RVG § 11 Abs. 5

Vergütungsfestsetzung bei Rüge fehlenden Auftrags

OLG Koblenz, Beschl. v. 09.08.2004 – 14 W 511/04

Fundstelle: Anwaltsgebühren Spezial 2004, 443 Rügt der Mandant, er habe dem Rechtsanwalt keinen Auftrag erteilt, hindert das die Festsetzung der Vergütung im Verfahren nach § 11 RVG. Dir Rüge ist jedoch unbeachtlich, wenn sich aus anderen aktenkundigen Schreiben des Mandanten zweifelsfrei ergibt, dass er den Anwalt bevollmächtigt hat.

1. Die Werbung mit einer Erstberatungsgebühr im Arbeitsrecht von 10,00 bis 50,00 € ist unlauter gem. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie eine unzulässige Gebührenunterschreitung beinhaltet. 2. Ein Arbeitnehmer ist nicht Verbraucher im Sinne der §§ 2, 13 i.V.m. Nr. 2102 VV RVG. § 49 b Abs. 1 BRAO untersage, so das OLG Hamm, geringere Gebühren zu vereinbaren oder zu fordern, als nach der Gebührenordnung vorgesehen ist. Die gelte sowohl für den Anwendungsbereich der BRAGO als auch für den des RVG. Nach § 3 Abs. 5 BRAGO habe der Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten Pauschalgebühren vereinbaren können, die niedriger sein durften als die gesetzlichen Gebühren. Diese Möglichkeit sei aber nicht schrankenlos ausgestaltet und gewährt worden. Gem. § 3 Abs. 5 S. 3 2. Alt. BRAGO habe eine solche Pauschalvergütung vielmehr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen müssen. Dieses angemessene Verhältnis lasse sich bei einem Gebührenrahmen von nur 10,00 € bis 50,00 € nicht mehr verwirklichen. Selbst bei einer Erstberatung sei es nicht belie-big möglich, die Kappungsgrenze zu unterschreiten. Mit der beworbenen Höchstgebühr von 50,00 € werde die Kappungsgrenze so extrem herabgesetzt, dass nicht mehr angemessen auf den Schwierigkeitsgrad der Sache abgestellt werden könne. Damit werde die Wertung des Gesetzgebers in § 20 Abs. 1 S. 2 BRAGO unterlaufen. Die Kappungsgrenze von 180,00 € solle nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 S. 3 BRAGO ihrerseits noch einmal unterschritten werden können, also gerade nicht pauschal, sondern nur unter Berücksichtigung der Leistung, der Verantwortung und des Haftungsrisikos des Rechtsanwalts. Diese Angemessenheitsprüfung habe sich die Antragsgegnerin aber von vornherein abgeschnitten, in dem sie, ohne typisierende Fallgruppen zu bilden, die Kappungsgrenze pauschal auf 50,00 € herabsetze. Auch mit dem neuen Gebührenrecht des RVG sei die beanstandete Werbung nicht zu vereinbaren. Hinsichtlich der Möglichkeit von Pauschalvereinbarungen habe sich die Rechtslage nicht geändert. Nach § 4 Abs. 2 RVG müsse wie bei § 3 Abs. 5 BRAGO bei herabgesetzten Gebühren weiterhin die Angemessenheit der Herabsetzung berücksichtigt werden. Nach Nr. 2102 VV RVG gebe es den Begriff der Erstberatung allerdings nur noch bei Tätigkeiten für einen Verbraucher. Wer als Verbraucher anzusehen sei, sei in § 13 BGB definiert. Danach sei der Arbeitnehmer, um den es in der beanstandeten Werbung gehe, gerade nicht als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Demnach sei vorliegend grundsätzlich von der gesetzlichen Beratungsgebühr von 0,1 bis 1,0 gem. Nr. 2100 VV RVG auszugehen, so dass der pauschale niedrige Gebührenrahmen mit der extrem niedrigen Kappungsgrenze erst recht dem RVG widerspreche. Darüber hinaus sei die beanstandete Werbung auch schon deshalb gesetzwidrig, weil es bei der arbeitsrechtlichen Beratung den privilegierten Gebührentatbestand der Erstberatung nicht mehr gebe.

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO, §§ 49 b Abs. 1 S. 1; RVG § 4 Abs. 2; BRAGO § 3 Abs. 5

Werbung mit gebührenunterschreitender Erstberatungsgebühr im Arbeitsrecht

OLG Hamm, U. v. 03.08.2004 – 4 U 94/041. Die Werbung mit einer Erstberatungsgebühr im Arbeitsrecht von 10,00 bis 50,00 € ist unlauter gem. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie eine unzulässige Gebührenunterschreitung beinhaltet.

2. Ein Arbeitnehmer ist nicht Verbraucher im Sinne der §§ 2, 13 i.V.m. Nr. 2102 VV RVG.

§ 49 b Abs. 1 BRAO untersage, so das OLG Hamm, geringere Gebühren zu vereinbaren oder zu fordern, als nach der Gebührenordnung vorgesehen ist. Die gelte sowohl für den Anwendungsbereich der BRAGO als auch für den des RVG.
Nach § 3 Abs. 5 BRAGO habe der Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten Pauschalgebühren vereinbaren können, die niedriger sein durften als die gesetzlichen Gebühren. Diese Möglichkeit sei aber nicht schrankenlos ausgestaltet und gewährt worden. Gem. § 3 Abs. 5 S. 3 2. Alt. BRAGO habe eine solche Pauschalvergütung vielmehr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen müssen. Dieses angemessene Verhältnis lasse sich bei einem Gebührenrahmen von nur 10,00 € bis 50,00 € nicht mehr verwirklichen. Selbst bei einer Erstberatung sei es nicht belie-big möglich, die Kappungsgrenze zu unterschreiten. Mit der beworbenen Höchstgebühr von 50,00 € werde die Kappungsgrenze so extrem herabgesetzt, dass nicht mehr angemessen auf den Schwierigkeitsgrad der Sache abgestellt werden könne. Damit werde die Wertung des Gesetzgebers in § 20 Abs. 1 S. 2 BRAGO unterlaufen. Die Kappungsgrenze von 180,00 € solle nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 S. 3 BRAGO ihrerseits noch einmal unterschritten werden können, also gerade nicht pauschal, sondern nur unter Berücksichtigung der Leistung, der Verantwortung und des Haftungsrisikos des Rechtsanwalts. Diese Angemessenheitsprüfung habe sich die Antragsgegnerin aber von vornherein abgeschnitten, in dem sie, ohne typisierende Fallgruppen zu bilden, die Kappungsgrenze pauschal auf 50,00 € herabsetze.
Auch mit dem neuen Gebührenrecht des RVG sei die beanstandete Werbung nicht zu vereinbaren. Hinsichtlich der Möglichkeit von Pauschalvereinbarungen habe sich die Rechtslage nicht geändert. Nach § 4 Abs. 2 RVG müsse wie bei § 3 Abs. 5 BRAGO bei herabgesetzten Gebühren weiterhin die Angemessenheit der Herabsetzung berücksichtigt werden. Nach Nr. 2102 VV RVG gebe es den Begriff der Erstberatung allerdings nur noch bei Tätigkeiten für einen Verbraucher. Wer als Verbraucher anzusehen sei, sei in § 13 BGB definiert. Danach sei der Arbeitnehmer, um den es in der beanstandeten Werbung gehe, gerade nicht als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Demnach sei vorliegend grundsätzlich von der gesetzlichen Beratungsgebühr von 0,1 bis 1,0 gem. Nr. 2100 VV RVG auszugehen, so dass der pauschale niedrige Gebührenrahmen mit der extrem niedrigen Kappungsgrenze erst recht dem RVG widerspreche.
Darüber hinaus sei die beanstandete Werbung auch schon deshalb gesetzwidrig, weil es bei der arbeitsrechtlichen Beratung den privilegierten Gebührentatbestand der Erstberatung nicht mehr gebe.

Werbung eines Rechtsanwalts mit der Bezeichnung „Spezialist für Verkehrsrecht“ im Briefkopf

BVerfG, B. v. 28. Juli 2004 – 1 BvR 159/04 Auszug aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 79/2004 vom 12. August 2004:
(Die Entscheidung ist im Volltext im Internet unter www.bundesverfassungsgericht.de abrufbar)

Ein Rechtsanwalt, der auf seinem Briefkopf die Bezeichnung als „Spezialist für Verkehrsrecht“ führte, hatte mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen das berufsrechtliche Verbot dieser Selbstbezeichnung vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat den angegriffenen Beschluss des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs aufgehoben. Dieser Beschluss und der Bescheid der Rechtsanwaltskammer verletzen den Bf in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Sache wurde an den Anwaltsgerichtshof zurückverwiesen.
(...)
Nach den werberechtlichen Vorschriften der Berufsordnung für Rechtsanwälte sind dem Anwalt alle Informationen über seine Dienstleistungen und seine Person erlaubt, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind. Jedoch darf er nur in Praxisbroschüren, Rundschreiben und anderen vergleichbaren Informationsmitteln zur Bewerbung von Teilbereichen der Berufstätigkeit auch über anderes als über Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte sowie Fachanwaltsbezeichnungen informieren. Diese die Informationsmöglichkeiten einschränkenden Regelungen sind nach ihrem Wortlaut zu restriktiv gefasst. Weder sind sie zur Erreichung der hiermit verfolgten Gemeinwohlzwecke erforderlich, noch sind sie verhältnismäßig.
Die werberechtlichen Vorschriften sollen die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege sichern. Verboten werden können Werbemethoden, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich am Gewinn orientierten Verhaltens sind, sowie insbesondere diejenige Werbung, die den Rechtsuchenden in die Irre führen kann. Sofern jedoch zutreffende Angaben über die spezielle Qualifikation des Anwalts in sachlicher Form erfolgen und die Angaben nicht irreführend sind, lässt sich ein Verbot der Selbstdarstellung nicht von Verfassungs wegen rechtfertigen.

Auch ein zur Selbstdarstellung gewähltes Medium kann für sich betrachtet nicht die Unzulässigkeit der Werbung begründen.
Die die Informationsmöglichkeiten einschränkenden Vorschriften der Berufsordnung der Rechtsanwälte sind nur bei entsprechender Auslegung verfassungskonform. Auch bei der Wahl anderer als der in den Vorschriften der Berufsordnung genannten Medien wie etwa Praxisbroschüren und Rundschreiben ist lediglich eine berufswidrige Werbung unzulässig.

Im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung ist das Informationsinteresse der rechtsuchenden Bevölkerung mit den Belangen der Rechtspflege in Ausgleich zu bringen. Vorliegend ist zweifelhaft, ob die in der Berufsordnung zur Verfügung gestellten Merkmale und Begriffe diesem Informationsinteresse auf Seiten der Nachfrager und der Leistungserbringer gerecht werden. Denn die abgestufte Information über Interessenschwerpunkt, Tätigkeitsschwerpunkt und Fachanwalt ist überhaupt nur dort aussagekräftig, wo es eine Fachanwaltschaft gibt. Fachanwälte sind aber nicht notwendig Spezialisten. Angesichts der Weite der Tätigkeitsfelder, für die Fachanwaltschaften eingerichtet sind, und der Fülle der Schwerpunkte, die nebeneinander geführt werden dürfen, wird insoweit keine Spezialisierung vorausgesetzt. Mit der Außendarstellung als Spezialist wehrt ein Anwalt zugleich die Inanspruchnahme in sonstigen Materien weitgehend ab. Die damit verbundene dauerhafte Einengung der Berufstätigkeit kann mit den Begriffen des Schwerpunkts oder der Fachanwaltsbezeichnung nicht ausgedrückt werden.

Diesen Grundsätzen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Grenze zwischen verbotenen und erlaubten Handlungsformen haben im Einzelfall die Fachgerichte unter Abwägung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit mit den Zwecken des Werbeverbots zu ziehen. Hier ist nicht ersichtlich, dass Rechtsuchende dadurch in die Irre geführt werden könnten, dass der Bf sich auch auf seinem Briefkopf und nicht nur in Faltblättern, im Internet oder in Kanzleibroschüren als Verkehrsrechtsspezialisten bezeichnet. Eine Verwechslung mit einer Fachanwaltsbezeichnung ist nicht möglich, da es einen Fachanwalt für Verkehrsrecht nicht gibt.

Eine Irreführungsgefahr bestünde, wenn der Bf tatsächlich im allgemeinen Wortsinn kein Spezialist wäre. Dies wird hier jedoch nicht geltend gemacht. Dem kundigen Rechtsuchenden ist auch zuzutrauen, dass er die im Gesetz gewählten Begriffe – Schwerpunkt oder Fachanwalt – nicht mit anderen, wie etwa dem Spezialistenbegriff, gleichsetzt. Das ist hier aber nicht entscheidend. Bestünde tatsächlich Verwechslungsgefahr, käme es nicht mehr auf das Medium an, in dem der irreführende Ausdruck verwandt wird.

Dem Bf wurde zwar zugestanden, den Begriff des Spezialisten in Praxisbroschüren, Rundschreiben und anderen vergleichbaren Informationsmitteln wie etwa dem Internet zu nutzen. Das Gewicht der verbleibenden Werbebeschränkung bleibt dennoch gemessen am Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit ungerechtfertigt. Vorliegend fehlt es schon an konkret benennbaren Gemeinwohlbelangen, die die grundsätzlich bestehende Informationsfreiheit von Anbieter und Nachfrager zulässigerweise einzuschränken vermögen.

UWG §§ 8, 3, 4 Nr. 11; BORA § 12

Verstoß gegen § 12 BORA kein Wettbewerbsverstoß

OLG Nürnberg, Urt. v. 27.07.2004 – 3 U 2102/04 Die § 12 BORA missachtende unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem anwaltlich vertretenen Gegner löst keinen Unterlassungsanspruch gem. §§ 8, 3, 4 UWG aus, da § 12 BORA keine wettbewerbsbezogenen Zwecke verfolgt (ebenso OLG Köln; NJW-RR 2003; 194 zu § 1 UwG a. F.).

§ 12 BORA verbiete, so dass Gericht, jeden unmittelbaren Kontakt mit der Gegenseite. Hierbei komme es nicht darauf an, von wem die Initiative ausgeht und ob der Kontakt von dem Mandanten selbst gewünscht wird. So lange der andere Anwalt mandatiert ist, verstoße der von der Gegenpartei angesprochene Rechtsanwalt gegen das Umgehungsverbot, wenn er sich auf das Gespräch einlässt.

Ein Verstoß gegen § 12 BORA begründe jedoch keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, da der Vorschrift der erforderliche wettbewerbsbezogene Charakter fehle.

Zwar sei § 12 BORA eine wertbezogene Norm, denn sie schütze das wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Sie sei aber als wettbewerbsrechtlich neutrale Norm anzusehen, da sie keinen Schutz vor anwaltlicher Konkurrenz biete. Daher entfalle die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG, dessen Aufgabe es sei, das Marktverhalten zu regeln.

Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, da der Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 12 BORA keinen unmittelbaren Eingriff in die Berufsausübung begründe, sondern einen allenfalls zu einer mittelbaren Beeinträchtigung führen könne.

FAO, § 6 Abs. 3

1. Eine Fallliste, die sich auf die Angabe von Schlagworten und Stichpunkten beschränkt, ohne einen Gesamtüberblick über die Funktion und die Tätigkeit in der Sache zu geben, genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 3 FAO.2)

2. Auch bei einem Kanzleiwechsel trifft den Fachanwaltsbewerber die umfassende Darlegungslast hinsichtlich der besonderen praktischen Erfahrungen. Ggfs. müssen die notwendigen Informationen auf gerichtlichem Weg vom Arbeitgeber beschafft werden.

AGH Baden-Württemberg, B. v. 15.07.2004 – AGH 45/2002 (I) Gem. § 6 Abs. 3 FAO sind Falllisten vorzulegen, die regelmäßig folgende Angaben enthalten müssen: Aktenzeichen, Gegenstand, Zeitraum, Art und Umfang der Tätigkeit, Stand des Verfahrens. Im entschiedenen Fall hatte die Fachanwaltsbewerberin zwar Falllisten vorgelegt, konkrete Angaben zu Art und Umfang der jeweils erbrachten Tätigkeit fehlten jedoch. In den Rubriken „Sachverhalt“ der ursprünglichen Fallliste und „Tätigkeit“ in der Ergänzung der Fallliste beschränkte sich die Antragstellerin auf Schlagworte und Stichpunkte, ohne einen Gesamtüberblick über ihre Funktion und Tätigkeit in der Sache zu geben.

Anhand dieser Liste war die Rechtsanwaltskammer nach Auffassung des Gerichts nicht in der Lage, sich über Art und Umfang der Tätigkeit im Fachgebiet einen ausreichenden Überblick zu verschaffen. Ebenso wenig war ein möglicher Zusammenhang von Fällen zur Vornahme einer Gewichtung überprüfbar. Schließlich war die Kammer aufgrund der erfolgten Darlegungen auch nicht in der Lage, Feststellungen darüber zu treffen, ob ausreichende Fälle mit kollektivrechtlichem Bezug (§ 10 Ziff. 2 FAO) bearbeitet wurden.

Die Antragstellerin hatte die unzureichende Fallliste damit erklärt, dass sie nach einem Kanzleiwechsel nicht mehr über die notwendigen Informationen verfüge und ihr ehemaliger Arbeitgeber ihr diese Informationen vorenthalte. Von einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung oder einer Einschaltung der Rechtsanwaltskammer hatte die Antragstellerin abgesehen.

Der AGH Baden-Württemberg lässt offen, ob überhaupt Fälle denkbar sind, bei denen ein Antragsteller den Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen unter erleichterten Bedingungen führen kann, weil ihm der Zugriff auf die notwendigen Informationen unmöglich ist. Nach Ansicht des Gerichts werden sich diese Probleme in der Praxis dann nicht stellen, wenn der Fachanwaltsbewerber seine praktischen Arbeiten im Hinblick auf eine spätere Auflistung zeitnah selbst dokumentiert und sammelt. Im konkreten Fall hat die Antragstellerin nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um der ihr obliegenden Informationspflicht nachzukommen. Nach Auffassung des Gerichts wäre es der Antragstellerin durchaus zumutbar gewesen, sich ggfs. über den Weg einer Klage Einsicht in das von ihr früher bearbeitete Aktenmaterial zu verschaffen. Auch wäre es möglich gewesen, dass die Antragstellerin die Rechtsanwaltskammer einschaltet, zumal dann die Möglichkeit bestanden hätte, dass die Rechtsanwaltskammer von Beginn an in die besonderen Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung eingebunden wäre.

Im Ergebnis hat die Antragstellerin der ihr obliegenden Darlegungslast nicht genügt.

Hinweis:
Die Entscheidung ist durchaus von praktischer Relevanz. Es kommt immer wieder vor, dass Fachanwaltsbewerber nach einem Kanzleiwechsel Schwierigkeiten haben, die notwendigen Informationen zu beschaffen. Wird der Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung in Erwägung gezogen, empfiehlt es sich dringend, bereits frühzeitig die bearbeiten Fälle in einer der Vorschrift des § 6 Abs. 3 FAO genügenden Weise zu dokumentieren.

1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten.

2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann.

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)
Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten. 2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann. BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve) Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

BGB §§ 611, 675

Vergütungsanspruch aus Anwaltsdienstvertrag bei Pflichtverletzung

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten.

2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann.

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)
Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist ein Verteidigerhonorar i. H. v. 70.000 DM nicht ohne weiteres sittenwidrig, wenn das Ermittlungsverfahren wegen Betrugs einen Aktenumfang von über 100 Leitz-Ordner hat. (Leitsatz des Einsenders der MDR-Redaktion) Das OLG München hatte über eine etwaige Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung für ein Strafverfahren zu entscheiden, bei dem unstreitig über 100 Leitz-Ordner Verfahrensakten angefallen sind. Vorgeworfen wurde dem Ehemann der Klägerin Anlagespekulation. Aus diesen Umständen ergebe sich, so das Gericht, dass die Verteidigung aufwendig und sehr zeitintensiv gewesen sei. Dies rechtfertige ohne weiteres ein hohes Verteidigerhonorar. Nach Meinung des Senats halte sich das an den Beklagten bezahlte Verteidigerhonorar im Rahmen und sei nicht zu beanstanden. Dass ein anderer Verteidiger die Verteidigung auch für ein geringeres Honorar übernommen hätte, spiele dabei keine Rolle und müsse unberücksichtigt bleiben, da insoweit Vertragsfreiheit gelte. Auch der Umstand, dass der Beklagte nach Auffassung der Klägerin nicht ausreichend tätig geworden sei, sei in diesem Rahmen nicht zu prüfen. Diesbezüglich hätte die Klägerin Schlechtleistung geltend machen und dies konkret und substantiiert vortragen müssen. Dies sei nicht geschehen.

BGB §§ 138, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
Sittenwidrigkeit eines Verteidigerhonorars

OLG München, Urt. v. 15.07.2004 – 6 U 3864/03 (LG München I – 23 0 15240/02)

Fundstelle: MDR 2005, 238 Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist ein Verteidigerhonorar i. H. v. 70.000 DM nicht ohne weiteres sittenwidrig, wenn das Ermittlungsverfahren wegen Betrugs einen Aktenumfang von über 100 Leitz-Ordner hat. (Leitsatz des Einsenders der MDR-Redaktion)

Das OLG München hatte über eine etwaige Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung für ein Strafverfahren zu entscheiden, bei dem unstreitig über 100 Leitz-Ordner Verfahrensakten angefallen sind. Vorgeworfen wurde dem Ehemann der Klägerin Anlagespekulation.
Aus diesen Umständen ergebe sich, so das Gericht, dass die Verteidigung aufwendig und sehr zeitintensiv gewesen sei. Dies rechtfertige ohne weiteres ein hohes Verteidigerhonorar. Nach Meinung des Senats halte sich das an den Beklagten bezahlte Verteidigerhonorar im Rahmen und sei nicht zu beanstanden. Dass ein anderer Verteidiger die Verteidigung auch für ein geringeres Honorar übernommen hätte, spiele dabei keine Rolle und müsse unberücksichtigt bleiben, da insoweit Vertragsfreiheit gelte. Auch der Umstand, dass der Beklagte nach Auffassung der Klägerin nicht ausreichend tätig geworden sei, sei in diesem Rahmen nicht zu prüfen. Diesbezüglich hätte die Klägerin Schlechtleistung geltend machen und dies konkret und substantiiert vortragen müssen. Dies sei nicht geschehen.

GG Art. 12; BRAO § 43 b; BORA § 6 III

1. § 6 III BORA, der Rechtsanwälten die Werbung mit Umsatzzahlen untersagt, ver-stößt gegen Art. 12 GG und ist damit verfassungswidrig.

2. Rechtsanwälten kann es nicht untersagt werden, mit wahren Umsatzzahlen und damit zusammenhängenden Bewertungen - zum Beispiel in einer Medieninformation - zu werben.

3. Die Aussagen, die Kanzlei „behauptet sich als führende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei deutschen Ursprungs“ und sei „damit Partner Nr. 1 im internationalen Mittelstand“, verstoßen gegen das Gebot der sachlichen Information gem. § 43 b BRAO.1)

OLG Nürnberg, U. v. 22.06.2004 - 3 U 334/04 (nicht rechtskräftig) (Fundstelle: NJW 2004, 2167 ff.)

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