BGB §§ 627, 628 Abs. 1 S. 2; BRAGO § 13; RVG § 15

Grundlose Kündigung des Mandats durch Rechtsanwalt

BGH, Urt. v. 29.9.2011 – IX ZR 170/10 Fundstelle: AGS 2012, S. 169

  1. Kündigt der Rechtsanwalt das Mandatsverhältnis, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als der Mandant einen anderen Prozessbevollmächtigten neu bestellen muss, mit dessen Vergütung auch die Tätigkeit des kündigenden Anwalts abgegolten wäre.
  2. Von einem Interessenwegfall ist auch auszugehen, soweit die aufgrund der Kündigung neu beauftragten Rechtsanwälte fristgebundene Verfahrenshandlungen nicht mehr vornehmen, fristgebundene Erklärungen nicht mehr abgeben und an vergangenen Terminen nicht mehr teilnehmen können, wenn mit der ihnen geschuldeten gesetzlichen Vergütung auch diese Handlungen abgegolten gewesen wären.
  3.  Lehnt es der Auftraggeber ab, eine vom Anwalt während des Mandats gestellte Vergütungsvereinbarung abzuschließen, stellt dies keinen wichtigen Grund dar, der den Anwalt berechtigten würde, das Mandat zu kündigen.

Leitsatz des Gerichts

Der Wert einer Berufung gegen die Feststellung, dass die Kläger zu jeweils ¼ Miterben geworden sind, richtet sich nach dem Anteil der Kläger. Dass die Beklagte geltend macht, selbst nur zu einem Drittel Miterbin geworden zu sein, führt nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts.  Die Werte wechselseitiger Klagen auf Feststellung des Erbrechts betreffen denselben Gegenstand, so dass ihre Werte nicht zusammenzurechnen sindLeitsatz des Gerichts

GKG §§ 45 Abs. 1 S. 3, 48 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3

Streitwert einer Berufung gegen Feststellung eines Erbteils

BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10 Fundstelle: AGS 2012, S. 30

  1. Der Wert einer Berufung gegen die Feststellung, dass die Kläger zu jeweils ¼ Miterben geworden sind, richtet sich nach dem Anteil der Kläger. Dass die Beklagte geltend macht, selbst nur zu einem Drittel Miterbin geworden zu sein, führt nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts.
  2.  Die Werte wechselseitiger Klagen auf Feststellung des Erbrechts betreffen denselben Gegenstand, so dass ihre Werte nicht zusammenzurechnen sind



    Leitsatz des Gerichts

Auch wenn der Wohnungseigentumsverwalter kraft Gesetzes berechtigt ist, die „übrigen Wohnungseigentümer“ in einem gegen sie gerichteten Beschlussanfechtungsverfahren zu vertreten oder durch einen Rechtsanwalt gerichtlich vertreten zu lassen und auch wenn er zustellungsbevollmächtigt ist, so dass die Klage nicht jedem einzelnen beklagten Wohnungseigentümer zuzustellen ist, so wird der von ihm mit der Prozessführung beauftragte Rechtsanwalt gleichwohl für eine Mehrheit von Auftraggebern tätig mit der Folge, dass die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG anfällt, ohne dass es darauf ankäme, ob die Vertretung der mehreren Auftraggeber tatsächlich ein Mehr an Arbeit und Aufwand sowie ein höheres Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt ausgelöst hat. Leitsatz der Redaktion der NJW

ZPO §§ 103 ff.; RVG VV Nrn. 3400 ff.

Glaubhaftmachung der Kosten eines Unterbevollmächtigten

BGH, Beschl. v. 13.07.2011 – IV ZB 8/11Fundstelle: AGS 2012, S. 568 f.

Die gesetzliche Vergütung eines Terminsvertreters ist im Rahmen der Kostenfestsetzung nur dann zu berücksichtigen, wenn dessen Kosten durch Vorlage einer von ihm erstellten Kostenrechnung glaubhaft gemacht worden sind.

 

Leitsatz des Gerichts

RVG VV Nr. 1008; RVG § 7; WEG §§ 50, 46 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1, 27 Abs. 2 Nr. 2

Mehrvertretungszuschlag bei Vertretung der „übrigen Wohnungseigentümer“ durch Rechtsanwalt

BGH, Beschl. v. 15.09.2011 – V ZB 39/11 (LG Bremen) Fundstelle: NJW 2011, S. 3723 f.

Auch wenn der Wohnungseigentumsverwalter kraft Gesetzes berechtigt ist, die „übrigen Wohnungseigentümer“ in einem gegen sie gerichteten Beschlussanfechtungsverfahren zu vertreten oder durch einen Rechtsanwalt gerichtlich vertreten zu lassen und auch wenn er zustellungsbevollmächtigt ist, so dass die Klage nicht jedem einzelnen beklagten Wohnungseigentümer zuzustellen ist, so wird der von ihm mit der Prozessführung beauftragte Rechtsanwalt gleichwohl für eine Mehrheit von Auftraggebern tätig mit der Folge, dass die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG anfällt, ohne dass es darauf ankäme, ob die Vertretung der mehreren Auftraggeber tatsächlich ein Mehr an Arbeit und Aufwand sowie ein höheres Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt ausgelöst hat.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

ZPO §§ 91 Abs. 1 S. 1, 103 ff., 788

Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten bei Änderung des Vollstreckungstitels

BGH, Beschl. v. 07.09.2011 – VIII ZB 27/09 Fundstelle: RVGreport 2011, S. 469 f.

Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil sind nicht erstattungsfähig, soweit der Verurteilung durch das Rechtsmittelgericht die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird.

1.    War die Tätigkeit des Anwalts weder umfangreich noch schwierig, kann eine höhere Geschäftsgebühr als 1,3 nicht mit der Begründung verlangt werden, der Mehrbetrag bewege sich noch innerhalb des Toleranzbereichs von 20 %.

2.    Die Frage, ob der Anwalt mehr als die Schwellengebühr nach Anm. zu Nr. 2300 VV verlangen kann, ist eine Rechtsfrage, die vom Gericht vollumfänglich überprüft werden kann. Ein Ermessensspielraum steht dem Anwalt insoweit nicht zu.

3.    Die Vorlage einer Kostenberechnung ist im Erstattungsprozess nicht erforderlich.Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG § 10, RVG VV Nr. 2300

Kein Toleranzbereich bei der Schwellengebühr

OLG Koblenz, Urt. v. 05.09.2011 – 12 U 713/10 Fundstelle: AGS 2011, S. 536 ff

1.    War die Tätigkeit des Anwalts weder umfangreich noch schwierig, kann eine höhere Geschäftsgebühr als 1,3 nicht mit der Begründung verlangt werden, der Mehrbetrag bewege sich noch innerhalb des Toleranzbereichs von 20 %.

2.    Die Frage, ob der Anwalt mehr als die Schwellengebühr nach Anm. zu Nr. 2300 VV verlangen kann, ist eine Rechtsfrage, die vom Gericht vollumfänglich überprüft werden kann. Ein Ermessensspielraum steht dem Anwalt insoweit nicht zu.

3.    Die Vorlage einer Kostenberechnung ist im Erstattungsprozess nicht erforderlich.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

1.    Die Anrechnungsvorschrift des § 58 Abs. 2 RVG ist auch auf den anzurechnenden Teil von Zahlungen auf eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr anwendbar.

2.    Danach ist der gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnende Teil der gezahlten Geschäftsgebühr nicht sogleich auf die dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu gewährende, gem. § 49 RVG berechnete Verfahrensgebühr (Prozesskostenhilfevergütung), sondern zunächst auf die Differenz zwischen der – jeweils insgesamt im gerichtlichen Verfahren entstandenen – Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung anzurechnen (Aufgabe der im Senatsbeschl. v. 12.06.2008 – 13 WF 111/08, FamRZ 2008, 1765 = JurBüro 2008, 527, vertretenen Auffassung).Leitsatz der Schriftleitung der AGS

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