Nach mehrfacher Vertagung hat der Rechtsausschuss des Bundestages am 8.3.2017 eine Entscheidung über den in verschiedenen Punkten strittigen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie getroffen. Auf der Grundlage dieses Entwurfs soll nun der Bundestag das Gesetz verabschieden.

Die BRAO-Reform wird wichtige Klarstellungen für Syndikusrechtsanwälte und für das besondere elektronische Anwaltspostfach bringen, die die BRAK ausdrücklich begrüßt. Aus Sicht der BRAK erfreulich ist ferner, dass nunmehr eine Ermächtigung für die Satzungsversammlung geschaffen wird, um die Zustellung von Anwalt zu Anwalt zu regeln. Die bereits vorbereitete Regelung in § 14 BORA (vgl. Presseerklärung Nr. 16 v. 22.11.2016) erhält damit eine Gesetzesgrundlage.

1. Hinweispflicht nach der ODR-Verordnung

Seit 09.01.2016 müssen Rechtsanwälte auf ihrer Homepage einen Link zur europäischen Onlinestreitbeilegungs-Plattform vorsehen und ihre E-Mail-Adresse angeben, wenn sie Online-Dienstverträge mit Verbrauchern schließen.

 

Erfasst werden nicht nur Online-Dienstleistungsverträge, die über die Internetseite des Rechtsanwaltes angebahnt werden, sondern auch Dienstleistungsverträge, die „auf einem anderen elektronischen Wege“ angeboten werden. Von dieser Informationspflicht sind also ausschließlich Rechtsanwälte, die Online-Dienstverträge i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit.e der ODR-Verordnung mit Verbrauchern schließen, betroffen.

 

Eine Verlinkung im Impressum auf der Anwalts-Homepage dürfte ausreichend sein. Der Informationstext könnte z.B. lauten: „Plattform der EU zur außergerichtlichen Online-Streitbeilegung: http://ec.europa.eu/consumers/odr/

 

Alternativ können Sie auch die Information über die OS-Plattform in einem gesonderten Link außerhalb des Impressums darstellen. Dann ist auch die eigene E-Mail-Adresse anzugeben.

 

2. Hinweispflicht nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

Ab 01.02.2017 müssen Rechtsanwälte unter bestimmten Umständen auf ihrer Homepage und/oder in ihren AGBs leicht zugänglich, klar und verständlich über die Möglichkeit der Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor der zuständigen Verbraucherstreitbeilegungsstelle hinweisen.

 

Vor Entstehen einer Streitigkeit müssen Rechtsanwälte, die am 31.12. des vorangegangenen Jahres mehr als 10 Beschäftigte hatten und eine Webseite unterhalten und/oder AGBs verwenden, auf ihrer Webseite und/oder in ihren ABGs darauf hinweisen, ob sie bereit sind, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen oder nicht. Sofern sie dazu bereit sind, muss die zuständige

Stelle benannt werden.

 

Nach Entstehen einer Streitigkeit muss jeder Rechtsanwalt den Mandanten in Textform auf die zuständige Schlichtungsstelle hinweisen und erklären, ob er grundsätzlich bereit ist, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist für vermögensrechtliche Streitigkeiten aus dem Mandatsverhältnis bis zu einem Wert von 50.000 Euro die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, Neue Grünstr. 17, 10179 Berlin, www.s-d-r.org.

von Rechtsanwalt Christopher Brosch, BRAK, Berlin

 

Der elektronische Rechtsverkehr hat nicht erst mit der Einführung des beA begonnen. Über die EGVP (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach)-Kommunikationsinfrastruktur ist seit vielen Jahren eine elektronische Kommunikation insbesondere zwischen Rechtsanwälten, Gerichten und Behörden möglich. Das beA ist Teil dieser Kommunikationsinfrastruktur (vgl. § 20 I 1 RAVPV). Unabhängig davon, dass der bisherige EGVP-Bürgerclient im Hinblick auf die Einführung des beA nur noch bis zum Ende des Jahres 2017 unter http://www.egvp.de/ heruntergeladen werden kann – EGVP wird in Zukunft mehr noch als in der Vergangenheit wesentliche Basis des elektronischen Rechtsverkehrs sein.

 

Die Sichtbarkeit – und damit die Erreichbarkeit für Nachrichten – bestimmt sich beim EGVP technisch gesehen anhand von Rollen. Dem beA wurde die Rolle „buerger_rueck“ zugewiesen. Damit können insbesondere Gerichte, Behörden und Notare erreicht werden. Dies gilt unabhängig davon, dass für Behörden und Notare dem beA vergleichbare „besondere“ Postfächer eingerichtet werden: das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo; s. dazu nachfolgend Freiheit/Ehrmann, BRAK-Magazin 1/2017, 11) sowie das besondere elektronische Notarpostfach (beN).

 

Solange die diesbezüglichen Änderungen durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten noch nicht in Kraft getreten sind, gelten noch die alten Fassungen von § 130a ZPO und entsprechender Vorschriften anderer Verfahrensordnungen. Die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit Gerichten hängt demnach von Regelungen in Rechtsverordnungen des Bundes und der Länder ab; diese können den elektronischen Rechtsverkehr noch bis längstens 2020 auf einzelne Gerichte oder Verfahrensarten beschränken. Die Empfängersuche im beA bildet jedoch allein die technische Erreichbarkeit von Gerichten ab – der Umstand, dass ein Gericht dort auffindbar und damit adressierbar ist, besagt also nicht zugleich, dass mit diesem Gericht in dem jeweiligen Verfahren verfahrensrechtlich wirksam elektronisch kommuniziert werden kann (vgl. auch Brosch, BRAK-Magazin 4/2016, 16).

 

Mittelfristig wird über das beA auch eine Kommunikation mit sog. EGVP-Bürgerpostfächern möglich sein. Ein Bürgerpostfach kann von jedermann eingerichtet werden, nach Abkündigung des EGVP-Bürgerclients mit Hilfe eines „EGVP-Drittprodukts“. Auf diesem Weg ist eine Kommunikation etwa mit Mandanten möglich, die wie sämtliche EGVP-Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt ist.

 

Warum bekommt die Anwalts-GmbH kein beA? Diese Frage stellen sich derzeit (nicht nur) viele Rechtsanwaltskapitalgesellschaften – und in der Tat: Vieles spricht dafür, ihnen ein beA einzurichten. Immerhin sind sie Mitglieder der Rechtsanwaltskammern und selbst postulationsfähig. Allerdings sieht § 31a I 1 BRAO vor, dass ein beA für „jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer“ eingerichtet wird, und im Gesamtverzeichnis werden Anwalts-GmbHs derzeit nicht eingetragen (§ 59m II BRAO verweist nicht auf §§ 31, 31a BRAO). Die BRAK hat dies moniert und den Gesetzgeber dringend aufgefordert, beA-Postfächer für Anwaltsgesellschaften zu ermöglichen (vgl. Stn. 16/2016). Sie setzt sich auch weiterhin politisch dafür ein.

 

Aktuelle Infos rund um das beA gibt es jede Woche im beA-Newsletter!
http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/

BGB §§ 675, 666, 412, 401

Auskunftspflicht des Anwalts gegenüber dem Rechtsschutzversicherer

LG Heidelberg, Urteil vom 27.07.2016 - 1 S 51/15

Fundstelle: AGS 2016, S. 597 ff.

 

 

Der Anwalt ist verpflichtet, dem Rechtsschutzversicherer vollständige Auskunft über die kostenmäßige Abwicklung des Verfahrens zu erteilen, insbesondere über den Verlauf der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten.

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

RVG §§ 48, 55; ZPO § 114

Bewilligung für mehrere Rechtsstreitigkeiten mit gleichem Rubrum

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.05.2016 - 2 Ta 21/15 u. 2 Ta 22/15

Fundstelle: AGS 2016, S. 588 ff.

 

 

1.    Bewilligt das Gericht einem Arbeitnehmer Prozesskostenhilfe für mehrere Rechtsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber, hat der beigeordnete Rechtsanwalt das Recht, sein Honorar für jeden Rechtsstreit nach Maßgabe des dort festgesetzten Streitwerts gesondert zu fordern.

 

2.    Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat wegen § 48 RVG keine Rechtsmacht, im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG den Einwand der nicht notwendigen Kostenerhebung geltend zu machen und damit das Honorar des Rechtsanwalts auf die Kosten zu kürzen, die bei gemeinsamer Rechtsverfolgung in einem Rechtsstreit entstanden wären.

 

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

ZPO § 91 Abs. 2 S. 1

Kostenerstattung bei vorsorglich eingelegter Berufung

LAG Köln, Beschluss vom 25.02.2016 - 4 Ta 31/16

Fundstelle: AGS 2016, S. 444 f.

 

 

Auch wenn eine Berufung nur „vorsorglich“ eingelegt wird, darf die Gegenpartei im Regelfall sofort einen Anwalt beauftragen, sodass dann die Gebühr nach Nr. 3201 VV gem.
§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zu erstatten ist, wenn die Berufung vor ihrer Begründung zurückgenommen wird.

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

RVG VV Nr. 1000, 1003; VwGO § 106 S. 2, 162, 93 S. 1

Zur Höhe der Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV bei einem Mitvergleichen ohne förmlichen Verbindungsbeschluss·

OVG Lüneburg, Beschuss vom 11.08.2016 - 13 OA 130/16

Fundstelle: AGS 2016, S. 572 ff.

 

 

Sind zwischen den Parteien mehrere Verfahren anhängig und schließen sie in einem der Verfahren einen Vergleich, mit dem sämtliche Verfahren erledigt werden, so entsteht nur eine Einigungsgebühr aus dem Gesamtwert, auch wenn ein förmlicher Verbindungsbeschluss nicht ergangen ist. Lediglich die Verfahrens- und Terminsgebühren sind in diesem Fall gesondert abzurechnen.

 

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

StPO § 464 b; RVG § 52

Anrechnung der Pflichtverteidigergebühr auf den Kostenerstattungsanspruch

OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.11.2016 - 1 Ws 475/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 24

 

 

Der Anspruch des gerichtlich bestellten Verteidigers gegen den Beschuldigten auf Zahlung der Wahlverteidigergebühren entfällt nach teilweisem Freispruch oder sonstigem teilweisen Obsiegen des Beschuldigten nicht nur in Höhe des darauf entfallenden Anteils, sondern in Höhe der gesamten gezahlten Pflichtverteidigergebühren.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

RVG VV Nrn. 2503, 2504 ff.; InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1

Anfall der Geschäftsgebühr nach Nr. 2504 VV RVG auch bei einem starren Nullplan

OLG Köln, Beschluss vom 13.07.2016 - 17 W 85/16

Fundstelle: RVGreport 2016, S. 466 f.

 

 

Die Vorlage eines Nullplans oder eines Fast-Nullplans reicht für den Anfall der Geschäftsgebühr nach Nr. 2504 ff. VV RVG aus.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

RVG VV Nrn. 2503, 2504 ff.; InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1

Geschäftsgebühr gem. Nrn. 2504 ff. VV RVG auch bei einem Nullplan

OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.09.2016 - 8 W 291/16

Fundstelle: RVGreport 2016, S. 465 f.

 

 

Die Voraussetzungen für einen Gebührenanspruch nach Nrn. 2504 ff. RVG-VV werden durch das Anbieten eines sog. „Fast-Nullplans“ regelmäßig erfüllt, da ein solcher überwiegend nicht als perspektivlos im Sinne der Rechtsprechung des Senats anzusehen sein wird.

 

Leitsatz des Gerichts

 

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