RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 u. S. 5

Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren auf einheitliche Verfahrensgebühr

BGH, Beschluss vom 28.02.2017 - I ZB 55/16

Fundstelle: AGS 2017, S. 170 ff.

 

 

1.     Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung in einem einzigen gerichtlichen Verfahren verfolgt, so dass die Verfahrensgebühr nur einmal anfällt, sind alle entstandenen Geschäftsgebühren in der tatsächlichen Höhe anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

 

2.     Dass dem Anwalt dadurch weniger als eine 0,55-Verfahrensgebühr verbleibt oder diese ganz untergeht, ist hinzunehmen.

 

3.     Die Anrechnung ist allerdings auf die Höhe der Verfahrensgebühr beschränkt, auf die angerechnet wird.

 

Leitsätze des Schriftleitung der AGS

 

RVG VV Abs. 1 Nr. 2 der Anm. zu Nr. 3105 VV RVG; ZPO §31 Abs. 3 ZPO

Terminsgebühr auch ohne Antrag auf Versäumnisurteil

BGH, Beschluss vom 24.1.2017 - VI ZB 21/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 140 ff.

 

 

Die Gebühr nach Nr. 3105 Anm. Abs. 1 Nr. 2 W RVG entsteht auch dann, wenn die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO ohne einen entsprechenden (Prozess-)Antrag des Klägers ergeht.

 

 

Leitsatz des Gerichts

 

ZPO §§3, 5, 9; GKG § 39

Streitwert bei Streit über Krankentagegeldversicherung

BGH, Beschluss vom 14.12.2016 - IV ZR 477/15

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 112 f.

 

 

1.     Bei einem Rechtsstreit über die Verpflichtung des Krankenversicherers zur Zahlung von Krankentagegeld für einen nicht feststehenden Zeitraum ist der Streitwert regelmäßig ausgehend von der vom Versicherer geschuldeten Leistung unter Zugrundelegung einer halbjährigen Bezugsdauer des vereinbarten Krankentagegeldes, ggf. abzüglich eines Feststellungsabschlags, zu ermitteln. Die Vorschrift des § 9 ZPO ist insoweit nicht anzuwenden.

 

2.     Trifft ein solches Leistungs- oder Feststellungsbegehren mit einem Antrag auf Feststellung eines fortbestehenden Vertragsverhältnisses zusammen, so ist letzterer für die Wertaddition nur in Höhe von 20 % des vereinbarten Krankentagegeldes für eine sechsmonatige Bezugsdauer zu berücksichtigen.

 

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 113 Abs. 2

Abgrenzung zwischen beruflichem und außerberuflichem Verhalten

AnwG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.12.2016 – IV AG 55/16 – 4 EV 411/14

Fundstelle: NJW-Spezial, S. 95

 

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 BRAO sind eng auszulegen, da Sinn und Zweck des anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht darin bestehen, den Anwalt zu einem privaten Wohlverhalten anzuhalten.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

ZPO § 104; BRAO §§ 45, 46, 47; RPflG § 11 Abs. 1; GKG § 3 Abs. 2

Einwand der Nichtigkeit des Anwaltsvertrags im Kostenfestsetzungsverfahren

OLG Celle, Beschluss vom 19.01.2017 - 2 W 12/17

Fundstelle: NJW 2017 S. 1557 f.

Der auf den Verstoß gegen ein gesetzliches Vertretungsverbot gestützte Einwand der Nichtigkeit des zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrags ist im Kostenfestsetzungsverfahren

zu prüfen.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

BRAO § 46 Abs. 3, Abs. 4

Zulassung eines Leiters Recht und Personal als Syndikus

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom  10.02.2017 – 1 AGH 20/16

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 255

Ergibt sich aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag eines Unternehmensjuristen eine Weisungsgebundenheit, kann das Weisungsrecht seines Arbeitgebers für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt durch eine nachträgliche Vertragsänderung - hier im Rahmen einer aktuellen Tätigkeitsbeschreibung - abbedungen werden.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

BRAO § 46 Abs. 2 bis 4

Keine Zulassung als Syndikus bei Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom  25.11.2016 – 1 AGH 50/16

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 223

Ein von seiner eigentlichen Tätigkeit im Unternehmen für sein inzwischen ausgeübtes Amt als Betriebsratsvorsitzender freigestellter Unternehmensjurist übt keine anwaltliche Tätigkeit

mehr aus.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

BRAO §§ 4, 7, 46 Abs. 2 bis  5, 46 a Abs. 2 S. 1

Weisungsgebundenheit des Syndikusrechtsanwalts

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.2016- 1 AGH 22/16

Fundstelle: NJW 2017, S. 1331 f.

1.     Zu den Voraussetzungen für die Feststellung, dass die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu versagen ist, weil ein Bewerber keine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne von § 46 Abs. 3, Abs. 4 BRAO ausübt.

 

2.     Die Gewährleistung der Weisungsunabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts durch den Arbeitgeber kann auch noch nach der Klage des gesetzlichen Rentenversichererserfolgen. Sie bedarf keiner tarifvertraglichen Regelung, muss aber über die vertragliche Gewährleistung hinaus auch tatsächlich gewährleistet sein.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO §§ 43 b; BORA § 6 Abs. 1

Irreführung mit zwei Büroanschriften

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom  30.09.2016 – 1 AGH 49/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 158

Die Verwendung der Bezeichnung "Büro" mit einer Ortsangabe durch einen Anwalt kann irreführend sein, wenn der Anwalt an dem angegebenen Ort kein vollwertiges Büro unterhält, sondern - ohne eigene vertragliche Grundlage - nur Bürodienstleistungen entgegennehmen kann, die auf der Grundlage eines anderen Vertragsverhältnisses erbracht werden.


Leitsatz des Autors NJW Spezial

 

IFG NRW §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 5; BRAO § 76

Informationsfreiheitsgesetz versus Verschwiegenheitspflicht

BGH, Urteil vom  20.03.2017 – AnwZ (Brfg) 46/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 286

Begehrt ein Anwalt von seiner Rechtsanwaltskammer unter Berufung auf das Landes-IFG Einsicht in Protokolle von Vorstandssitzungen, entfällt die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder nach § 76 BRAO.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

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