§§ 274, 13 StGB

Ein Rechtsanwalt macht sich nicht schon wegen Urkundenunterdrückung durch Unterlassen strafbar, wenn er irrtümlich seinem Mandanten zugestellte Anträge des Prozessgegners nicht weiterleitet.1)

OLG Hamm, B. v. 06.01.2004 - 4 Ws 549/03 Der im Klageerzwingungsverfahren beschuldigte Rechtsanwalt vertrat einen Mandanten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren. Diesem Mandanten wurde irrtümlich durch die Bevollmächtigten des Prozessgegners ein gegen ihn gerichtetes Mahnbescheidsantragsformular zugestellt. Das Schreiben ist zwar an das Arbeitsgericht adressiert gewesen, jedoch infolge eines Versendungsfehlers des Kanzleisekretariats direkt an den Prozessgegner gesandt worden. Der Mandant wandte sich an seinen Rechtsanwalt, welcher befand, dass weder eine Hinweispflicht gegenüber der Gegenpartei bestand, noch die Verpflichtung vorlag, das Formular an den Absender zurückzuschicken oder an das Arbeitsgericht weiterzuleiten. Das Antragsformular verblieb somit beim Mandanten. Das Mahnverfahren wurde nicht eingeleitet. Der Prozessgegner war der Ansicht, dass sich sowohl der Mandant, als auch dessen Rechtsanwalt durch ihre Untätigkeit der Urkundenunterdrückung durch Unterlassen schuldig gemacht haben.

Der entsprechende Antrag des Prozessgegners wurde im Klageerzwingungsverfahren – nach der vorherigen Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 II StPO – als unzulässig verworfen. Das OLG verneinte für die Beschuldigten das Bestehen einer Garantenpflicht, welche die Weiterleitung irrtümlich zugestellter Post beinhaltet. Eine solche Pflicht des beschuldigten Mandanten gegenüber dem Prozessgegner, als ehemaligen Arbeitgeber, kann weder aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis, noch aus einem besonderen Vertrauensverhältnis begründet werden. Eine pflichtwidrige Nichtherausgabe der Post kann dem Rechtsanwalt nicht vorgeworfen werden, denn dies würde diesen zur Vornahme einer Handlung zwingen, die zum eigenen bzw. zum Nachteil des Mandanten erfolgen würde. Eine Pflicht, welche zur Verletzung von Mandanteninteressen führe, kann mit dem Berufsrecht der Rechtsanwälte nicht vereinbar sein.

Für Aktivprozesse einer Anwaltssozietät, insbesondere bei Honorarklagen, falle, so das Gericht, nach der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und h. M. in der Literatur eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO für den die Anwaltssozietät vertretenden Rechtsanwalt nicht an. Diese könne ohne Weiteres dafür Vorsorge treffen, dass die Einziehung einer Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt wird und dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst gering gehalten werden. Für eine aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten beste-hende Sozietät gelte nichts anderes. Nicht entscheidend sei, ob eine solche Sozietät Honorar-ansprüche für rechtsanwaltliche oder steuerberatende Tätigkeit geltend macht, in beiden Fällen bestehe die Verpflichtung zur Beschreitung des kostengünstigsten Wegs.
Ohnehin sei nach der grundliegenden Entscheidungen des Senats zur Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft vom 29. April 2001 (BGH NJW 2001, 1056) – nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit (vgl. BGH NJW 2002, 2958) – für die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO jedenfalls beim Aktivprozess einer BGB-Gesellschaft kein Raum mehr.

(Fundstelle: NJW-RR 2004, 489)

Für Aktivprozesse einer Anwaltssozietät, insbesondere bei Honorarklagen, falle, so das Gericht, nach der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und h. M. in der Literatur eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO für den die Anwaltssozietät vertretenden Rechtsanwalt nicht an. Diese könne ohne Weiteres dafür Vorsorge treffen, dass die Einziehung einer Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt wird und dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst gering gehalten werden. Für eine aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten beste-hende Sozietät gelte nichts anderes. Nicht entscheidend sei, ob eine solche Sozietät Honorar-ansprüche für rechtsanwaltliche oder steuerberatende Tätigkeit geltend macht, in beiden Fällen bestehe die Verpflichtung zur Beschreitung des kostengünstigsten Wegs. Ohnehin sei nach der grundliegenden Entscheidungen des Senats zur Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft vom 29. April 2001 (BGH NJW 2001, 1056) – nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit (vgl. BGH NJW 2002, 2958) – für die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO jedenfalls beim Aktivprozess einer BGB-Gesellschaft kein Raum mehr. (Fundstelle: NJW-RR 2004, 489)

BRAGO § 6 I
Bei Aktivprozessen einer Sozietät von Steuerberatern und Rechtsanwälten hat insbe-sondere bei der Einziehung von Honorarforderungen die Sozietät Vorsorge dafür zu treffen, dass diese Aufgabe durch ein anwaltliches Sozietätsmitglied allein erledigt wird; eine Erhöhungsgebühr nach § 6 I 2 BRAGO fällt daher nicht an.

BGH, Beschl. v. 05.01.2004 - Il ZB 22/02 (LG Berlin) Für Aktivprozesse einer Anwaltssozietät, insbesondere bei Honorarklagen, falle, so das Gericht, nach der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und h. M. in der Literatur eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO für den die Anwaltssozietät vertretenden Rechtsanwalt nicht an. Diese könne ohne Weiteres dafür Vorsorge treffen, dass die Einziehung einer Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt wird und dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst gering gehalten werden. Für eine aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten beste-hende Sozietät gelte nichts anderes. Nicht entscheidend sei, ob eine solche Sozietät Honorar-ansprüche für rechtsanwaltliche oder steuerberatende Tätigkeit geltend macht, in beiden Fällen bestehe die Verpflichtung zur Beschreitung des kostengünstigsten Wegs.
Ohnehin sei nach der grundliegenden Entscheidungen des Senats zur Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft vom 29. April 2001 (BGH NJW 2001, 1056) – nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit (vgl. BGH NJW 2002, 2958) – für die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO jedenfalls beim Aktivprozess einer BGB-Gesellschaft kein Raum mehr.

(Fundstelle: NJW-RR 2004, 489)

BGB a. F. §§ 276, 278; ZPO § 301

Mithaftung eines Rechtsanwalts als Mitglied einer Scheinsozietät

OLG Köln, U. v. 18. Dezember 2003 – 22 U 168/02 (LG Köln – 20 O 581/01) Werden im Briefkopf eines Rechtsanwalts weitere Anwälte unter der Sammelbezeichnung „in Kanzleigemeinschaft“ aufgeführt, so kann dies den Anschein der Verbindung in einer Sozietät erwecken.

Bei der Mandatierung eines zu einer Anwaltssozietät gehörenden Rechtsanwalts sei davon auszugehen, dass mit allen Mitgliedern der Sozietät ein Mandatsverhältnis zu Stande kommt. Dies gelte auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Mandatierung aus Sicht des Rechtsverkehrs, namentlich des konkreten Mandanten, eine Scheinsozietät besteht. Diese Voraussetzung sei vorliegend gegeben.

Zu Unrecht habe die Vorinstanz die Annahme einer Scheinsozietät mit Rücksicht darauf abgelehnt, dass der Briefkopf der Beklagten zu 1) über den Namen weiterer Anwälte ausdrücklich den Hinweis „in Bürogemeinschaft“ enthält. Vielmehr sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Mandatierung ein Briefkopf verwandt worden, der die weiteren Anwältinnen unter der Überschrift „in Kanzleigemeinschaft“ auflistete.

Zudem lasse die undifferenzierte und uneingeschränkte Benennung beider Beklagter auf einem Praxisschild lediglich mit dem jeweiligen Zusatz „Rechtsanwältin“ ohne Weiteres den Eindruck einer Sozietät aufkommen, der durch die einheitliche räumliche Gestaltung der Kanzlei noch unterstützt werde. Insofern dürfte der Kläger, als er Ende 1997 erstmalig die Kanzlei aufsuchte und um Beratung in seiner Mitangelegenheit bat, im Zweifel beide Beklagte als Mitglieder einer Scheinsozietät beauftragt haben.

(Fundstelle: MDR 1003, 900)

1.Auch eine Anwaltskanzlei, die Mitglied in einem internationalen Kanzleiverbund von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist, darf in einer Pressemitteilung keine Angaben zum Gesamtumsatz der Kanzlei machen und diesen auch nicht mit dem Wort „Rekordwachstum“ sowie einer prozentualen Angabe versehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Regelung des § 6 III BORA im Einklang mit Art. 12 GG steht, denn durch hinzutretende werbende Aussagen verstößt eine Kanzlei auf jeden Fall gegen die Pflicht zur sachlichen Information. 2. Die Aussagen, die Kanzlei „behauptet sich als führende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei deutschen Ursprungs“ und sei „damit Partner Nummer 1 im internationalen Mittelstand“ verstoßen gegen das Gebot der sachlichen Information gern. § 43 b BRAO.2)

GG Art. 12; BRAO § 43 b; BORA § 6 III

1. Auch eine Anwaltskanzlei, die Mitglied in einem internationalen Kanzleiverbund von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist, darf in einer Pressemitteilung keine Angaben zum Gesamtumsatz der Kanzlei machen und diesen auch nicht mit dem Wort „Rekordwachstum“ sowie einer prozentualen Angabe versehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Regelung des § 6 III BORA im Einklang mit Art. 12 GG steht, denn durch hinzutretende werbende Aussagen verstößt eine Kanzlei auf jeden Fall gegen die Pflicht zur sachlichen Information.
2. ...

LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 17. 12. 2003 - 3 0 11003/0 (nicht rechtskräftig)>

Fundstelle: NJW 2004, 689 ff.) 1.
Auch eine Anwaltskanzlei, die Mitglied in einem internationalen Kanzleiverbund von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist, darf in einer Pressemitteilung keine Angaben zum Gesamtumsatz der Kanzlei machen und diesen auch nicht mit dem Wort „Rekordwachstum“ sowie einer prozentualen Angabe versehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Regelung des § 6 III BORA im Einklang mit Art. 12 GG steht, denn durch hinzutretende werbende Aussagen verstößt eine Kanzlei auf jeden Fall gegen die Pflicht zur sachlichen Information.

2.
Die Aussagen, die Kanzlei „behauptet sich als führende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei deutschen Ursprungs“ und sei „damit Partner Nummer 1 im internationalen Mittelstand“ verstoßen gegen das Gebot der sachlichen Information gern. § 43 b BRAO.2)

BRAO § 43 b; BORA § 6
1. Die Kurzbezeichnung „X Associates“ erweckt durch die Verwendung des englischen Worts den Eindruck, dass es sich bei der so bezeichneten Kanzlei um einen Zusam-menschluss von Rechtsanwälten im internationalen Bereich handelt.
2. Ist in einer Kanzlei nur ein Anwalt auch im Ausland zugelassen, liegt aber der Schwerpunkt der Sozietät in Deutschland, ist die Bezeichnung „X Associates“ irre-führend im Sinne des § 43 b BRAO, § 6 BORA.

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 05.12.2003 – 2 ZU 15/03 (nicht rechtskräftig) (Fundstelle: NJW 2004, 1537 f.)

BRAGO § 3 I 1 Nr. 4; ZPO § 278 II
1. Die Durchführung einer Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO n. F. löst i. d. R. eine 10/10-Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO aus.
2. Diese Gebühr ermäßigt sich nicht nachträglich dadurch, dass der Güteverhandlung keine streitige Verhandlung folgt.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.11.2003 - 7 WF 3303/03 (AG Neustadt/Aisch - 1 F 112/03) (Fundstelle: MDR 2004, 416)

Gem. § 269 Abs. 2 BGB ist im Zweifel der Wohnsitz des Schuldners der Leistungsort für dessen vertraglich begründete Leistungspflicht. Etwas anderes gelte, so der BGH, erst dann, wenn festzustellen ist, dass die Vertragsparteien einen anderen, insbesondere einen Ort gemeinsamer Leistungserbringung bestimmt haben oder die Umstände des Falles einen solchen Leistungsort ergeben. Ein Schuldverhältnis, das einerseits auf Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, andererseits auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren gerichtet ist, weise jedoch keine Besonderheiten auf, die allein einen bestimmten anderen Leistungsort als den des Schuldners umständegerecht erscheinen lassen. Zwar erhalte das Schuldverhältnis sein Gepräge durch die Leistungspflicht des Rechtsanwalts, dies rechtfertige es jedoch nicht, dass Mandanten ihre Verpflichtung nicht wirksam an ihrem in § 269 Abs. 1 BGB genannten Wohnsitz erfüllen könnten. Der Rechtsprechung der Instanzgerichte, die bisher angenommen haben, die Gebührenforderung des Rechtsanwalts sei am Ort seiner Kanzlei zu erfüllen, sei hierfür kein tragendes Argument zu entnehmen. Es würde vielmehr eine vom Gesetz nicht gedeckte Privilegierung der Rechtsanwälte gegenüber anderen Gläubigern von Geldforderungen darstellen, wenn sie ihr Honorar nicht an dem gem. § 13 ZPO bzw. § 29 Abs. 1 ZPO, § 269 Abs. 1 BGB maßgeblichen Wohnsitz des Schuldner geltend machen müssten. Soweit auch der BGH (BGH NJW 1986, 79; BGH WM 1981, 411; BGH NJW 1991, 3095) die Meinung vertreten habe, Honorarforderungen eines Rechtsanwalts seien an dessen Kanzleiort zu erfüllen, könne an dieser Meinung nicht festgehalten werden. Die insoweit betroffenen Zivilsenate hätten auf Rückfrage des entscheidenden Senats erklärt, gegen die aus den genannten Gründen zutreffende Entscheidung bestünden keine durchgreifenden Bedenken.
(Fundstelle: NJW 2004, 54)

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