Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 19.12.2013 der neuen Prozesskostenhilfe- sowie der Beratungshilfeformularverordnung nebst jeweiligen Anlagen nach Maßgabe von einigen wenigen Änderungen zugestimmt. Bei der Beratungshilfeformularverordnung soll in der Verordnung sowie im Formular das Wort "Hilfe" jeweils durch "laufende Leistungen" ersetzt werden. Auch die PKH-Formularverordnung soll noch einige kleinere Änderungen erfahren: es soll als vom Einkommen absetzbarer Betrag noch der Solidaritätszuschlag aufgenommen und das Formular inhaltlich etwas übersichtlicher gestaltet werden.

GKG § 66

Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Unterlagen

OLG München, Beschl. v. 2.3.2012 – 1 W 357/12 Fundstelle: AGS 2013, 339 f.

Der Streitwert für die Herausgabe von Unterlagen, die der Beweisführung dienen, bemisst sich nach dem verfahrensgegenständlichen Interesse des Klägers, insbesondere in welchem Maß die Durchsetzbarkeit des Anspruchs von der Vorlage der Unterlagen abhängig ist. In der Regel wird der Streitwert mit einem Bruchteil des Hauptsacheanspruchs angesetzt, wobei bei Klagen auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen gegen den in Anspruch genommenen oder in Anspruch zu nehmenden Behandler Bruchteile zwischen 1/4 und 1/10 der Hauptsache angesetzt werden.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

BGB §§ 123 Abs. 1, 311 Abs. 2, 675 Abs. 1

Widerrechtliche Drohung mit Mandatsniederlegung

BGH, Urt. v. 7.2.2013 – IX ZR 138/11 Fundstelle: AGS 2013, S. 317 ff.

Veranlasst der Rechtsanwalt den persönlich nicht haftenden Gesellschafter seiner Mandantin erstmals unmittelbar vor einem anberaumten Gerichtstermin mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer Haftungsübernahme, kann hierin eine widerrechtliche Drohung liegen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

BGB §§ 123 Abs. 1, 311 Abs. 2, 675 Abs. 1

Widerrechtliche Drohung mit Mandatsniederlegung

BGH, Urt. v. 7.2.2013 – IX ZR 138/11 Fundstelle: AGS 2013, S. 317 ff.

Veranlasst der Rechtsanwalt den persönlich nicht haftenden Gesellschafter seiner Mandantin erstmals unmittelbar vor einem anberaumten Gerichtstermin mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer Haftungsübernahme, kann hierin eine widerrechtliche Drohung liegen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

FAO § 5 Abs. 1 lit. f

Anrechnung von „Zweitverteidigungen“ für Fachanwaltstitel

BGH, Urt. v. 11.3.2013 – AnwZ (Brfg) 24/12 Fundstelle: NJW 2013, S. 2762

Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mitarbeit an Fällen nur mit Blick auf die erforderliche Mindestfallzahl erbracht wurde, verlangt die Fachanwaltsordnung eine geeignete Glaubhaftmachung der persönlichen und weisungsfreien Bearbeitung.

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

 

RVG §§ 15, 16 Nr. 4, 33, 44, 55

Umfang der Angelegenheit in der Beratungshilfe

OLG Naumburg, Beschl. v. 28.3.2013 – 2 W 25/13 Fundstelle: AGS 2013, S. 353 ff.

  1. Im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung eines Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalts kommt es für die Entscheidung, ob mehrere Tätigkeiten als eine Angelegenheit anzusehen sind, nicht darauf an, ob ein oder mehrere Berechtigungsscheine erteilt worden sind.
  2. Für die Abgrenzung der erforderlichen anwaltlichen Tätigkeiten in einer familienrechtlichen Auseinandersetzung ist zu unterscheiden zwischen Streitgegenständen einer (u. U. vorübergehenden) Trennung und einer (endültigen) Beendigung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft.
  3. Ausgehend von den im Rahmen der Gewährung von Beratungshilfe zu berücksichtigenden Lebenssachverhalten, deren Abgrenzbarkeit untereinander und den jeweils angesprochenen Tätigkeitsfeldern des Anwalts wird es im Regelfall angemessen sein, zwischen folgenden bis zu sechs verschiedenen beratungsrechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe zu unterscheiden:

-     Ehesachen i. S. v. §§ 111 Nr. 1, 121 FamFG,

-     Kindschaftssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 2, 151 FamFG (gegebenenfalls auch §§ 111 Nr. 10 i. V. m. 266 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 FamFG),

-     Ehewohnungs- und Haushaltssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 5, 200 FamFG,

-     Versorgungsausgleichssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 7, 217 FamFG,

-     Unterhaltssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 8, 231 FamFG (d. h. sowohl Kindes- als auch Ehegattenunterhalt) sowie

-     Güterrecht i. S. v. §§ 111 Nr. 9, 261 FamFG und sonstige Vermögensauseinander-setzungen (gegebenenfalls auch §§ 111 Nr. 10 i. V. m. 266 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG).

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

UWG § 5 Abs. 2 Nr. 3

Keine Irreführung mit dem Hinweis „Fachanwälte für“

OLG Hamm, Urt. v. 7.5.2013 – 4 U 192/12 = BeckRS 2013, 14748 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 670

Nur wenn auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Briefkopfes Missverständnisse hinsichtlich der Qualifikation der aufgeführten Anwälte aufkommen können, besteht eine Pflicht zur Zuordnung der jeweiligen Qualifikation.

Leitsatz des Autors NJW Spezial

Anmerkung:
Dem Gericht lag ein anwaltlicher Briefbogen zur Beurteilung vor, in dem in der rechten Randspalte zunächst neun Rechtsanwälte namentlich aufgeführt wurden. Sodann schlossen sich nach einem vergleichsweise großen Absatz nähere Angaben zum Kanzleisitz der Rechtsanwälte unter Angabe von Telefon, Telefax, E-Mail und Homepage an. Nach einem erneuten deutlichen Absatz wurden unter der Voranstellung „Fachanwälte für“ acht Fachanwaltschaften aufgelistet, ohne dass eine Personenzuordnung dieser zu den zuvor genannten Rechtsanwälten erfolgte. Die Aufzählung der Fachanwaltschaften wurde abgeschlossen durch den Hinweis „finden Sie unter www. … .de, der den Verweis auf die Homepage der Anwaltskanzlei darstellte.

Nach Auffassung des OLG wird durch diese Aufzählung der Fachanwaltsqualifikationen nicht der Eindruck hervorgerufen, dass sämtliche der genannten Rechtsanwälte über zumindest eine der aufgeführten Fachanwaltsqualifikationen verfügen oder gar der auf dem Briefbogen unterzeichnende Rechtsanwalt in der jeweiligen Materie des Schreibens über eine Fachanwaltsqualifikation verfüge. Denn die gewählte deutliche absatzweise Darstellung gebe in in sich abgeschlossenen Abschnitten nur Auskunft über die für die Sozietät tätigen Rechtsanwälte und über die Bandbreite der Qualifikation der Sozietät als solche. Es erschließe sich dem Betrachter durch die gewählte Darstellung, dass er die jeweilige Zuordnung der Fachanwaltschaften erst auf der genannten Internetseite finden könne. Er könne bis dahin allenfalls davon ausgehen, dass in der Sozietät jedenfalls Fachanwälte für die aufgeführten Fachgebiete tätig seien. Eine Irreführung liege deshalb nicht vor.

RVG §§ 46 Abs. 1, 47 Abs. 1; BGB § 670

Vorschuss auf private Sachverständigenkosten

OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2013 – I-25 W 94/13 Fundstelle: AGS 2013, S. 348 ff.

Zur Vergütung eines PKH-Anwalts i. S. d. § 47 Abs. 1 RVG zählen auch Auslagen, soweit sie zur sachgemäßen Durchführung seines Auftrags erforderlich sind, z. B. die Kosten für die Einholung eines für die sachgerechte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung seiner Partei erforderlichen Privatgutachtens. Dem beigeordneten Rechtsanwalt ist für derartige Auslagen aus der Staatskasse ein angemessener Vorschuss gem. § 47 Abs. 1 S. 1 RVG zu gewähren.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

BRAO §§ 43, 59 a Abs. 1; PartGG §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 2 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1, 9 Abs. 1, 12 Abs. 1

Interprofessionelle Sozietät von Anwälten mit Ärzten und Apothekern

BGH, Vorlagebeschluss v. 16.5.2013 – II ZB 7/11 Fundstelle: NJW 2013, S. 2674 ff.

 

  1. Werden Ärzte oder Apotheker im Rahmen einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur gutachterlich und beratend tätig, steht dies ihrer Eignung als Partner i. S. von § 1 Abs. 1, Abs. 2 PartGG nicht entgegen.

  2. Die Firmierung einer Partnerschaftsgesellschaft „…, Rechtsanwalt, …, Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers“ erweckt nicht den Eindruck, dass durch diese Gesellschaft auch Heilkunde und Heilfürsorge angeboten würden oder dass durch einen Arzt oder Apotheker Rechtsrat erteilt würde.
  3. § 59 a Abs. 1 BRAO kann nur als abschließende Aufzählung derjenigen Berufe verstanden werden, mit deren Angehörigen ein Rechtsanwalt sich einer Berufsausübungsgesellschaft verbinden darf; eine erweiternde Auslegung kommt nicht in Betracht.

  4. Die gesetzliche Ausgestaltung der Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung von Rechtsanwälten mit Angehörigen anderer Freier Berufe in § 59 a Abs. 1 BRAO ist mit Art. 12 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit sie die berufliche Verbindung von Rechtsanwälten mit Ärzten oder Apothekern nicht zulässt. 

Leitsatz der Redaktion dr NJW

 

§ 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO

Erstattungsfähigkeit gesonderter Anwaltskosten einer amerikanischen Anwaltsgesellschaft und der Anwälte ihrer deutschen Niederlassung im Haftpflichtprozess

BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – IX ZB 152/11 Fundstelle: RVGreport 2013, S. 356 ff.

Wird eine Rechtsanwaltsgesellschaft gemeinsam mit den beruflich zusammengeschlossenen Rechtsanwälten wegen eines anwaltlichen Beratungsfehlers auf Schadensersatz verklagt, kann sie sich im Prozess von einem anderen Anwalt als dem der mitverklagten Rechtsanwälte vertreten lassen und im Falle ihres Obsiegens von ihrem Prozessgegner grundsätzlich die Erstattung der entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen verlangen.

Leitsatz des Gerichts

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