StPO § 145 a I; OWiG § 51 III

Zustellung an Wahlverteidiger trotz Streichung der Ermächtigung in Vollmachtsur-kunde

OLG Köln, Beschl. v. 02.04.2004 – Ss 126/04 Z – 68 Z Eine Zustellung an den gewählten Verteidiger ist auch dann wirksam, wenn in der zu den Akten gereichten Vollmachtsurkunde die Formulierung der Ermächtigung „Zustel-lungen ... entgegenzunehmen“ durchgestrichen ist.

OLG Köln, Beschl. v. 02.04.2004 – Ss 126/04 Z – 68 Z

Dem Umstand, dass in dem in Kopie zur Akte gereichten Vollmachtsformular von Anfang an bei der Formulierung „Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen“ das Wort „entgegenzunehmen“ durchgestrichen worden ist, komme keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Durch § 51 Abs. 3 OWiG bzw. § 145 a Abs. 1 StPO werde eine gesetzliche Zustellungsvollmacht begründet, die sich allein aus der Stellung des Verteidigers – hier als Wahlverteidiger – ergebe und nicht etwa konstitutiv durch die Vollmachtsurkunde bewirkt werde. Die gesetzliche Zustellungsvollmacht sei nicht einschränkbar. Die betreffende Streichung mag daher im Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant für sonstige Zustellungen Bedeutung haben; für gerichtliche Zustellungen sei sie jedoch unbeachtlich.
Fundstelle: NJW 2004, S. 3196

StBG § 261 Abs. 2 Nr. 1
1. § 261 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit Strafverteidiger nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn sie im Zeitpunkt der Annahme ihres Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatten.

2. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte sind bei der Anwendung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB verpflichtet, auf die besondere Stellung des Strafverteidigers schon ab dem Ermittlungsverfahren angemessen Rücksicht zu nehmen.

BVerfG, Urt. vom 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01 und 2 BvR 1521/01 Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat (...) den Straftatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) verfassungskonform einschränkend ausgelegt. Danach erfasst die Vorschrift die Annahme eines Honorars oder Honorarvorschusses durch einen Strafvertei-diger nur dann, wenn er im Zeitpunkt der Annahme sichere Kenntnis von der Herkunft des Geldes aus einer Katalogtat hat. (...)
In den Gründen der Entscheidung heißt es:
Die nur teilweise zulässigen Vb bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Zwar hat der BGH die Tragweite der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit der Strafverteidiger, die bei weiter Auslegung des Straftatbestands des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf die Honorarannahme durch Strafverteidiger berührt sein kann, nicht hinreichend bedacht. Darauf beruht die Ver-werfung der Revision im Ergebnis jedoch nicht, weil das Landgericht der Ausstrahlungswir-kung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit angemessen Rechnung getragen hat. Die Verurteilung der Bf durch das Landgericht wegen wissentlich begangener Geldwäsche ist deshalb im Ergebnis von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB dahin auszulegen, dass die Annahme eines Honorars oder eines Honorarvorschusses durch einen Strafverteidiger strafbare Geldwäsche sein kann, wenn das Honorar aus Mitteln bezahlt wird, die aus einer der in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Vortaten stammen. Die uneingeschränkte Anwendung der Strafvorschrift auf den Strafverteidiger wie auf jeden anderen Normadressaten kann allerdings zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht des Strafverteidigers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) führen. (...)
Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst auch die Strafverteidigung, die zu den wesentli-chen Berufsaufgaben eines Rechtsanwalts zählt. Die Institution der Strafverteidigung ist au-ßerdem durch das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes gefordert. (...) Das Risiko, sich durch die Entgegennahme eines Honorars oder Honorarvorschusses im Rahmen eines Wahl-mandats wegen Geldwäsche strafbar zu machen, kann wegen der Handlungsbedingungen des strafrechtlichen Mandatsverhältnisses und der Weite des subjektiven Tatbestands das Recht des Strafverteidigers gefährden, seine berufliche Leistung in angemessenem Umfang wirt-schaftlich zu verwerten. Die Wirkungen der Strafdrohung können außerdem geeignet sein, das Entstehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Strafverteidiger und Mandant, das eine unverzichtbare Grundlage für eine effektive Verteidigung ist, zu stören und Kollisionen zu erzeugen, die den Strafverteidiger daran hindern können, die Interessen seines Mandanten wirksam zu vertreten. Wird die Bestimmung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB uneingeschränkt auf den Strafverteidiger wie auf die Angehörigen anderer Berufsgruppen angewendet, so ist fraglich, ob ein Mandant noch auf die Verschwiegenheit seines Verteidigers zählen kann. Im Interesse des Selbstschutzes wird der Mandant von einer offenen und freien Kommunikation mit seinem Verteidiger absehen. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsmaßnahmen gegen den Strafverteidiger wie etwa eine Kanzleidurchsuchung und Beschlagnahme der Handakten kön-nen das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant noch tiefergreifend stören.
Die Gefahr möglicher eigener Strafbarkeit kann für den Verteidiger zu einem Interessenkon-flikt führen, der ihn daran hindern kann, die ihm von Verfassungs wegen anvertraute Aufgabe der Interessenwahrnehmung für den Beschuldigten zu erfüllen. Muss er bei einem Wahlman-dat mit eigener Strafverfolgung wegen Geldwäsche rechnen, wird er neben den Interessen des Mandanten zum Schutz vor eigener Strafverfolgung auch seine eigenen Belange berücksichti-gen müssen. Effektive Strafverteidigung ist unter diesen Bedingungen nicht mehr gewährleis-tet.
Vom Strafverteidiger kann nicht uneingeschränkt erwartet werden, dass er dieser durch den Strafgesetzgeber geschaffenen Gefahrenlage mit der Niederlegung des Wahlmandats und der Pflichtverteidigerbeiordnung begegnet. Pflichtverteidigung ist ein Sonderopfer des Strafver-teidigers im öffentlichen Interesse. Die Niederlegung des Mandats und die Bestellung des gewählten Verteidigers zum Pflichtverteidiger gleichen den Verlust der Berufsausübungsfrei-heit nicht aus, sondern verdeutlichen ihn.
Bei weiter Auslegung des Straftatbestandes des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB wäre der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Strafverteidigers unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Einführung und Erweiterung des Straftatbestands der Geld-wäsche unter anderem das Ziel, die organisierte Kriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen. (...)
Die Strafandrohung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB dient mit dieser Zielsetzung wichtigen Ge-meinwohlbelangen und ist zur Erreichung des ihr gesetzten Zwecks im Grundsatz geeignet und erforderlich. Für den Adressatenkreis der Strafverteidiger würde die uneingeschränkte Anwendung dieser Strafbestimmung jedoch gegen das Übermaßverbot verstoßen. (...)
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit fordert jedoch keine völlige Freistellung des Strafverteidigers von der Strafdrohung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Weder das Grundrecht der Be-rufsausübungsfreiheit noch die Garantie der freien Wahl eines Strafverteidigers in einem fai-ren Strafverfahren rechtfertigen die Freistellung eines Strafverteidigers vom Verbot der Geldwäsche, wenn dieser sich bemakeltes Geld bewusst verschafft und damit seine privile-gierte Verteidigerstellung zur Geldwäsche missbraucht.
§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB kann verfassungskonform einengend ausgelegt werden. Die Annah-me eines Honorars oder Honorarvorschusses durch einen Strafverteidiger ist nur dann mit Strafe bedroht, wenn der Strafverteidiger im Zeitpunkt der Annahme sicher weiß, dass das Geld aus einer Katalogtat stammt. Zu Nachforschungen über die legalen oder illegalen Ein-nahmequellen des Mandanten ist der Strafverteidiger nicht verpflichtet. Darauf, ob das Wis-sen des Strafverteidigers auf einem Geständnis seines Mandanten oder auf anderen Quellen beruht, kommt es nicht an.
Damit steht zugleich fest, dass § 261 Abs. 5 StGB, der in subjektiver Hinsicht Leichtfertigkeit genügen lässt, auf die Honorarannahme durch Strafverteidiger keine Anwendung finden kann.
Den verbleibenden Gefahren für die Berufsausübungsfreiheit des Strafverteidigers und das Institut der Wahlverteidigung können und müssen die mit der Umsetzung der materiellen Norm betrauten Staatsanwaltschaften und Gerichte Rechnung tragen. Sie sind verpflichtet, auf die besondere Stellung des Strafverteidigers angemessen Rücksicht zu nehmen. So setzt der Anfangsverdacht der Geldwäsche durch einen Strafverteidiger auf Tatsachen beruhende, greifbare Anhaltspunkte für die Annahme voraus, dass der Strafverteidiger zum Zeitpunkt der Honorarannahme bösgläubig war. Darauf können etwa die außergewöhnliche Höhe des Hono-rars oder die Art und Weise der Erfüllung der Honorarforderung hinweisen. Auch die Fachge-richte müssen der besonderen Rolle der Strafverteidiger bei der ihnen anvertrauten Aufgabe der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung angemessen Rechnung tragen.

(Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgericht Nr. 36/2004 vom 30.03.2004; die Entscheidung ist im Volltext im Internet unter www.bverfg.de./entscheidungen abrufbar.)

Der Gebührentatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO setzt, so der BGH, grundsätzlich die Erörterung der Sache in einem gerichtlichen Termin voraus. Zwar bestehe nach § 278 Abs. 6 ZPO die Möglichkeit, einen gerichtlichen Vergleich in der Weise zu schließen, dass die Parteien, nachdem sie fernmündlich die Sach- und Rechtslage erörtert haben, einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt eines solchen Vergleichs durch Beschluss feststellt. Dieses Verfahren sei aber nicht vergleichbar mit dem Fall, dass die Parteien nach einer die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auslösenden Erörterung der Sache im gerichtlichen Termin den Prozess durch einen Vergleich beenden, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Ein Telefongespräch, das ohne räumliche und zeitliche Bindung und dem mit dem Weg zum Gericht verbundenen Zeitaufwand geführt werden kann, entspreche nicht dem mit der Erörterung im Gerichtssaal verbundenen Arbeitsaufwand der Prozessvertreter. Hiergegen könne auch nicht eingewandt werden, dass für die in § 128 a ZPO vorgesehene Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung eine Verhandlungsgebühr verlangt werden könne. Vielmehr sei auch im Fall des § 128 a ZPO das Erscheinen der Parteien am Übertagungsort zu der zur Verhandlung bestimmten Zeit erforderlich.
Es sei auch nicht so, dass der Gesetzgeber es versäumt habe, § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO im Hinblick auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO insoweit anzugleichen, dass auch in Fällen, in denen die Parteivertreter nicht vor Gericht auftreten, die Erörterungsgebühr bei telefonischer Erörterung entsteht. Selbst das RVG sehe nämlich keinen weiteren Vergütungstatbestand vor. Bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach § 128 Abs. 6 ZPO entstehe neben der Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) die Verhandlungsgebühr (Nr. 3101 VV), nicht jedoch die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV).
Auch die Voraussetzungen des § 35 BRAGO seien im vorliegenden Fall zu verneinen, weil es zur Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO nach dem gesetzlichen Leitbild gerade keiner mündlichen Verhandlung bedürfe und es sich hierbei auch nicht um eine gerichtliche Ent-cheidung handele.

(Fundstelle: AGS 2004, S. 231)

Der Gebührentatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO setzt, so der BGH, grundsätzlich die Erörterung der Sache in einem gerichtlichen Termin voraus. Zwar bestehe nach § 278 Abs. 6 ZPO die Möglichkeit, einen gerichtlichen Vergleich in der Weise zu schließen, dass die Parteien, nachdem sie fernmündlich die Sach- und Rechtslage erörtert haben, einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt eines solchen Vergleichs durch Beschluss feststellt. Dieses Verfahren sei aber nicht vergleichbar mit dem Fall, dass die Parteien nach einer die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auslösenden Erörterung der Sache im gerichtlichen Termin den Prozess durch einen Vergleich beenden, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Ein Telefongespräch, das ohne räumliche und zeitliche Bindung und dem mit dem Weg zum Gericht verbundenen Zeitaufwand geführt werden kann, entspreche nicht dem mit der Erörterung im Gerichtssaal verbundenen Arbeitsaufwand der Prozessvertreter. Hiergegen könne auch nicht eingewandt werden, dass für die in § 128 a ZPO vorgesehene Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung eine Verhandlungsgebühr verlangt werden könne. Vielmehr sei auch im Fall des § 128 a ZPO das Erscheinen der Parteien am Übertagungsort zu der zur Verhandlung bestimmten Zeit erforderlich. Es sei auch nicht so, dass der Gesetzgeber es versäumt habe, § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO im Hinblick auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO insoweit anzugleichen, dass auch in Fällen, in denen die Parteivertreter nicht vor Gericht auftreten, die Erörterungsgebühr bei telefonischer Erörterung entsteht. Selbst das RVG sehe nämlich keinen weiteren Vergütungstatbestand vor. Bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach § 128 Abs. 6 ZPO entstehe neben der Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) die Verhandlungsgebühr (Nr. 3101 VV), nicht jedoch die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV). Auch die Voraussetzungen des § 35 BRAGO seien im vorliegenden Fall zu verneinen, weil es zur Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO nach dem gesetzlichen Leitbild gerade keiner mündlichen Verhandlung bedürfe und es sich hierbei auch nicht um eine gerichtliche Ent-cheidung handele. (Fundstelle: AGS 2004, S. 231)

BRAGO §§ 35, 31 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4; ZPO § 278 Abs. 6

Die außerhalb eines gerichtlichen Termins geführte Auseinandersetzung und Verhandlung der Parteien und ihrer Vertreter vor einem Vergleichsschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO werden durch die Prozessgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten und lösen keine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO aus. Münden sie in einen den Rechtsstreit beendenden Vergleich, erhält der Anwalt darüber hinaus die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO.

BGH, B. v. 30.3.2004 - VI ZB 81103 Der Gebührentatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO setzt, so der BGH, grundsätzlich die Erörterung der Sache in einem gerichtlichen Termin voraus. Zwar bestehe nach § 278 Abs. 6 ZPO die Möglichkeit, einen gerichtlichen Vergleich in der Weise zu schließen, dass die Parteien, nachdem sie fernmündlich die Sach- und Rechtslage erörtert haben, einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt eines solchen Vergleichs durch Beschluss feststellt. Dieses Verfahren sei aber nicht vergleichbar mit dem Fall, dass die Parteien nach einer die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auslösenden Erörterung der Sache im gerichtlichen Termin den Prozess durch einen Vergleich beenden, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Ein Telefongespräch, das ohne räumliche und zeitliche Bindung und dem mit dem Weg zum Gericht verbundenen Zeitaufwand geführt werden kann, entspreche nicht dem mit der Erörterung im Gerichtssaal verbundenen Arbeitsaufwand der Prozessvertreter. Hiergegen könne auch nicht eingewandt werden, dass für die in § 128 a ZPO vorgesehene Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung eine Verhandlungsgebühr verlangt werden könne. Vielmehr sei auch im Fall des § 128 a ZPO das Erscheinen der Parteien am Übertagungsort zu der zur Verhandlung bestimmten Zeit erforderlich.
Es sei auch nicht so, dass der Gesetzgeber es versäumt habe, § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO im Hinblick auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO insoweit anzugleichen, dass auch in Fällen, in denen die Parteivertreter nicht vor Gericht auftreten, die Erörterungsgebühr bei telefonischer Erörterung entsteht. Selbst das RVG sehe nämlich keinen weiteren Vergütungstatbestand vor. Bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nach § 128 Abs. 6 ZPO entstehe neben der Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) die Verhandlungsgebühr (Nr. 3101 VV), nicht jedoch die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV).
Auch die Voraussetzungen des § 35 BRAGO seien im vorliegenden Fall zu verneinen, weil es zur Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO nach dem gesetzlichen Leitbild gerade keiner mündlichen Verhandlung bedürfe und es sich hierbei auch nicht um eine gerichtliche Ent-cheidung handele.

(Fundstelle: AGS 2004, S. 231)

BRAGO §§ 12 Abs. 1, 118 Abs. 1 Nr. 1

Liegen die Einkommensverhältnisse des Auftraggebers über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, dann kann die Gesamtschau der Bemessenskriterien des § 12 Abs. 1 BRAGO dazu führen, dass eine 8/ 10-Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angemessen ist.

AG Ettlingen, U. v. 23.3.2004 - 1 C494103 (Fundstelle: AGS 2004, 190 f.)

PartGG § 2; BORA § 9; BRAO § 59 k
1. Die Aufnahme einer Fantasiebezeichnung in den Namen einer Partnerschaft verstößt nicht gegen § 2 PartGG.
2. Der Vorschrift des § 9 BORA ist kein Verbot der Verwendung einer Fantasiebe-zeichnung als Teil einer Kurzbezeichnung bei gemeinschaftlicher Berufsausübung im Sinne dieser Vorschrift zu entnehmen.
3. Der spezielle Regelungsgehalt des § 59 k BRAO steht einer analogen Anwendung der Bestimmung auf den Bereich der sonstigen Zusammenschlüsse von Rechtsan-wälten entgegen.

BGH, Urt. v. 11.03.2004 - I ZR 62/01 (OLG Karlsruhe) Nach Ansicht des BGH ist die Namensgebung „artax Steuerberater - Rechtsanwälte Partner-schaft A.-B.-H.-L.-S.“ einer aus Steuerberatern und Rechtsanwälten bestehenden Partner-schaft nicht zu beanstanden.
Die Aufnahme einer Fantasiebezeichnung in den Namen verstoße nicht gegen § 2 PartGG, da diese Bestimmung für Sach- oder Fantasiebezeichnungen keine Regelungen enthalte.
Ebenso ergebe sich aus § 9 BORA keine Grundlage für ein Verbot. Ihr sei lediglich zu entnehmen, dass die Verwendung von Namen in der Kurzbezeichnung geboten ist. Dies lege es zwar nahe, dass die Verwendung allein einer Sach- oder Fantasiebezeichnung als Kurzbe-zeichnung nicht gestattet sei. Ein Verbot der Verwendung einer Fantasiebezeichnung als Teil der Kurzbezeichnung bei beruflicher Zusammenarbeit sei § 9 BORA aber nicht zu entneh-men. Zweck der dort getroffenen Regelung sei es, dass jeder im Rechtsverkehr erkennen kön-ne, mit wem er es zutun habe, wer Rechtsberatung anbietet oder als Vertreter gegnerischer Interessen auftritt. Dieser Regelungszweck werde durch die Verwendung einer Fantasiebe-zeichnung neben Namen in der Kurzbezeichnung nicht in Frage gestellt. Eine analoge Anwendung des § 59 k BRAO scheide auf Grund des speziellen Regelungsge-halts der Norm, die nur die Firma einer Rechtsanwaltsgesellschaft im Sinne der § 59 c ff. BRAO erfasst, aus.
Die Aufnahme von „artax“ verstoße, soweit dem eine werbende Wirkung zukommt, auch nicht gegen das Sachlichkeitsgebot des § 43 b BRAO, sondern falle in den Rahmen einer zu-lässigen Selbstdarstellung.
Eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG durch die Namenswahl sei ebenfalls zu verneinen. Eine Irreführung hinsichtlich der geschäftlichen Verhältnisse und insbesondere hinsichtlich der Geschäftstätigkeit sei angesichts der weiteren Bestandteile des Namens ausgeschlossen.

(Fundstelle: NJW 2004, 1651 f.)

Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehe, so das Gericht, eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Streitbeilegung. Zu einem solchen Güteversuch zähle die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO. Die Erörterungsgebühr solle den Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts abgelten, der dadurch entstehe, dass zu einem Vergleich vor Stellung der Anträge vor Gericht verhandelt werde. Gerade im Zusammenhang mit der Güteverhandlung werde die Sache regelmäßig bereits erörtert. Ohne eine solche Erörterung ließe sich das Ziel einer gütlichen Streitbeilegung schwerlich erreichen. Da der Rechtsanwalt im Ergebnis einen ähnlichen Aufwand wie bei streitiger Verhandlung habe, entspreche es Wortlaut und Sinn des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO, ihm dafür die Erörterungsgebühr zuzusprechen. Zwar könne in der Güteverhandlung nicht streitig verhandelt werden, im Falle des Scheiterns schließe sich jedoch die streitige Verhandlung in der Regel an. Für dieses Ergebnis lasse sich überdies anführen, dass die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO derjenigen des § 54 Abs. 1 ArbGG nachgebildet sei. Für die arbeitsgerichtliche Güterverhandlung sei zumindest in Folge der dazu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1993, S. 996) anerkannt, dass sie eine Erörterungsgebühr auslösen könne (LAG Hamm, MDR 1993, S. 657).

ZPO § 278 Abs. 2, BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4

Die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der gem. § 278 Abs. 2 ZPO der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vorgeschalteten Güteverhandlung lässt eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehen.1)

LG Essen, B. v. 16. Februar 2004 – 4 O 160/03 Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehe, so das Gericht, eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Streitbeilegung. Zu einem solchen Güteversuch zähle die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO. Die Erörterungsgebühr solle den Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts abgelten, der dadurch entstehe, dass zu einem Vergleich vor Stellung der Anträge vor Gericht verhandelt werde. Gerade im Zusammenhang mit der Güteverhandlung werde die Sache regelmäßig bereits erörtert. Ohne eine solche Erörterung ließe sich das Ziel einer gütlichen Streitbeilegung schwerlich erreichen. Da der Rechtsanwalt im Ergebnis einen ähnlichen Aufwand wie bei streitiger Verhandlung habe, entspreche es Wortlaut und Sinn des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO, ihm dafür die Erörterungsgebühr zuzusprechen. Zwar könne in der Güteverhandlung nicht streitig verhandelt werden, im Falle des Scheiterns schließe sich jedoch die streitige Verhandlung in der Regel an.

Für dieses Ergebnis lasse sich überdies anführen, dass die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO derjenigen des § 54 Abs. 1 ArbGG nachgebildet sei. Für die arbeitsgerichtliche Güterverhandlung sei zumindest in Folge der dazu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1993, S. 996) anerkannt, dass sie eine Erörterungsgebühr auslösen könne (LAG Hamm, MDR 1993, S. 657).

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