ZPO §§ 114 Abs. 1, 115, 118 Abs. 2
Bezug und Nachweis eines äußerst geringen Gehaltsbetrages aus einer Rente im PKH-Bewilligungsverfahren
BGH, Beschluss vom 27.07.2021 - XI ZA 1/21
Fundstelle: AGS 2022, S. 32 f.

Gibt die Antragstellerin in einem Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren an, dass sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts eine lediglich nur äußerst geringfügige Rente erhält, so hat sie darzulegen und glaubhaft zu machen, wie sie damit ihren Lebensunterhalt finanziert, ggfs. sind darüber hinaus gewährte freiwillige Leistungen Dritter etwa auch mittels eidesstattlicher Versiche­rungen nachzuweisen. Kommt die Antragstellerin ihrer Verpflichtung zur Aufklärung nicht, nur unvollständig oder widersprüchlich nach, ist ihr Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtsmissbräuchlich und daher abzulehnen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

§§ 52 Abs. 1, 66 Abs. 3 bis 6, 68 Abs. 1 GKG; § 166 Abs. 1 VwGO; §§ 120a Abs. 1, 124 ZPO
Beschwerdebefugnis der bedürftigen Partei gegen die Streitwertfestsetzung; Streitwert im Namensänderungsverfahren

Sächs. OVG, Beschl. v. 23.7.2021 - 3 E 36/21
Fundstelle: AGS 2021, S. 566

  1.  Auch die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist zur Einlegung einer Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung befugt. Die Beschwerde ist deshalb zulässig, weil die bewilligte Prozesskostenhilfe wieder aufgehoben oder bis zu vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache zum Nachteil der bedürftigen Partei geändert werden kann.
  2. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Änderung des Familiennamens ist der Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000,00 EUR als Streitwert anzunehmen.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial 

 

UWG §§ 3 I, 5 I 1 u. 2 Nr. 3, § 8 I 1; ZPO § 138 I, II, IV
Unzutreffende Werbung auf Anwaltshomepage - Vorstandsabteilung
BGH, Urteil vom 22.7.2021 - I ZR 123/20
Fundstelle: NJW 2021, S. 3464

  1. Die im Internetauftritt einer Rechtsanwältin enthaltene unzutreffende Behauptung, derzeit Mitglied der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer zu sein, ist eine irreführende geschäftliche Handlung, die auch dann im Sinne des § 5 I 1 UWG geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wenn in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden hat.
  2. Tatsächliche Umstände, die gegen eine geschäftliche Relevanz des als Irreführung beanstandeten Verhaltens im Sinne des § 5 I 1 UWG sprechen, liegen in der Darlegungs- und Beweislast der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Partei.
  3. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die gegen eine Rechtsanwältin wegen der als unzutreffend beanstandeten Behauptung einer derzeitigen Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer Klage erhoben hat, kann den Vortrag der Beklagten, zu einem früheren Zeitpunkt Mitglied dieser Vorstandsabteilung gewesen zu sein, gem. § 138 IV ZPO wirksam mit Nichtwissen bestreiten.

Leitsatz der Redaktion

 

 

§ 66. 69, 112 f I Nr. 2 BRAO
Ungültige Vorstandswahl
AGH Bayern, Urteil vom 22.7.2021 - BayAGH III-4-9/20 = BeckRS 2021, 23255
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 734

Scheidet ein Mitglied des Vorstands einer Rechtsanwaltskammer vorzeitig aus seinem Amt aus, bleibt es. im Fall einer Nachwahl oder bei den nächsten turnusmäßigen Vorstandswahlen ein wählbarer Kandidat.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

§ 2 Abs. 2 S. 2, S. 3 InsVV
Erhöhung der Mindestvergütung im Insolvenzverfahren
BGH, Beschl. v. 22.7.2021 - IX ZB 4/21
Fundstelle: AGS 2021, S. 573

  1. Die Erhöhung der Mindestvergütung wegen einer hohen Zahl an Gläubigern kennt keine Gläubigerobergrenze.
  2. Die Erhöhung findet allerdings nur im Rahmen der Verfahren natürlicher Personen Anwendung.
  3. Bei juristischen Personen kommt statt der Erhöhung lediglich eine Berücksichtigung mittels Zuschlag in Betracht.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial 

 

§ 150 I BRAO
Vorläufiges Berufs- bzw. Vertretungsverbot nur im Ausnahmefall
AGH Bayern, Beschluss vom 21.7.2021 - BayAGH II-3-9/21 = BeckRS 2021, 35038
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 767

Lässt sich nicht anhand konkreter Tatsachen feststellen, dass das Risiko eines Schadens für wichtige Gemeinschaftsgüter höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass es bis zur Rechtskraft der Entscheidung nicht zu weiteren Schäden im Rahmen der Berufsausübung kommt, darf für ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot kein Raum sein.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

ZPO § 91 Abs. 1 ZPO
Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten in einem Rechtsstreit auf Rückabwicklung eines Versicherungsvertrags
OLG Köln, Beschluss vom 21.07.2021 - 17 W 51/20
Fundstelle: AGS 2022, S. 269 f.

  1. Ist der Kläger ohne die Einholung eines Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis zu einem sachgerechten Vortrag oder zur Bezifferung der Klageforderung nicht in der Lage, sind die hierdurch angefallenen Privatgutachtenkosten erstattungsfähig.

  2. Dies gilt in einem Rechtsstreit auf Rückabwicklung eines Versicherungsvertrags auch dann, wenn der klagende Versicherungsnehmer die Möglichkeit gehabt hätte, gegen die Versicherung im Wege einer Stufenklage vorzugehen. Denn auch in einem solchen Fall hätte der Kläger die im Zuge der Auskunft erteilten Angaben der Versicherung unter Hinzuziehung eines Privatgutachters einer Plausibilitätsprüfung unterziehen können.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

§ 8 I und III Nr. 1, 3, 5 I Nr. 3 UWG
Irreführende Bezeichnung eines angestellten Anwalts als Partner
LG Münster, Urteil vom 16.7.2021 - 22 O 12/21 = BeckRS 2021, 34786
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 734

Bezeichnet ein Anwalt einen bei ihm angestellten Anwalt als „Partner", ist diese Bezeichnung zur Irreführung über die Person und Eigenschaften seiner Kanzlei geeignet, da sie den unzutreffenden Eindruck erweckt, der angestellte Berufsträger sei Gesellschafter und mithin Teilinhaber der beworbenen Kanzlei.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

Nr. 5115 VV RVG
Mitwirkung bei zusätzlicher Gebühr

AG Offenbach, Beschl. v. 15.7.2021 - 275 OWi 248/21
Fundstelle: AGS 2021, S. 556

Eine zusätzliche Gebühr bei Einstellung des Verfahrens entsteht nicht, wenn sich die Tätigkeit des Anwalts darauf beschränkt hatte, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen und lediglich eine Einlassung anzukündigen.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

§§ 3, 14, 45 Abs. 1 RVG; § 73 a SGG; §§ 114 Abs. 1 S. 1, 119 ZPO; § 242 BGB
Kein Vergütungsanspruch bei Erhebung einer aussichtslosen Klage gegen erklärtes Interesse des Auftraggebers

LSG Niedersachsen-Bremen; Beschl. v. 14.7.2021 - L 7 AS 26/20 B
Fundstelle: AGS 2021, S. 517

Ein Prozessbevollmächtigter, der eine gegen das ausdrücklich erklärte Interesse seines Auftraggebers gerichtete Klage einreicht, welche zudem von Beginn an aussichtslos war, hat keinen Vergütungsanspruch nach dem RVG gegenüber seinem Auftraggeber und der Staatskasse im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

 

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