UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO § 49 b; BRAGO § 53; VV RVG Nr. 3401, 3402

Zulässigkeit einer Gebührenteilungsabrede

BGH, Urt. v. 01.06.2006 – 1 ZR 268/03 Fundstelle: RVGreport 2006, S. 438 ff. 1.
Erteilt der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter den Auftrag zur Terminswahrnehmung im eigenen Namen, so wird hierdurch kein Vertragsverhältnis zwischen der Partei und dem Terminsvertreter begründet. Die Pflicht zur Entschädigung des Terminsvertreters richtet sich dann nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters einzustehen hat. Eine Gebührenteilungsabrede, nach der der Terminsvertreter in einem solchen Fall weniger als die in § 53 BRAGO bzw. Nr. 3401, 3402 VV RVG vorgesehenen Gebühren erhält, stellt keinen Verstoß gegen § 49 b Abs. 1 BRAO dar.

2.
Erteilt der Prozessbevollmächtigte dem Terminsvertreter einen solchen Vertretungsauftrag hingegen im Namen des Mandanten, liegt ein Verstoß nach § 49 b Abs. 1 BRAO vor, wenn der Terminsvertreter die Vertretung zu geringeren als den in § 53 BRAGO bzw. Nr. 3401, 3402 VV RVG vorgesehenen Gebühren übernehmen soll.

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO § 43 b; BORA §§ 6, 7

Irreführende Angaben über Rechtsanwaltskanzlei in Zeitungsartikel

LG Kiel, Urt. v. 31.05.2006 – 14 O 25/06 Fundstelle: NJW 2006, S. 2496 ff. 1.
Angaben sind irreführend und damit unlauter i. S. des § 3 UWG, wenn sie bei den Adressaten eine Vorstellung erzeugen, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang stehen.

2.
Unter dem Begriff des Spezialisten wird eine Person verstanden, die über eine langjährige Berufserfahrung verfügt, sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmert und Mandate aus anderen Gebieten ablehnt.

Anmerkung:
Der auf Unterlassung in Anspruch genommene Beklagte führt eine Rechtsanwaltskanzlei aus insgesamt 6 Rechtsanwälten. In einem veröffentlichten Zeitungsartikel äußerte er sich u. a. wie folgt:
„Jeder Anwalt meiner Kanzlei ist ein absoluter Spezialist und bearbeitet ausschließlich Fälle, die sein Rechtsgebiet betreffen. Mit dem Resultat, dass die Kanzlei höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen verliert.“
Das Landgericht Kiel sieht in diesen Äußerungen ein Wettbewerbsverstoß, da sie irreführend und damit unlauter im Sinne des § 3 UWG seien. Von dem Zeitungsartikel würden rechtsuchende Bürger angesprochen, die in der Regel keine Vorkenntnisse über die Spezifizierung und Auszeichnungen eines Rechtsanwalts hätten. Durch die Aussagen, dass in der Kanzlei „absolute Spezialisten“ tätig seien, die ausschließlich Fälle, die ihr Fachgebiet beträfen, bearbeiteten, würde bei dem durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt, dass die Rechtsanwälte dieser Kanzlei über höhere Auszeichnungen und Qualifizierungen verfügen als andere Anwälte.
Unter dem Begriff des Spezialisten würde aber eine Person verstanden, die die Inanspruchnahme in Materien außerhalb ihres Spezialgebiets weitgehend ablehnten und insofern noch wesentlich stärker auf ein Fachgebiet konzentriert seien als derjenige, der Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte angebe oder sogar die Fachanwaltsqualifikation inne habe.
Diese Voraussetzungen träfen auf alle seinerzeit in der Kanzlei des Beklagten tätigen Rechtsanwälte nicht zu. Denn die genannten Anwälte verfügten weder über eine langjährige Berufserfahrung, noch sei bei ihnen gewährleistet, dass sie sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmern und Mandate aus anderen ablehnen würden. Insofern sei die Aussage des Beklagten, jeder Anwalt seiner Kanzlei sei ein absoluter Spezialist und bearbeite ausschließlich Fälle, die sein Fachgebiet betreffen, falsch und somit irreführend.
Ferner sei, so das Landgericht, die Bezeichnung „absolute Spezialisten“ eine reklamehafte Anpreisung des Könnens der Anwälte, ohne dass – wie dargelegt - die Leistung eine solche Bezeichnung rechtfertige.
Auch die Aussage, dass die Anwälte ausschließlich Fälle bearbeiten, die deren Fachgebiet betreffen, verstieße gegen § 6 Abs. 1 BORA. Danach dürfe der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person nur informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten. Eine unsachliche Werbung sei aber bereits dann anzunehmen, wenn die Information über den Adressaten keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt habe. Dies sei hier der Fall. Denn es sei für den rechtssuchenden Bürger nicht nachprüfbar, ob tatsächlich die Rechtsanwälte aus der Kanzlei des Beklagten ausschließlich Fälle aus einem bestimmten Rechtsgebiet übernehmen würden.
Letztlich sei auch die Aussage, die Kanzlei verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen irreführend, da sie für den Leser nicht nachprüfbar sei. Da es zudem keine Statistiken über Erfolg und Misserfolg von Prozessen in der Kanzlei des Beklagten gebe, hätte dieser nicht sagen dürfen, dass seine Kanzlei höchst selten verliere. Im übrigen sei die Angabe von Erfolgszahlen nach § 6 Abs. 3 BORA unzulässig.

BRAO, § 4, 6 II; EuRAG §§ 16 ff.; EigPrüfVO §§ 5, 6

Voraussetzungen für die Zulassung eines europäischen Rechtsanwalts zur deutschen Rechtsanwaltschaft

AnwGH Naumburg, Beschl. v. 19.05.2006 – 1 AnwGH 14/05 Fundstelle: NJW 2006, S. 3725 ff. 1.
Die Frage, ob einem europäischen Rechtsanwalt im Rahmen der vorgeschriebenen Eignungsprüfung Prüfungsleistungen erlassen werden, fällt nicht in die Entscheidungskompetenz der Rechtsanwaltskammer, sondern in diejenige des Prüfungsamts für die Zweite Juristische Staatsprüfung. Das gilt auch für die Entscheidung über den Erlass sämtlicher Prüfungsleistungen, das heißt die Erteilung eines Negativattestes.

2.
Mit den §§ 16 ff. EuRAG und der EigPrüfVO hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21.12.1988 vollständig in nationales Recht umgesetzt. Ein europäischer Rechtsanwalt kann deshalb aus dieser Richtlinie keinen unmittelbaren europarechtlichen Anspruch auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft herleiten.

3.
Ob die Richtlinie 2005/36/EG vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen auch für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gilt, bleibt offen; die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht muss bis zum 20.10.2007 erfolgen.

4.
Für den Nachweis einer überwiegenden Berufsausbildung in der EU reicht die Vorlage der Urkunde über die Zulassung als englischer Solicitor nicht aus. Auch ein Universitätsstudium in der Bundesrepublik Deutschland ist hierfür nur dann zu berücksichtigen, wenn die im Ausland erworbene Berufszugangsqualifikation als Rechtsanwalt wesentlich auf diesem Studium beruht.

5.
Der Erlass sämtlicher Prüfungsleistungen der Eignungsprüfung gem. § 5 EigPrüfVO ist europarechtlich nicht allein deshalb geboten, weil der europäische Rechtsanwalt das Erste Juristische Staatsexamen in der Bundesrepublik Deutschland abgelegt hat.

6.
Dass die unmittelbare Zulassung eines europäischen Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft von der Ablegung einer Eignungsprüfung nach §§ 16 ff. EuRAG abhängig gemacht wird, verstößt auch nicht gegen die in Art. 43 EG gewährleistete Niederlassungsfreiheit.

BRAO § 7 Nr. 8

Versagung der Anwaltszulassung wegen Anstellung bei Rechtsschutzversicherung

BGH, Beschl. v. 15.05.2006 – AnwZ (B) 53/05 (AnwGH Baden-Württemberg) Fundstelle: NJW 2006, S. 3717 ff. Die Anstellung bei einer Rechtsschutzversicherung im Vertriebsteam kann die Gefahr einer Interessenkollision bei gleichzeitiger Ausübung des Rechtsanwaltsberufs begründen, so dass die Anwaltszulassung zu versagen ist.

BRAO § 7 Nr. 8

Unvereinbarkeit der Angestelltentätigkeit in einer Bank als Berater mit dem Anwaltsberuf

BGH, Beschl. v. 15.05.2006, AnwZ (B) 41/05 (AnwGH München) Fundstelle: NJW 2006, S. 2488 ff. 1.
Zur Frage, ob eine Angestelltentätigkeit im Geschäftsbereich Vermögensberatung (Private Banking) einer Bank mit dem Anwaltsberuf unvereinbar ist.

2.
Eine vom Geschäftsinteresse einer Bank nicht zu trennende und damit nicht unabhängige, sondern von einem fremden wirtschaftlichen Interesse mitbestimmte Rechtsberatung des Bankkunden durch einen hierfür angestellten Mitarbeiter der Bank ist mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts nicht vereinbar.

Anmerkung:
Der Ast. war bei einer Bank im Bereich Private Banking als Fachbetreuer mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Erbschafts- und Stiftungsmanagement und einer Fachausbildung zum „Certified Estate Planner“ beschäftigt. Er beantragte die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die zuständige RAK wies diesen Antrag zurück.

Der BGH bestätigt die Entscheidung der RAK, da die Tätigkeit des Ast. mit dem Anwaltsberuf unvereinbar und deshalb nach § 7 Nr. 8 BRAO die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu verweigern sei. Nach der Rechtsprechung des BGH seien Tätigkeiten eines Rechtsanwalts im Versicherungs-, Finanzdienstleistungs- und Maklergewerbe in der Regel mit dem Anwaltsberuf unvereinbar. Ausnahmen kämen nur in Betracht, wenn der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf mit der aquisitorischen oder maklerischen Tätigkeit des betreffenden Unternehmens selbst nicht befasst sei.
Solche Ausnahmen seien vorliegend jedoch nicht gegeben. Das Aufgabengebiet des Ast. sei vielmehr eingebunden in die auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichtete Vermögensanlageberatung der Bank. Dadurch ergebe sich für den Ast. unter zwei Gesichtspunkten die Gefahr von Interessenkollisionen. Zum einen ließe sich die vom Ast. zu erbringende Rechtsberatung der Bankkunden in Bezug auf deren Vermögensnachfolge nicht vom Geschäftsinteresse der Bank, Kunden für die Anlage- und Dienstleistungsprodukte des Geschäftsbereichs Private Banking zu gewinnen, trennen. Eine solche nicht unabhängige, sondern von einem fremden wirtschaftlichen Interesse mitbestimmte Rechtsberatung des Bankkunden durch einen hierfür angestellten Mitarbeiter der Bank, sei mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts und seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar.

Zum anderen bestünde im Falle einer Zulassung des Ast. zur Rechtsanwaltschaft die Gefahr, dass dieser das aus seiner Beratung als Rechtsanwalt erlangte Wissen über die Vermögensverhältnisse der Mandanten dazu nutzen könnte, seinen Mandanten eine Vermögensanlage seiner Arbeitgeberin zu empfehlen, die er als unabhängiger Rechtsanwalt nicht empfehlen dürfte. Die Wahrscheinlichkeit von Pflichtenkollisionen durch die zweitberufliche Tätigkeit des Anwalts sei bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise von Seiten der Mandantschaft bereits nahe liegend.

ZPO § 91 Abs. 1; VV RVG Nr. 3200

Notwendigkeit eines Zurückweisungsantrages bei unzulässiger Berufung

OLG Koblenz, Beschl. v. 11.05.2006 – 14 W 278/06 Fundstelle: RVGreport 2006; S. 431 Die Kosten eines Antrags auf Zurückweisung der Berufung sind nicht erstattungsfähig, wenn ein gerichtlicher Hinweis vorausgegangen ist, aus dem sich zweifelsfrei ergibt, dass das Rechtsmittel unzulässig ist.

ZPO a. F. § 115 Abs. 3 ZPO

Einsatz eine Kapitallebensversicherung

BAG, Beschl. v. 05.05.2006 – 3 AZB 62/04 Fundstelle: RVGreport 2006, S. 359

Der Rückkaufwert einer auf den Heiratsfall der Tochter des Bedürftigen abgeschlossenen Kapitallebensversicherung gehört zum Vermögen des Antragstellers, das im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzen ist.4

Diplom Ökonom – Unzulässige Angabe auf Briefkopf

AnwGH Celle, Beschl. v. 27.04.2006 – AGH 18/05 = NJW-RR 2006, Heft 13 Fundstelle: NJW-Spezial 2006, S. 286 f. Die Aufführung eines Diplom-Ökonomen auf einem anwaltlichen Briefbogen ist zumindest dann unzulässig, wenn nicht zusätzlich auf eine bestehende Kooperation i. S. des § 8 BORA hingewiesen wird.

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