FAO, § 6 Abs. 3

1. Eine Fallliste, die sich auf die Angabe von Schlagworten und Stichpunkten beschränkt, ohne einen Gesamtüberblick über die Funktion und die Tätigkeit in der Sache zu geben, genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 3 FAO.2)

2. Auch bei einem Kanzleiwechsel trifft den Fachanwaltsbewerber die umfassende Darlegungslast hinsichtlich der besonderen praktischen Erfahrungen. Ggfs. müssen die notwendigen Informationen auf gerichtlichem Weg vom Arbeitgeber beschafft werden.

AGH Baden-Württemberg, B. v. 15.07.2004 – AGH 45/2002 (I) Gem. § 6 Abs. 3 FAO sind Falllisten vorzulegen, die regelmäßig folgende Angaben enthalten müssen: Aktenzeichen, Gegenstand, Zeitraum, Art und Umfang der Tätigkeit, Stand des Verfahrens. Im entschiedenen Fall hatte die Fachanwaltsbewerberin zwar Falllisten vorgelegt, konkrete Angaben zu Art und Umfang der jeweils erbrachten Tätigkeit fehlten jedoch. In den Rubriken „Sachverhalt“ der ursprünglichen Fallliste und „Tätigkeit“ in der Ergänzung der Fallliste beschränkte sich die Antragstellerin auf Schlagworte und Stichpunkte, ohne einen Gesamtüberblick über ihre Funktion und Tätigkeit in der Sache zu geben.

Anhand dieser Liste war die Rechtsanwaltskammer nach Auffassung des Gerichts nicht in der Lage, sich über Art und Umfang der Tätigkeit im Fachgebiet einen ausreichenden Überblick zu verschaffen. Ebenso wenig war ein möglicher Zusammenhang von Fällen zur Vornahme einer Gewichtung überprüfbar. Schließlich war die Kammer aufgrund der erfolgten Darlegungen auch nicht in der Lage, Feststellungen darüber zu treffen, ob ausreichende Fälle mit kollektivrechtlichem Bezug (§ 10 Ziff. 2 FAO) bearbeitet wurden.

Die Antragstellerin hatte die unzureichende Fallliste damit erklärt, dass sie nach einem Kanzleiwechsel nicht mehr über die notwendigen Informationen verfüge und ihr ehemaliger Arbeitgeber ihr diese Informationen vorenthalte. Von einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung oder einer Einschaltung der Rechtsanwaltskammer hatte die Antragstellerin abgesehen.

Der AGH Baden-Württemberg lässt offen, ob überhaupt Fälle denkbar sind, bei denen ein Antragsteller den Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen unter erleichterten Bedingungen führen kann, weil ihm der Zugriff auf die notwendigen Informationen unmöglich ist. Nach Ansicht des Gerichts werden sich diese Probleme in der Praxis dann nicht stellen, wenn der Fachanwaltsbewerber seine praktischen Arbeiten im Hinblick auf eine spätere Auflistung zeitnah selbst dokumentiert und sammelt. Im konkreten Fall hat die Antragstellerin nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um der ihr obliegenden Informationspflicht nachzukommen. Nach Auffassung des Gerichts wäre es der Antragstellerin durchaus zumutbar gewesen, sich ggfs. über den Weg einer Klage Einsicht in das von ihr früher bearbeitete Aktenmaterial zu verschaffen. Auch wäre es möglich gewesen, dass die Antragstellerin die Rechtsanwaltskammer einschaltet, zumal dann die Möglichkeit bestanden hätte, dass die Rechtsanwaltskammer von Beginn an in die besonderen Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung eingebunden wäre.

Im Ergebnis hat die Antragstellerin der ihr obliegenden Darlegungslast nicht genügt.

Hinweis:
Die Entscheidung ist durchaus von praktischer Relevanz. Es kommt immer wieder vor, dass Fachanwaltsbewerber nach einem Kanzleiwechsel Schwierigkeiten haben, die notwendigen Informationen zu beschaffen. Wird der Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung in Erwägung gezogen, empfiehlt es sich dringend, bereits frühzeitig die bearbeiten Fälle in einer der Vorschrift des § 6 Abs. 3 FAO genügenden Weise zu dokumentieren.

1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten.

2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann.

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)
Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten. 2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann. BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve) Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

BGB §§ 611, 675

Vergütungsanspruch aus Anwaltsdienstvertrag bei Pflichtverletzung

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)1. Der Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag kann wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten.

2. Vereitelt der Rechtsanwalt durch seine Pflichtverletzung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten, liegt darin in der Regel ein Schaden, der dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden kann.

BGH, U. v. 15.07.2004 – IX ZR 256/03 (LG Kleve)
Fundstelle: NJW 2004, 2817 f.

Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist ein Verteidigerhonorar i. H. v. 70.000 DM nicht ohne weiteres sittenwidrig, wenn das Ermittlungsverfahren wegen Betrugs einen Aktenumfang von über 100 Leitz-Ordner hat. (Leitsatz des Einsenders der MDR-Redaktion) Das OLG München hatte über eine etwaige Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung für ein Strafverfahren zu entscheiden, bei dem unstreitig über 100 Leitz-Ordner Verfahrensakten angefallen sind. Vorgeworfen wurde dem Ehemann der Klägerin Anlagespekulation. Aus diesen Umständen ergebe sich, so das Gericht, dass die Verteidigung aufwendig und sehr zeitintensiv gewesen sei. Dies rechtfertige ohne weiteres ein hohes Verteidigerhonorar. Nach Meinung des Senats halte sich das an den Beklagten bezahlte Verteidigerhonorar im Rahmen und sei nicht zu beanstanden. Dass ein anderer Verteidiger die Verteidigung auch für ein geringeres Honorar übernommen hätte, spiele dabei keine Rolle und müsse unberücksichtigt bleiben, da insoweit Vertragsfreiheit gelte. Auch der Umstand, dass der Beklagte nach Auffassung der Klägerin nicht ausreichend tätig geworden sei, sei in diesem Rahmen nicht zu prüfen. Diesbezüglich hätte die Klägerin Schlechtleistung geltend machen und dies konkret und substantiiert vortragen müssen. Dies sei nicht geschehen.

BGB §§ 138, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
Sittenwidrigkeit eines Verteidigerhonorars

OLG München, Urt. v. 15.07.2004 – 6 U 3864/03 (LG München I – 23 0 15240/02)

Fundstelle: MDR 2005, 238 Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist ein Verteidigerhonorar i. H. v. 70.000 DM nicht ohne weiteres sittenwidrig, wenn das Ermittlungsverfahren wegen Betrugs einen Aktenumfang von über 100 Leitz-Ordner hat. (Leitsatz des Einsenders der MDR-Redaktion)

Das OLG München hatte über eine etwaige Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung für ein Strafverfahren zu entscheiden, bei dem unstreitig über 100 Leitz-Ordner Verfahrensakten angefallen sind. Vorgeworfen wurde dem Ehemann der Klägerin Anlagespekulation.
Aus diesen Umständen ergebe sich, so das Gericht, dass die Verteidigung aufwendig und sehr zeitintensiv gewesen sei. Dies rechtfertige ohne weiteres ein hohes Verteidigerhonorar. Nach Meinung des Senats halte sich das an den Beklagten bezahlte Verteidigerhonorar im Rahmen und sei nicht zu beanstanden. Dass ein anderer Verteidiger die Verteidigung auch für ein geringeres Honorar übernommen hätte, spiele dabei keine Rolle und müsse unberücksichtigt bleiben, da insoweit Vertragsfreiheit gelte. Auch der Umstand, dass der Beklagte nach Auffassung der Klägerin nicht ausreichend tätig geworden sei, sei in diesem Rahmen nicht zu prüfen. Diesbezüglich hätte die Klägerin Schlechtleistung geltend machen und dies konkret und substantiiert vortragen müssen. Dies sei nicht geschehen.

GG Art. 12; BRAO § 43 b; BORA § 6 III

1. § 6 III BORA, der Rechtsanwälten die Werbung mit Umsatzzahlen untersagt, ver-stößt gegen Art. 12 GG und ist damit verfassungswidrig.

2. Rechtsanwälten kann es nicht untersagt werden, mit wahren Umsatzzahlen und damit zusammenhängenden Bewertungen - zum Beispiel in einer Medieninformation - zu werben.

3. Die Aussagen, die Kanzlei „behauptet sich als führende Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei deutschen Ursprungs“ und sei „damit Partner Nr. 1 im internationalen Mittelstand“, verstoßen gegen das Gebot der sachlichen Information gem. § 43 b BRAO.1)

OLG Nürnberg, U. v. 22.06.2004 - 3 U 334/04 (nicht rechtskräftig) (Fundstelle: NJW 2004, 2167 ff.)

VwGO §§ 56 II, 60 I, II, 67 III; ZPO §§ 174 I, 189; AsylVfG § 78 IV

Wirksamwerden der Mandatskündigung oder –niederlegung

VGH Mannheim, B. v. 14.06.2004 – A 12 S 633/04 Eine Mandatskündigung oder Mandatsniederlegung wird dem Gericht und den anderen Prozessbeteiligten gegenüber erst mit der Anzeige gegenüber dem Gericht wirksam. Hat ein bevollmächtigter Rechtsanwalt die Beendigung des Mandats dem Gericht nicht an-gezeigt und das Empfangsbekenntnis über das ihm zugestellte Urteil unterzeichnet, hat er dafür Sorge zu tragen, dass innerhalb der in Lauf gesetzten Frist ein etwa beabsich-tigtes Rechtsmittel eingelegt wird (wie BVerwG, NJW 1980, 2269).

VGH Mannheim, B. v. 14.06.2004 – A 12 S 633/04
Fundstelle: NJW 2004, S. 2916

1. Enthält ein Schriftstück, das sich nach seiner äußeren Aufmachung als Formular darstellt, außer der Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung eine Abrede über die vom Rechtsanwalt zu erbringende Leistung, ist die Gebührenvereinbarung nicht wirksam begründet worden.

2. Die Frage, ob der Rechtsanwalt auf Grund einer Honorarvereinbarung eine höhere als die gesetzliche Vergütung fordert, ist anhand eines Vergleiches der für die geleistete Tätigkeit insgesamt verdienten gesetzlichen Vergütung mit dem vereinbarten Honorar zu beantworten. Ein solcher Vergleich ist erst dann möglich, wenn sich die Höhe der gesetzlichen Vergütung ermitteln lässt, in der Regel also erst nach dem Ende der Tätigkeit des Rechtsanwalts.

3. Der Rechtsanwalt trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mandant freiwillig und ohne Vorbehalt geleistet hat.

BGH, U. v. 08.06.2004 – IX ZR 119/03 (OLG Brandenburg)
Fundstelle: NJW 2004, S. 2818

1. Enthält ein Schriftstück, das sich nach seiner äußeren Aufmachung als Formular darstellt, außer der Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung eine Abrede über die vom Rechtsanwalt zu erbringende Leistung, ist die Gebührenvereinbarung nicht wirksam begründet worden. 2. Die Frage, ob der Rechtsanwalt auf Grund einer Honorarvereinbarung eine höhere als die gesetzliche Vergütung fordert, ist anhand eines Vergleiches der für die geleistete Tätigkeit insgesamt verdienten gesetzlichen Vergütung mit dem vereinbarten Honorar zu beantworten. Ein solcher Vergleich ist erst dann möglich, wenn sich die Höhe der gesetzlichen Vergütung ermitteln lässt, in der Regel also erst nach dem Ende der Tätigkeit des Rechtsanwalts. 3. Der Rechtsanwalt trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mandant freiwillig und ohne Vorbehalt geleistet hat. BGH, U. v. 08.06.2004 – IX ZR 119/03 (OLG Brandenburg) Fundstelle: NJW 2004, S. 2818

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