Das Bundeskabinett hat am 19.12.2012 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten beschlossen.

Unter anderem ist in Art. 7 des geplanten Gesetzes eine Ergänzung der Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehen, mit der das so genannte besondere elektronische Anwaltspostfach auf der Grundlage eines sicheren Verzeichnisdienstes bei der Bundesrechtsanwaltskammer eingeführt wird (§ 31a BRAO-E). Die Bundesrechtsanwaltskammer hat dabei sicherzustellen, dass der Zugang zu dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nur durch ein sicheres Verfahren mit zwei voneinander unabhängigen Sicherungsmitteln möglich ist.

BRAO § 43 c Abs. 4 S. 2; FAO §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, 25

Kein Fachanwaltstitel ohne jährliche Fortbildung

BGH, Urt. v. 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 56/11 Fundstelle: NJW 2013, S. 175 f.

  1. Die Entscheidung gem. § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO, die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung zu widerrufen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Rechtsanwaltskammer.
  2. Die Rechtsanwaltskammer ist im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens berechtigt, auf den Widerruf der Erlaubnis (zunächst) zu verzichten, wenn der Rechtsanwalt die versäumte Fortbildung im folgenden Kalenderjahr nachholt.
  3. Der Widerruf der Erlaubnis zum Führen eines Fachanwaltstitels ist jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Rechtsanwalt mehrfach Fristen zur Nachholung der Fortbildung ungenutzt hat verstreichen lassen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO §§ 31 Abs. 1, Abs. 2

Pflicht zum Eintrag der Kanzleianschrift in das Anwaltsverzeichnis

BGH, Beschl. v. 02.11.2012 – AnwZ (Brfg) 50/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 31

Einer Rechtsanwaltskammer steht hinsichtlich der Frage, ob bzw. in welcher Form die Kanzleianschrift eines Anwalts im bundesweiten elektronischen Verzeichnis zu veröffentlichen ist, kein Ermessen zu.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 51 Abs. 6 S. 2; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 3

Auskunftspflicht der Anwaltskammer über Berufshaftpflichtversicherung

BGH, Urt. v. 22.10.2012 – AnwZ (Brfg) 60/11 (AnwGH Baden-Württemberg) Fundstelle: NJW 2013, S. 234 ff.

Die Auskunftspflicht der Rechtsanwaltskammer gegenüber einem eventuell geschädigten Mandanten gem. § 51 Abs. 6 S. 2 Halbs. 1 BRAO hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung eines Mitglieds beschränkt sich nicht auf die Fälle von dessen Insolvenz oder Unerreichbarkeit.

Leitsatz des Redaktion der NJW

RVG §§ 44 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 2, 16 Nr. 4

Umfang der Angelegenheit in Familiensachen

OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.10.2012 – 8 W 379/11 Fundstelle: AGS 2012, S. 589 ff.

Wird ein Beratungshilfeschein für die Angelegenheiten „Trennung, Scheidung und Folgesachen“ erteilt, sind bei einer anschließenden umfassenden Beratung durch einen Rechtsanwalt die vier Komplexe

- Scheidung als solche,

- das persönliche Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),

- Fragen im Zusammenhang mit Ehewohnung und Hausrat,

- finanzielle Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterecht,

  Vermögensauseinandersetzung),

jeweils als gesonderte gebührenrechtliche Angelegenheiten zu behandeln, sodass die Beratungsgebühr für insgesamt bis zu vier Angelegenheiten geltend gemacht werden kann.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG §§ 15, 16 Nr. 4; VV RVG Nrn. 2500 ff.

Umfang der Beratungshilfe in Familiensachen

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.10.2012 – I-3 Wx 189/12 Fundstelle: AGS 2012, S. 591 f.

Ein Berechtigungsschein betreffend anwaltliche Beratungshilfe für „Trennung und alle daraus resultierenden Angelegenheiten“ beschränkt den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nicht auf eine Angelegenheit, sondern kann Gebührenansprüche für verschiedene Angelegenheiten (hier: Beratungshilfe für Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, Versorgungsausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Scheidung, Besuchsrecht bei den Kindern, elterliche Sorge und Hausrat) begründen.

Die elektronische Kommunikation von Anwälten und Anwältinnen mit Mandanten mittels E-Mail gehört zum Alltag. Dennoch erreichen die Anwaltskammern immer wieder Anfragen von Kollegen, die ein Unbehagen im Hinblick auf die Zulässigkeit solcher elektronischer Kommunikation zum Ausdruck bringen.

Deshalb soll in diesem Beitrag das Thema der elektronischen Kommunikation, insbesondere per Email, zum einen retrospektiv betrachtet werden, zum anderen ein Ausblick auf Entwicklungen dargestellt werden, die sich außerhalb der Anwaltschaft bereits etabliert haben und in Zukunft Einzug auch in die Kanzleien halten könnten.

BGB §§ 242, 280; RVG §§ 10, 34

Aufklärung über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung

LG Duisburg, Urt. v. 12.10.2012 – 7 S 51/12 Fundstelle: AGS 2012, S. 5 f.

  1. Ein Rechtsanwalt ist nach Treu und Glauben verpflichtet, den Mandanten ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung aufzuklären, wenn diese das vom Mandanten verfolgte Ziel (hier: Erlass bzw. Ermäßigung einer Schadensersatzforderung aufgrund einer urheberrechtlichen Abmahnung) wirtschaftlich sinnlos erscheinen lässt, weil die Kosten der anwaltlichen Vertretung (hier: 2.562,90 EUR) in einem krassen Missverhältnis zu dem erreichbaren wirtschaftlichen Vorteil (hier: bestenfalls 750,00 EUR) stehen (Anschluss BGH NJW 2007, 2332 [=AGS 2007, 386]).
  2. Die Mitteilung eines Kostenrahmens (hier: von 226,00 EUR bis 2.600,00 EUR) stellt keine ausreichende Aufklärung dar, wenn bei Beauftragung des Rechtsanwalts die Höhe der Vergütung aufgrund einer Vergütungsvereinbarung bereits feststeht.

Leitsatz der Schrifleitung der AGS

ZPO §§ 117 Abs. 2, 124 Nr. 2

Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bei unrichtigen Angaben

BGH, Beschl. v. 10.10.2012 – IV ZB 16/12 Fundstelle: RVGreport 2013, S. 36 ff.

Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den Falschangaben beruht.

KostO §§ 107, 130, 30, 31, 32; FamFG § 81; RVG § 33

Berechnung des Gegenstandswerts im Erbscheinsverfahren  OLG Bremen, Beschl. v. 09.10.2012 – 5 W 35/11 Fundstelle: AGS 2012, S. 304 ff.

1.   Der Gegenstandswert im Erbscheinverfahren richtet sich nach dem Wert des Nachlasses unter Abzug der Nachlassverbindlichkeiten einschließlich etwaiger (Voraus-) Vermächtnisse. Maßgeblich für die Bestimmung des Gegenstandswerts ist sodann das wirtschaftliche Interesse, das der Antragsteller mit seinem Antrag verfolgt.

2.   Bei widerstreitenden Anträgen mehrerer Beteiligter kann über deren Kostentragungspflicht entsprechend § 81 FamFG entschieden werden.

3.   Für die zu erstattenden Kosten richtet sich der Gegenstandswert für den jeweiligen Beteiligten ebenfalls nach dessen wirtschaftlichem Interesse, bei dem maßgeblich auf den jeweilig geltend gemachten Erbteil abzustellen ist.

4.   Der Gegenstandswert für die gerichtlichen Gebühren und für die Gebühren der anwaltlichen Vertretung eines Beteiligten kann daher unterschiedlich hoch ausfallen. Für letztere ist er auf Antrag gesondert nach § 33 RVG festzusetzen.

Leitsatz de Schriftleitung AGS

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