BRAO § 73 Abs. 2 Nr. 9
1. § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO ermächtigt die Rechtsanwaltskammern, bei der Einstellung und Finanzierung eines Rechtsanwalts mitzuwirken, der damit beauftragt wird, Anwaltsklausuren für das 2. Staatsexamen zu erstellen.1)
2. ...

AGH Hamburg B. v. 13.02.2004 - 2 ZU 9/03, 1.
§ 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO ermächtigt die Rechtsanwaltskammern, bei der Einstellung und Finanzierung eines Rechtsanwalts mitzuwirken, der damit beauftragt wird, Anwaltsklausuren für das 2. Staatsexamen zu erstellen.1)

2.
Angesichts des den Rechtsanwaltskammern in § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO zugewiesenen umfassenden Ausbildungsauftrages ist es in erweitender Auslegung dieser Norm mit den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer vereinbar, die Vergütung der anwaltlichen Arbeitsgemeinschaftsleiter zu tragen. 1)

3.
Eine von den Mitgliedern einer Anwaltskammer zu zahlende jährliche zweckgebundenen Ausbildungsumlage in Höhe von 25,00 € ist bei einem Jahresbeitrag von 215,00 € angemessen, zumutbar und verhältnismäßig.1)

AGH Hamburg B. v. 13.02.2004 - 2 ZU 9/03,

Der Anwaltsgerichtshof Hamburg hatte über die Anfechtung eines Beschlusses der Kammerversammlung der Rechtsanwaltskammer Hamburg zu entscheiden. Die dortige Kammerversammlung hatte im Jahre 2003 beschlossen, für die Finanzierung der anwaltsbezogenen Referendarausbildung (Arbeitsgemeinschaften und Erstellung von Anwaltsklausuren) eine zweckgebundene Umlage in Höhe von 25,00 € pro Jahr jedem Kammermitglied aufzuerlegen. Der antragstellende Rechtsanwalt vertrat die Auffassung, der angegriffene Umlagenbeschluss sei nichtig. Er sei sowohl unter Verletzung der BRAO als auch inhaltlich fehlerhaft, weil er einen Gegenstand regele, für den weder die Rechtsanwaltskammer, noch die Kammerversammlung Beschlusskompetenz habe.

Der AGH Hamburg hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Der AGH stellt fest, die finanzielle Beteiligung der Rechtsanwaltskammer an der Referendarausbildung in Form der Vergütung der anwaltlichen Arbeitsgemeinschaftsleiter sowie der Mitfinanzierung eines mit der Erstellung von Anwaltsklausuren beauftragten Rechtsanwalts sei als eine der Rechtsanwaltskammer zugewiesene Aufgabe anzusehen und falle damit in ihren legitimen Aufgabenbereich. Die Aufgaben der Kammerversammlung seien in § 89 BRAO, die Aufgaben des Kammervorstandes in § 73 BRAO niedergelegt. Die Regelungen der beiden Vorschriften würden zusammen den wesentlichen Funktionsbereich der Rechtsanwaltskammern ergeben. Mit der Neuregelung des § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO obliege es seit dem 01.07.2003 dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, „bei der Ausbildung und Prüfung der Studierenden und der Referendare mitzuwirken, insbesondere qualifizierte Arbeitsgemeinschaftsleiter und Prüfer vorzuschlagen“. Durch die Neuregelung dieser Norm nehme der Gesetzgeber die Rechtsanwaltskammern in die Pflicht, die – unter Erweiterung ihrer bisherigen Aufgaben – verstärkt im Bereich der theoretischen Juristenausbildung mitwirken sollten, um insbesondere den Juristennachwuchs auf die anwaltliche Praxis vorzubereiten. Aus der Formulierung „obliegt insbesondere“ ergebe sich, dass die in § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO aufgeführten Einzelaufgaben nur beispielhaft genannt seien. Die „insbesondere“-Regelung begründe eine Zuständigkeit für weitere Aufgaben. Es sei gerechtfertigt anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Rechtsanwaltskammern über ihren bisherigen begrenzten Beitrag an der Juristenausbildung hinaus einen umfassenden Ausbildungsauftrag habe zuweisen wollen. Dies habe die Berechtigung der Kammern zur Folge, auch die für ihre Beteiligung an der Juristenausbildung erforderlichen finanziellen Mittel einzusetzen, denn ohne Einsatz finanzieller Mittel sei der Ausbildungsauftrag nicht zu erfüllen.

Daher seien die Rechtsanwaltskammern im Wege der erweiternden Auslegung des § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO befugt, „bei der Prüfung der Referendare“ eigenständig tätig zu werden und in diesem Zusammenhang z. B. an der Einstellung und Finanzierung eines Rechtsanwalts mitzuwirken, der damit beauftragt wird, Anwaltsklausuren für das 2. Staatsexamen zu erstellen. Dabei sei es unerheblich, ob der Rechtsanwalt den Anstellungsvertrag mit der Rechtsanwaltskammer selbst oder einer BGB-Gesellschaft, deren Mitgesellschafterin die Rechtsanwaltskammer ist, abschließt. Ebenso sei unerheblich, ob der Rechtsanwalt seine Tätigkeit innerhalb der Kammer oder im Landesjustizprüfungsamt ausübe.

Ebenso in erweiternder Auslegung des § 73 Abs. 2 Nr. BRAO sei es mit den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer vereinbar, die Vergütung der anwaltlichen Arbeitsgemeinschaftsleiter zu tragen. Der Aufgabe, qualifizierte Rechtsanwälte als Leiter von Arbeitsgemeinschaften vorzuschlagen, könnten die Rechtsanwaltskammern nur nachkommen, wenn interessierte Rechtsanwälte mit einer angemessenen Vergütung rechnen können. Das vom Staat gewährte Entgelt, wie dies z. B. Richter für eine entsprechende nebenberufliche Tätigkeit aus der Staatskasse erhalten, sei als nicht ausreichend anzusehen. Denn der anwaltliche Arbeitsgemeinschaftsleiter mache während des Unterrichts einschließlich der Vorbereitung keinen anwaltspezifischen gegenüber Mandanten abzurechnenden Umsatz, während seine fixen Bürokosten weiterlaufen.

Die durch die Kammerversammlung beschlossene Umlage in Höhe von 25,00 € pro Jahr pro Kammermitglied sei auch verhältnismäßig. Der Jahresbeitrag zur Rechtsanwaltskammer habe im Jahre 2003 215,00 € betragen. Hieraus habe sich ein Jahresbeitragsvolumen von ca. 1,44 Mio. € ergeben. Dem gegenüber stehe eine Summe von 150.000,00 €, die durch die Rechtsanwaltskammer ab 2004 für die anwaltsbezogene Referendarausbildung aufgewandt werden solle. Dies entspreche ca. 10 % des rechnerischen Beitragaufkommens 2003. Die beschlossene Ausbildungsumlage von 25,00 € stelle im Verhältnis zum Jahresbeitrag von 215,00 € 11,63 % des Jahresbeitrages dar. Wegen der erheblichen Bedeutung, die eine verbesserte Ausbildung des juristischen Nachwuchses für die Rechtsanwaltschaft insgesamt habe, sei eine jährliche zweckgebundene Ausbildungsumlage in dieser Höhe angemessen und zumutbar. Für einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sieht der entscheidende AGH keinen Ansatz.

Abschließend stellt der AGH folgendes fest: Selbst wenn man § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO als Ermächtigungsgrundlage für eine finanziellen Beteiligung der Kammern ablehne, wäre die Kammerversammlung berechtigt gewesen, nach § 89 Abs. 2 Nr. 2 BRAO eine Umlage für die vorgesehene finanzielle Beteiligung an der Juristenausbildung zu erheben. Die Kammerversammlung sei zuständig für alle Angelegenheiten, die von allgemeiner, nicht nur wirtschaftlicher Bedeutung für die Rechtsanwaltschaft sind und die Gesamtheit der Rechtsanwaltskammern berühren. Die Ausbildung geeigneten anwaltlichen Nachwuchses sei eine solche Angelegenheit von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsanwaltschaft. Die Verbesserung der Ausbildung und Vorbereitung auf den Anwaltsberuf diene gruppenspezifischen Interessen der Rechtsanwaltschaft und wirke sich auf den gesamten Berufsstand positiv aus, so der AGH. Die Qualität der Rechtsberatung werde gesichert; die Stellung der Rechtsanwaltschaft auf dem Beratungsmarkt insgesamt auf Dauer gefestigt. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei die Beschlussfassung der Kammerversammlung nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung ist nicht bestandskräftig. Voraussichtlich wird sofortige Beschwerde eingelegt werden.

BRAO § 43 c I 3; GG Art. 12
1. Die Verleihung der Befugnis zur Führung einer dritten Fachanwaltsbezeichnung ist selbst bei Erfüllung sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen von Gesetzes wegen (§ 43 c I 3 BRAO) ausgeschlossen.
2. § 43 c I 3 BRAO ist mit der Beschränkung der Befugnis des Führens einer Fach-anwaltsbezeichnung auf zwei Rechtsgebiete eine Berufsausübungsregelung, die nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt, sondern durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gestützt wird.

AnwGH Celle, Beschl. v. 11.02.2004 - AGH 24/03 (nicht rechtskräftig) (Fundstelle: NJW 2004, 1113 f.)

Die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stelle, so das Gericht, im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung dar. Die dadurch verursachten Kosten – mithin auch die Reisekosten und Abwesenheitsgelder nach § 28 BRAGO – seien notwendige Kosten der Rechtsverfolgung und -verteidigung und daher erstattungsfähig. Eine Ausnahme von diesem Regelfall, die immer dann anzunehmen sei, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststehe, dass ein eingehendes Mandantengespräche für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird, liege nicht vor. Die von der Rechtspflegerin vorgenommene Vergleichberechnung (Vergleichskostenberech-nung „Kosten des Hauptbevollmächtigten am Wohnsitz der Partei“ einerseits und „Kosten eines Korrespondenzanwalts am Wohnort und eines Hauptbevollmächtigen am Sitz des Prozessgerichts“ andererseits) sei unzulässig. Eine solche sei der Partei nicht zuzumuten, zumal diese die Erwartung hegen dürfe, in einem persönlichen Gespräch mit einem Rechtsanwalt in räumlicher Nähe werde die sachgemäße Bearbeitung der eigenen Belange am besten sichergestellt. Die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, der zufolge die Kosten der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten ggf. erstattungsfähig sind, wenn sie die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen, es sei nicht in dem Sinne umkehrbar, dass die Reisekosten eines Hauptbevollmächtigten nur dann erstattungsfähig sind, wenn sie die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Nach der Rechtsprechung des BGH seien die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Hauptbevollmächtigten der obsiegenden Partei nach § 91 Abs. 2 S. 1 HS 1 vielmehr in jedem Fall zu erstatten, ohne dass es auf die Frage der Notwendigkeit i. S. v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ankomme.

ZPO §§ 91 Abs. 2 S. 1, 91 Abs. 1 S. 1

Gem. §§ 91 Abs. 2 S. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind Reisekosten eines hauptbevollmächtigten Rechtsanwalts erstattungsfähig, soweit seine Hinzuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

LG Erfurt, Beschluss vom 9. Februar 2004 – 1 T 36/04Die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stelle, so das Gericht, im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung dar. Die dadurch verursachten Kosten – mithin auch die Reisekosten und Abwesenheitsgelder nach § 28 BRAGO – seien notwendige Kosten der Rechtsverfolgung und -verteidigung und daher erstattungsfähig. Eine Ausnahme von diesem Regelfall, die immer dann anzunehmen sei, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststehe, dass ein eingehendes Mandantengespräche für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird, liege nicht vor.
Die von der Rechtspflegerin vorgenommene Vergleichberechnung (Vergleichskostenberech-nung „Kosten des Hauptbevollmächtigten am Wohnsitz der Partei“ einerseits und „Kosten eines Korrespondenzanwalts am Wohnort und eines Hauptbevollmächtigen am Sitz des Prozessgerichts“ andererseits) sei unzulässig. Eine solche sei der Partei nicht zuzumuten, zumal diese die Erwartung hegen dürfe, in einem persönlichen Gespräch mit einem Rechtsanwalt in räumlicher Nähe werde die sachgemäße Bearbeitung der eigenen Belange am besten sichergestellt.
Die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, der zufolge die Kosten der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten ggf. erstattungsfähig sind, wenn sie die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen, es sei nicht in dem Sinne umkehrbar, dass die Reisekosten eines Hauptbevollmächtigten nur dann erstattungsfähig sind, wenn sie die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Nach der Rechtsprechung des BGH seien die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Hauptbevollmächtigten der obsiegenden Partei nach § 91 Abs. 2 S. 1 HS 1 vielmehr in jedem Fall zu erstatten, ohne dass es auf die Frage der Notwendigkeit i. S. v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ankomme.

BRAGO, § 28 I

Reisekostenerstattung bei Nichtwahrnehmung des Termins wegen Verkehrsstaus

OLG Celle, B. v. 23.01.2004 – 13 Verg 1/04.

Fundstelle: NJW-RR 2004, 716 Auslagen des Rechtsanwalts für Fahrten zu einem auswärtigen Verhandlungstermin sind auch dann gem. § 28 I BRAGO erstattungsfähig, wenn der Rechtsanwalt wegen einer mehrstündigen Sperrung der Autobahn das Gericht erst nach dem Ende des Verhandlungstermins erreicht

Gem. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer entstanden sind, hängt damit, so der BGH, davon ab, ob es notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme mehrerer Prozessbevollmächtigter gebiete. Die Frage, ob dies stets der Fall sei, wenn Streitgenossen klagen oder verklagt werden, werde in der Rechtssprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beantwortet. Der Senat folge der Auffassung, wonach dies nicht durch eine schematische Beurteilung, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände zu beantworten sei. Im vorliegenden Fall ergebe dies, dass die Bestellung eines eigenen Anwalts nicht notwendig und damit auch nicht erstattungsfähig sei. Im Haftpflichtprozess habe der Versicherungsnehmer gem. § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen. Es bestehe für den Versicherungsnehmer also ohne weiteres kein Anlass, einen eigenen Prozessbevollmächtigten zu bestellen, wenn er ersichtlich keinen über die Interessen des Versicherers hinausgehendes oder ihnen entgegengerichtetes Prozessziel verfolge.
Dabei sei der Zeitpunkt der Mandatserteilung durch den Versicherungsnehmer ohne Bedeutung, wenn der Versicherer wirksam von seinem Recht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB zur Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten Gebrauch mache. Der Gegner dürfe nicht mit Mehrkosten belastet werden, die auf Grund der besonderen versicherungsrechtlichen Beziehungen der auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Gegner entstehen. Auch ein etwaiger Streit zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über die Notwendigkeit oder Angemessenheit einer Schadensersatzleistung des Versicherers mit der möglichen Folge einer Rückstufung des Versicherungsnehmers mache die Prozessvertretung des Versicherten durch einen eigenen Anwalt nicht notwendig. Diese könne im Prozess des Geschädigten gegen Ver-sicherer und Versicherungsnehmer nicht geklärt werden. Der Streit über diese Fragen sei vielmehr in einem gesonderten Prozess auszutragen.

(Fundstelle: AGS 2004, 188f.)

Gem. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer entstanden sind, hängt damit, so der BGH, davon ab, ob es notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme mehrerer Prozessbevollmächtigter gebiete. Die Frage, ob dies stets der Fall sei, wenn Streitgenossen klagen oder verklagt werden, werde in der Rechtssprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beantwortet. Der Senat folge der Auffassung, wonach dies nicht durch eine schematische Beurteilung, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände zu beantworten sei. Im vorliegenden Fall ergebe dies, dass die Bestellung eines eigenen Anwalts nicht notwendig und damit auch nicht erstattungsfähig sei. Im Haftpflichtprozess habe der Versicherungsnehmer gem. § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen. Es bestehe für den Versicherungsnehmer also ohne weiteres kein Anlass, einen eigenen Prozessbevollmächtigten zu bestellen, wenn er ersichtlich keinen über die Interessen des Versicherers hinausgehendes oder ihnen entgegengerichtetes Prozessziel verfolge. Dabei sei der Zeitpunkt der Mandatserteilung durch den Versicherungsnehmer ohne Bedeutung, wenn der Versicherer wirksam von seinem Recht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB zur Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten Gebrauch mache. Der Gegner dürfe nicht mit Mehrkosten belastet werden, die auf Grund der besonderen versicherungsrechtlichen Beziehungen der auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Gegner entstehen. Auch ein etwaiger Streit zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über die Notwendigkeit oder Angemessenheit einer Schadensersatzleistung des Versicherers mit der möglichen Folge einer Rückstufung des Versicherungsnehmers mache die Prozessvertretung des Versicherten durch einen eigenen Anwalt nicht notwendig. Diese könne im Prozess des Geschädigten gegen Ver-sicherer und Versicherungsnehmer nicht geklärt werden. Der Streit über diese Fragen sei vielmehr in einem gesonderten Prozess auszutragen. (Fundstelle: AGS 2004, 188f.)

ZPO § 91; AKB § 7 Abs. 2 Nr. 5

Die Bestellung eines eigenen Anwalts durch den Versicherungsnehmer bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer und des Schadensersatzanspruches gegen den Halter/Fahrer des versicherten Fahrzeuges in einem gemeinsamen Rechtsstreit ist dann nicht notwendig und die damit verursachten Kosten sind auch nicht erstattungsfähig, wenn kein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts besteht.

BGH, B. v. 20.01.2004 - VI ZB 76/03 Gem. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer entstanden sind, hängt damit, so der BGH, davon ab, ob es notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme mehrerer Prozessbevollmächtigter gebiete. Die Frage, ob dies stets der Fall sei, wenn Streitgenossen klagen oder verklagt werden, werde in der Rechtssprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beantwortet. Der Senat folge der Auffassung, wonach dies nicht durch eine schematische Beurteilung, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände zu beantworten sei. Im vorliegenden Fall ergebe dies, dass die Bestellung eines eigenen Anwalts nicht notwendig und damit auch nicht erstattungsfähig sei. Im Haftpflichtprozess habe der Versicherungsnehmer gem. § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen. Es bestehe für den Versicherungsnehmer also ohne weiteres kein Anlass, einen eigenen Prozessbevollmächtigten zu bestellen, wenn er ersichtlich keinen über die Interessen des Versicherers hinausgehendes oder ihnen entgegengerichtetes Prozessziel verfolge.
Dabei sei der Zeitpunkt der Mandatserteilung durch den Versicherungsnehmer ohne Bedeutung, wenn der Versicherer wirksam von seinem Recht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB zur Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten Gebrauch mache. Der Gegner dürfe nicht mit Mehrkosten belastet werden, die auf Grund der besonderen versicherungsrechtlichen Beziehungen der auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Gegner entstehen. Auch ein etwaiger Streit zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über die Notwendigkeit oder Angemessenheit einer Schadensersatzleistung des Versicherers mit der möglichen Folge einer Rückstufung des Versicherungsnehmers mache die Prozessvertretung des Versicherten durch einen eigenen Anwalt nicht notwendig. Diese könne im Prozess des Geschädigten gegen Ver-sicherer und Versicherungsnehmer nicht geklärt werden. Der Streit über diese Fragen sei vielmehr in einem gesonderten Prozess auszutragen.

(Fundstelle: AGS 2004, 188f.)

§§ 274, 13 StGB

Ein Rechtsanwalt macht sich nicht schon wegen Urkundenunterdrückung durch Unterlassen strafbar, wenn er irrtümlich seinem Mandanten zugestellte Anträge des Prozessgegners nicht weiterleitet.1)

OLG Hamm, B. v. 06.01.2004 - 4 Ws 549/03 Der im Klageerzwingungsverfahren beschuldigte Rechtsanwalt vertrat einen Mandanten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren. Diesem Mandanten wurde irrtümlich durch die Bevollmächtigten des Prozessgegners ein gegen ihn gerichtetes Mahnbescheidsantragsformular zugestellt. Das Schreiben ist zwar an das Arbeitsgericht adressiert gewesen, jedoch infolge eines Versendungsfehlers des Kanzleisekretariats direkt an den Prozessgegner gesandt worden. Der Mandant wandte sich an seinen Rechtsanwalt, welcher befand, dass weder eine Hinweispflicht gegenüber der Gegenpartei bestand, noch die Verpflichtung vorlag, das Formular an den Absender zurückzuschicken oder an das Arbeitsgericht weiterzuleiten. Das Antragsformular verblieb somit beim Mandanten. Das Mahnverfahren wurde nicht eingeleitet. Der Prozessgegner war der Ansicht, dass sich sowohl der Mandant, als auch dessen Rechtsanwalt durch ihre Untätigkeit der Urkundenunterdrückung durch Unterlassen schuldig gemacht haben.

Der entsprechende Antrag des Prozessgegners wurde im Klageerzwingungsverfahren – nach der vorherigen Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 II StPO – als unzulässig verworfen. Das OLG verneinte für die Beschuldigten das Bestehen einer Garantenpflicht, welche die Weiterleitung irrtümlich zugestellter Post beinhaltet. Eine solche Pflicht des beschuldigten Mandanten gegenüber dem Prozessgegner, als ehemaligen Arbeitgeber, kann weder aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis, noch aus einem besonderen Vertrauensverhältnis begründet werden. Eine pflichtwidrige Nichtherausgabe der Post kann dem Rechtsanwalt nicht vorgeworfen werden, denn dies würde diesen zur Vornahme einer Handlung zwingen, die zum eigenen bzw. zum Nachteil des Mandanten erfolgen würde. Eine Pflicht, welche zur Verletzung von Mandanteninteressen führe, kann mit dem Berufsrecht der Rechtsanwälte nicht vereinbar sein.

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