§ 670, 675 BGB; §§ 91 Abs. 1 S. 1, 104 ZPO; § 5 RVG; Nr.3401, Vorbem. 7 Abs.1 S. 1 VV RVG
Beauftragung eines Terminsvertreters im Namen des Anwalts
BGH, Beschl. v. 9.5.2023 - VIII ZB 53/21
Fundstelle: AGS 2023, S. 315

  1. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (hier: 0,65-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV) fallen für einen Terminsvertreter nur an, wenn dieser von der Prozesspartei selbst oder in deren Namen durch den Prozessbevollmächtigten (Hauptbevollmächtigten) be-auftragt worden ist, nicht hingegen, wenn letzterer im eigenen Namen den Auftrag zur Terminsvertretung erteilt hat (Anschluss an BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 122/ 98, NJW 2001, 753 unter II. 2. b) [zu § 53 BRAGO] AGS 2001, 51; Beschl. v. 13.7.2011 - IV ZB 8/11, VersR 2012, 737 Rn 8 = AGS 2011, 568).

  2. Bei einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen sind die Kosten des Terminsvertreters auch nicht als Auslagen des Hauptbevollmächtigten i.S.d. Vorbem. 7 Abs. 1 5.2 VV i.V.m. §§ 675, 670 BGB erstattungsfähig.

 Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

BRAO §§ 31a VI, 43, 113, 114, 116 I 2, 197
Keine Pflicht zur Nutzung des beA im anwaltlichen Verfahren
AGH Nordrhein-Westfalen Urteil vom 21.4.2023 ¬2 AG I-110/22
Fundstelle: NJW 2023, S. 2206

  1. Anders als in anderen Verfahrensordnungen sieht die BRAO für die Einlegung der Berufung im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Pflicht zur Nutzung des beA für Rechtsanwälte vor.

  2. Bei den Zumessungserwägungen für die Verhängung eines Verweises und einer Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen die aktive und passive Nutzungspflicht des beA ist unter anderem zu berücksichtigen, in welchem Maße die Pflichtverletzung das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Anwaltsstands betrifft und dadurch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft geschädigt wurde.


Leitsatz der Redaktion der NJW

BGB §§ 280 I, 675
Darlegungslast zur fehlenden Beratungsbedürftigkeit des Mandanten
BGH Urteil vom 20.4.2023 - IX ZR 209/21
Fundstelle: NJW 2023, S. 2195

  1. Der Rechtsanwalt ist im Grundsatz gehalten, den Mandanten in die Lage zu versetzen, eine eigenverantwortliche und sachgerechte Entscheidung über den Abschluss eines Vergleichs zu treffen; hierzu hat er den Mandanten über die Vor- und Nachteile des Vergleichs zu beraten.

  2. Die Beratungsbedürftigkeit des Mandanten entfällt erst dann, wenn der Mandant aus anderen Gründen über die Vor- und Nachteile des Vergleichs im Bilde ist; dies hat der Rechtsanwalt darzulegen und zu beweisen.

Leitsatz des Autors der NJW

 

ZPO §§ 130a V, 233 S. 1, 234 II 1
Sicherung der Eingangsbestätigung im beA
BGH Beschluss vom 30.3.2023 - Ill ZB 13/22
Fundstelle: NJW 2023, S. 1737

  1. Zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Eingangs eines nicht zu den Gerichtsaktengelangten Fristverlängerungsantrags (hier: Berufungsbegründungsfrist) bei Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs.

    Leitsatz des Autors der NJW

  2. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten, er habe „den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als, „erfolgreich' zur Kenntnis genommen", ist zur Glaubhaftmachung des Eingangs des Fristverlängerungsantrags ungenügend.

    Leitsatz der Redaktion der NJW

  3. Es kann dahinstehen, ob der Prozessbevollmächtigte verpflichtet ist, die ihm zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (elektronischer Export, Ausdrucken oder Screenshot) dafür zu nutzen, dass die angeblich von ihm optisch wahrgenommene Eingangsbestätigung dauerhaft auch für Dritte lesbar erhalten bleibt.

    Leitsatz der Redaktion der NJW

 

ZPO § 130a Abs. 5 Satz 2, § 233 Satz 1 (B, Fd, Gc), § 520
Inhaltskontrolle der übermittelten Schriftsätze über beA
BGH, Beschluss vom 21. März 2023 - VIII ZB 80/22 - LG Berlin
AG Charlottenburg


Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)  erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO  auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. März 2020 - VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 16; vom 20. September 2022 - XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 9 f.).


Leitsatz des Gerichts

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