorarklage eines Rechtsanwalts zuständig ist. Zwei Meinungen werden vertreten:

  Für Ort der Kanzlei des Rechtsanwalts als Erfüllungsort:
  · BayOLG NJW 2003, 366 = MDR 2003, 480 = AnwBl. 2003, 120;
· LG Magdeburg JurBüro 2002, 598 NJW-RR 2003, 130 = AGS 2003, 88 m. Anm. Madert, AGS 2003, 89;
· LG Konstanz BRAGOreport 2002, 182;
· OLG Hamburg BRAK-Mitt. 2002, 44;
· LG Berlin AGS 2002, 124;
· BGH NJW 1996, 1178;
· OLG Köln NJW-RR 1997, 825;
· BGH NJW 1991, 3095;
· OLG München VersR 2001, 395;
· LG München NJW 2001, 1583;
· LG Köln AGS 1998, 24;
· OLG Köln OLGR 1997, 11 = NJW-RR 1997, 825;
· OLG Köln NJW 1994, 476;
· LG Darmstadt AnwBl. 1984, 503;
· OLG Frankfurt RIW 1977, 432 (für Ansprüche aus einem Patentanwaltsvertrag);
· LG Hamburg NJW 1976, 199 = MDR 1976, 318;
· Henssler/Steinkraus, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gern. § 29 ZPO für die anwaltliche Honorarklage, AnwBl. 1999, 186;
· Dahns, Zur örtlichen Zuständigkeit von Honorarklagen von Anwälten, BRAK-Mitt. 2002, 100.

Für den Wohnsitz des Mandanten

· LG Hanau MDR 2002, 132;
· OLG Hamburg MDR 2002, 1210;
· AG Hamburg-Bergedorf MDR 2002, 851;
· LG Ravensburg BRAK-Mitt. 2002, 99;
· LG Frankfurt NJW 2001, 2640;
· OLG Frankfurt NJW 2001, 1583;
· AG Spandau NJW 2000, 1654;
· AG Frankfurt NJW 2000, 1802;
· OLG Dresden NJW-RR 2002, 29 = AGS 2002, 242;
· LG München NJW-RR 2002, 206;
· Prechtel, Zum Gerichtsstand bei Klagen aus einem Anwaltsvertrag, MDR 2002, 591;
· Prechtel, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes bei anwaltlichen Gebührenforderungen, NJW 1999, 3670.

1. Es verstößt gegen die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts aus Art. 12 GG, wenn die Gerichte ihm Werbeaussagen im Internet, die auch wertenden Charakter haben, wie zum Beispiel „optimale Interessenvertretung“, als nicht erlaubte Werturteile über die eigene Kompetenz untersagen.

2.
....

BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), B. v. 28. Februar 2003 - 1 BvR 189/031.
Es verstößt gegen die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts aus Art. 12 GG, wenn die Gerichte ihm Werbeaussagen im Internet, die auch wertenden Charakter haben, wie zum Beispiel „optimale Interessenvertretung“, als nicht erlaubte Werturteile über die eigene Kompetenz untersagen.

2.
Der verständige Rechtssuchende weiß sehr wohl die Bedeutung solcher Werturteile einzuschätzen und wird daher auch nicht irregeführt.

3.
Bei verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Urteil eines Fachgerichts ist dieses dann nicht aufzuheben, wenn der Rechtsanwalt in der Zwischenzeit seine Werbung im Internet geändert hat.

Der Beschwerdeführende Rechtsanwalt warb im Internet mit folgender Aussage: „RA S. hat es zu seiner wichtigsten Aufgabe gemacht, die wirtschaftlichen Interessen seiner Mandanten optimal zu wahren und durchzusetzen.“ Noch während des von konkurrierenden Kollegen angestrengten wettbewerbsrechtlichen Klageverfahrens, in dem letztlich der Klage stattgegeben wurde, änderte der Beschwerdeführer seine Internethomepage so, dass die beanstandete Formulierung entfiel.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Aus der wettbewerbsrechtlichen Verurteilung ergebe sich für den Beschwerdeführer kein besonders schwerer Nachteil, da eine Unterlassung aufgegeben werde, deren Erzwindung auf Grund zwischenzeitlicher Änderung der Homepage nicht mehr in Betracht komme.

Die Auslegung und Anwendung von § 43 BRAO seitens des Fachgerichts werde dem Maßstab des Artikel 12 Abs. 1 GG allerdings nicht gerecht. Die Argumentation des Gerichts, die Werbung des Bf. stelle sich dem Rechtsundenden als Werbung für Spitzenleistung dar und verstoße daher gegen § 43 b BRAO, weil sie als bloßes Werturteil irreführend sei, beruhe auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Berufsfreiheit. Einzeläußerungen wie die beanstandete Wortkombination der „optimalen Interessenwahrung“ müssten im Kontext des gesamten Werbeinhalts grundrechtsfreundlich ausgelegt werden. Die beanstandete Entscheidung hingegen betrachte die Ausdrucksweise der „optimalen Interessenwahrung“ isoliert vom Satzbau und restlichen Satzinhalt und verändere dadurch den Aussagegehalt zu Lasten des Werbenden. Der Rechtsuchende, der ein durchschnittliches Leseverständnis aufbringt, vermöge sehr wohl zwischen optimaler Mühewaltung und optimaler Interessenvertretung zu differenzieren. Eine Gefahr der Irreführung von Rechtsuchenden ergebe sich nicht. Gleichfalls verfassungsrechtlich bedenklich sei die Auffassung, dass jegliche Werbung mit beruflicher Motivation von vornherein berufsrechtswidrig sei. Diese Auffassung unterscheide nicht in der gebotenen Weise zwischen Pflichten oder wünschenswerten Eigenschaften und der Zusicherung des Rechtsanwalts, diesen Anforderungen auch zu genügen.

(Fundstelle: NJW 2003, 1307)

1. Lässt ein Mieter die Wohnung verwahrlosen und lässt der Vermieter daraufhin eine anwaltliche Abmahnung wegen Sorgfaltspflichtverletzung aussprechen, so hat der Mieter die hierdurch entstehenden Kosten des Anwalts zu erstatten. 2. Im Hinblick auf die hohen inhaltlichen Anforderungen einer Abmahnung ist ein Abweichen um 0,5/10 vom Mittelwert der 7,5/10-Gebühr des § 118 BRAGO gerechtfertigt

Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bei Abmahnung des Mieters wegen vertragswidrigen Verhaltens

AG Frankfurt / M. u. v. 14. Februar 2003 – 33 C 3200/02 – 50 .

(Fundstelle: AGS 2003, S. 223) 1.
Lässt ein Mieter die Wohnung verwahrlosen und lässt der Vermieter daraufhin eine anwaltliche Abmahnung wegen Sorgfaltspflichtverletzung aussprechen, so hat der Mieter die hierdurch entstehenden Kosten des Anwalts zu erstatten.

2.
Im Hinblick auf die hohen inhaltlichen Anforderungen einer Abmahnung ist ein Abweichen um 0,5/10 vom Mittelwert der 7,5/10-Gebühr des § 118 BRAGO gerechtfertigt

1. Der Pauschsatz gem. § 26 S. 2 BRAGO wird von der Anrechnungsvorschrift des § 38 Abs. 1 S. 2 BRAGO nicht mit umfasst. Für das Verfahren über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil (§ 38 Abs. 1 BRAGO) fällt ein zweiter Pauschsatz an. Der Höhe nach bestimmt sich dieser auch nach der anzurechnenden Prozessgebühr. 2. Auch von der Anrechnungsvorschrift des § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO wird der Pauschsatz des § 26 BRAGO nicht mit umfasst.

Keine Anrechnung des Pauschsatzes für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

AG Nürtingen, B. v. 7. Februar 2003 – 11 C 1558/00

(Fundstelle: JurBüro 2003, S. 417) 1.
Der Pauschsatz gem. § 26 S. 2 BRAGO wird von der Anrechnungsvorschrift des § 38 Abs. 1 S. 2 BRAGO nicht mit umfasst. Für das Verfahren über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil (§ 38 Abs. 1 BRAGO) fällt ein zweiter Pauschsatz an. Der Höhe nach bestimmt sich dieser auch nach der anzurechnenden Prozessgebühr.

2.
Auch von der Anrechnungsvorschrift des § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO wird der Pauschsatz des § 26 BRAGO nicht mit umfasst.

Zu der Individualbeschwerde Albrecht Wendenburg u.a. gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Urteils des BVerfG vom 13.12.2000 zur Verfassungswidrigkeit der Singularzulassung beim OLG gem. § 25 BRAO

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, B. v. 6. Februar 2003 – Beschwerde-Nr.: 71630/01  

1. Soweit die Beschwerde den Verlust zukünftigen Einkommens betrifft, geht sie über den Rahmen des Art. 1 des Protokolls Nr. 1 hinaus, der nur auf bestehenden Besitz anwendbar ist.

2.   Art. 1 erstreckt sich jedoch auf die Anwaltskanzlei als solche und ihre Mandanten, da diese Einheiten einen gewissen Wert im Sinne eines Vermögenswertes darstellen und daher Eigentum gemäß des ersten Satzes von Art. 1 sind1).

3.   Selbst wenn die Entscheidung des BVerfG einen Eingriff in den Besitzstand gem. Art. 1 darstellte, wäre dieser Eingriff nach Abs. 2 gerechtfertigt1).

4.   Im Hinblick auf das vom BVerfG in diesem Fall verfolgte Ziel gilt, dass die maßgeblichen nationalen Gerichte einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Kontrollmaßnahme genießen. Ein Urteil wird insoweit respektiert, als es nicht offensichtlich willkürlich und unbegründet ist1).

5.   In seiner Entscheidung hat das BVerfG sowohl das allgemeine Interesse an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege als auch die Interessen des juristischen Berufsstandes und das individuelle Interesse der betroffenen RAe berücksichtigt1).

6.   In Verfahren, die eine Entscheidung für eine kollektive Anzahl von Einzelpersonen zum Gegenstand haben, ist es nicht immer erforderlich oder sogar möglich, dass jede betroffene Einzelperson vor dem Gericht angehört wird1).

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, B. v. 6. Februar 2003 –
Beschwerde-Nr.: 71630/01

 

(Fundstelle: BRAK-Mitt. 2003, 70 ff.)

   

Die Festsetzung einer 8/10-Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist auch im Durchschnittsfall nicht als ermessenfehlerhaft anzusehen, da die geringfügige Überschreitung der Mittelgebühr von 7,5/10 nicht unbillig ist und ein Ermessensfehlergebrauch nicht vorliegt. Daher muss der KH-Versicherer des Unfallschädigers dem Geschädigten auch im Durchschnittsfall eine 8/10-Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ersetzen. (Fundstelle: AGS 2003, 24) Anmerkung Zur Angemessenheit einer 8/10-Gebühr siehe bereits: - OLG Schleswig, AGS 2003, 25, - AG Diez, AGS 2003, 74, - AG Frankfurt, AGS 2003, 223

BRAGO, §§ 12 Abs. 1 , 118 Abs. 1 Nr. 1
Erhöhung der Mittelgebühr auf 8/10

AG Hof, U. v. 28. Januar 2003 – 13 C 1450/02Die Festsetzung einer 8/10-Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist auch im Durchschnittsfall nicht als ermessenfehlerhaft anzusehen, da die geringfügige Überschreitung der Mittelgebühr von 7,5/10 nicht unbillig ist und ein Ermessensfehlergebrauch nicht vorliegt. Daher muss der KH-Versicherer des Unfallschädigers dem Geschädigten auch im Durchschnittsfall eine 8/10-Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ersetzen.

(Fundstelle: AGS 2003, 24)

Anmerkung

Zur Angemessenheit einer 8/10-Gebühr siehe bereits:
- OLG Schleswig, AGS 2003, 25,
- AG Diez, AGS 2003, 74,
- AG Frankfurt, AGS 2003, 223

Es ist im Hinblick auf die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Rechtsanwälte mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GGnicht mehr vereinbar, ....

BVerfG, U. v. 28. Januar 2003 – 1 BvR 487/02 Es ist im Hinblick auf die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Rechtsanwälte mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr vereinbar, dass die gesetzlichen Gebühren von Rechtsanwälten, die Ihre Kanzlei in den neuen Ländern eingerichtet haben, um zehn von hundert ermäßigt werden (Anl. I Kap. III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 a S. 1 des Einigungsvertrags i. V. m. § 1 der Ermäßigungssatz -Anpassungsverordnung)

p> Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht mehr vereinbar, dass die gesetzlichen Gebühren von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei in den neuen Ländern eingerichtet haben, um zehn Prozent ermäßigt werden. Die zugrunde liegende Regelung kann bis zum In-Kraft-Treten einer verfassungsgemäßen Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2003, weiter angewendet werden. Dies entschied mit heute verkündetem Urteil der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der Verfassungsbeschwerde (Vb) einer Rechtsanwältin aus Dresden.

In dem vorliegenden Verfahren geht es allein um den Gebührenabschlag, den Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den neuen Bundesländern hinzunehmen haben. Die weitere Gebührenregelung, die auf den Gerichts- oder Behördensitz sowie auf den Wohnsitz oder Sitz des Mandanten abstellt, ist hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens. Wegen der Einzelheiten des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die Pressemitteilung Nr. 92/2002 vom 21. Oktober 2002 verwiesen.In den Gründen der Entscheidung heißt es:

Der allgemeine Gleichheitssatz, der Maßstab für die verfassungsgerichtliche Prüfung,verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieses Grundrecht ist aber verletzt,  wenn Personengruppen durch eine Regelung im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt werden, obwohl die Unterschiede zwischen beiden Gruppen nicht derart und so gewichtig sind, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, wie z. B. der beruflichen Tätigkeit, nachteilig auswirken kann, umso begrenzter ist die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit.

Diesem Maßstab wird die Regelung über den Gebührenabschlag Ost für Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den neuen Bundesländern nicht mehr gerecht. Sie knüpft an den Sitz der Kanzlei des Rechtsanwalts an.

Dadurch werden alle Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei in einem der neuen Länder eingerichtet haben, gegenüber den Rechtsanwälten benachteiligt, deren Kanzlei in Berlin oder in einem der alten Bundesländer liegt, auch wenn sie nicht im Auftrag eines Mandanten aus dem Beitrittsgebiet vor Gerichten oder Behörden in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen tätig werden. Sie können für ihre Berufstätigkeit als Rechtsanwalt nur Gebühren verlangen, die um zehn Prozent niedriger sind als diejenigen, die Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in Berlin und den alten Bundesländern ihren Mandanten in Rechnung stellen dürfen.

Mit dieser Gebührenermäßigung folgte der Gesetzgeber im Jahre 1990 sozialen Erwägungen. Er wollte den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der in der früheren Deutschen Demokratischen Republik ansässigen Rechtsanwälte und Rechtsuchenden Rechnung tragen. Dies war als Rechtfertigungsgrund für die Differenzierung so lange geeignet, wie sich die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Berufstätigkeit der Rechtsanwälte im Beitrittsgebiet und in der alten Bundesrepublik mit der Folge unterschieden, dass Anwälte in den Beitrittsländern ganz überwiegend Mandanten aus diesem Gebiet betreuten und Anwälte aus dem übrigen Bundesgebiet davon weitgehend ausgeschlossen waren. Das war auf dem wichtigsten anwaltlichen Betätigungsfeld, dem Gebiet zivilrechtlicher Streitigkeiten, anfänglich der Fall.

In den alten Bundesländern konnten in Zivilprozessen vor den Land- und den Familiengerichten und vor allen Gerichten des höheren Rechtszugs nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland zunächst weiter nur Rechtsanwälte auftreten, die bei dem Prozessgericht oder - in Familiensachen - bei dem übergeordneten Landgericht zugelassen waren. Hingegen konnte in den fünf neuen Ländern – entsprechend dem vorerst fortgeltenden Recht der Deutschen Demokratischen Republik – jeder Rechtsanwalt vor jedem dort bestehenden Gericht auftreten, war dort also postulationsfähig; eine örtliche Zuordnung zu einem bestimmten Gericht im Sinne einer Lokalisierung gab es nicht. Dieser Rechtszustand blieb im Ergebnis bis zum 31. Dezember 1999 bestehen. Das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 änderte zwar die Vorschriften über den Anwaltsprozess. Danach können sich die Parteien vor den Land- und den Familiengerichten durch einen bei irgendeinem Amts- oder Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Diese Regelung, durch welche die Verknüpfung von Postulationsfähigkeit und berufsrechtlicher Lokalisierung für Zivilprozesse vor den Land- und den Familiengerichten aufgegeben wurde, ist aber erst zum 1. Januar 2000 bundesweit in Kraft gesetzt worden.Seither können Rechtsanwälte in Rechtsstreitigkeiten vor den Land- und den Familiengerichten im Osten wie im Westen des Bundesgebiets beruflich tätig werden. Das ursprüngliche Nebeneinander zweier räumlich getrennter Bereiche, in denen Rechtsanwälte aus den alten Bundesländern nicht in den neuen Bundesländern und umgekehrt beruflich auftreten konnten, gibt es also nicht mehr. Damit ist zugleich die anfängliche Rechtfertigung für die angegriffene Gebührenermäßigungsregelung entfallen.

Die Gebührenregelung über den Gebührenabschlag Ost für Rechtsanwälte mit Sitz in den neuen Bundesländern ist nach der Entscheidung zwar verfassungswidrig, aber nicht nichtig. Für den Erlass der notwendig gewordenen Neuregelung steht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2003 zur Verfügung. In dieser Übergangszeit ist die bisherige Gebührenregelung noch anwendbar. Deshalb kann die von der beschwerdeführenden Rechtsanwältin weiter angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts, die auf der angegriffenen Gebührenregelung beruht, verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Die Vb wurde daher insoweit zurückgewiesen.

(Fundstelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 6/2003 v. 28. Januar 2003)

Legt der zuvor für die Gegenseite tätige Rechtsanwalt auf Grund einer ihm erteilten Prozessvollmacht Berufung ein, so ist zwar der dieser Vollmacht zu Grunde liegende Anwaltsvertrag nichtig. Die Vollmacht bleibt davon aber unberührt, und die Berufung ist wirksam eingelegt.

Ein Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, habe zwar, so das Gericht im Anschluss an die allgemein herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, gem. § 134 BGB die Nichtigkeit des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages zur Folge. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass auch die auf Grund des nichtigen zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses vorgenommenen Prozesshandlungen unwirksam seien. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn auch von einer Nichtigkeit der Prozessvollmacht auszugehen wäre. Ein Verstoß gegen Tätigkeitsverbote des Rechtsanwalts führe jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Prozessvollmacht und damit zur Unwirksamkeit der vorgenommenen Prozesshandlungen. Die Prozessvollmacht sei unabhängig vom zu Grunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Mögliche Fehler des Grundgeschäfts würden auf die Prozessvollmacht daher nicht durchschlagen. Diese sei vielmehr nur dann unwirksam, wenn dies aus den Regeln der ZPO folge. Dies deshalb, weil das Interesse der Rechtsordnungen an der Rechtsbeständigkeit von Prozesshandlungen vorrangig zu bewerten sei.

(Fundstelle: MDR 2003, S. 1024)

Legt der zuvor für die Gegenseite tätige Rechtsanwalt auf Grund einer ihm erteilten Prozessvollmacht Berufung ein, so ist zwar der dieser Vollmacht zu Grunde liegende Anwaltsvertrag nichtig. Die Vollmacht bleibt davon aber unberührt, und die Berufung ist wirksam eingelegt. Ein Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, habe zwar, so das Gericht im Anschluss an die allgemein herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, gem. § 134 BGB die Nichtigkeit des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages zur Folge. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass auch die auf Grund des nichtigen zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses vorgenommenen Prozesshandlungen unwirksam seien. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn auch von einer Nichtigkeit der Prozessvollmacht auszugehen wäre. Ein Verstoß gegen Tätigkeitsverbote des Rechtsanwalts führe jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Prozessvollmacht und damit zur Unwirksamkeit der vorgenommenen Prozesshandlungen. Die Prozessvollmacht sei unabhängig vom zu Grunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Mögliche Fehler des Grundgeschäfts würden auf die Prozessvollmacht daher nicht durchschlagen. Diese sei vielmehr nur dann unwirksam, wenn dies aus den Regeln der ZPO folge. Dies deshalb, weil das Interesse der Rechtsordnungen an der Rechtsbeständigkeit von Prozesshandlungen vorrangig zu bewerten sei. (Fundstelle: MDR 2003, S. 1024)

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