1.      Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtsuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.   2.      Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht zu. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar.   3.      Das Verfahren kann sich für einen Beteiligten auch allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Jeder der genannten Umstände kann also die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich machen.   4.      Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten.  Auch wenn der Grundsatz der Waffengleichheit kein allein entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenkostenhilfe mehr ist, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung anderer Beteiligter ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein. Leitsatz des Gerichts

FamFG § 78; ZPO § 121 Abs. 2

Anwaltsbeiordnung in Familiensachen

BGH, Beschl. v. 23.06.2010 – XII ZB 232/09 Fundstelle: RVGreport, 2010, S. 355 f.

 

 

1.      Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, ist dem Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich ist. Entscheidend ist dabei, ob ein bemittelter Rechtsuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.

 

2.      Die gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht zu. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar.

 

3.      Das Verfahren kann sich für einen Beteiligten auch allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer schwierigen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Jeder der genannten Umstände kann also die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich machen.

 

4.      Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten.

 

Auch wenn der Grundsatz der Waffengleichheit kein allein entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenkostenhilfe mehr ist, kann der Umstand der anwaltlichen Vertretung anderer Beteiligter ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein.

 

Leitsatz des Gerichts

Übersteigt der Wert des Gegenstands einer Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten 200,00 € nicht, ist dem Rechtsbeschwerdegericht trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Entscheidung in der Sache im Hinblick auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verwehrt.Leitsatz der Schrifleitung der AGS

ZPO §§ 567 Abs. 2, 574 Abs. 3 S. 2

Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde trotz Rechtsmittelzulassung

BGH, Beschl. v. 22.06.2010 – VI ZB 10/10 Fundstelle: AGS 2010, S. 459

Übersteigt der Wert des Gegenstands einer Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten 200,00 € nicht, ist dem Rechtsbeschwerdegericht trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Entscheidung in der Sache im Hinblick auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verwehrt.

Leitsatz der Schrifleitung der AGS


OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.06.2010 – 9 WF 4/10 Fundstelle: RVGreport 2010, S. 356 f.

In einer selbstständigen Umgangsrechtssache, die einfach gelagert ist und keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, kommt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht.

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

EStG §§ 15 Abs. 3 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3

Berufsbetreuer erzielen Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit

Anmerkung:

Die Änderung in der Rechtsprechung des BFH geht einher mit einem Übergang der Zuständigkeit für Fragen der Besteuerung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von dem IV. Senat des BFH auf den nunmehr zuständigen VIII. Senat.

Die bisherige BFH-Rechtsprechung hatte die Berufsbetreuertätigkeit als gewerbliche und nicht als sonstige selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesehen, weil diese Vorschrift nur vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasse. Die Tätigkeit eines berufsmäßigen Betreuers erfüllte nach der bisherigen Rechtsprechung diese Voraussetzung aber nicht, da sie nicht nur Vermögensfragen, sondern auch persönliche Angelegenheiten (z. B. Gesundheitsangelegenheiten) umfasst.

Nach der Auffassung des VIII. Senats des BFH ist zwar eine Betreuertätigkeit nicht als typische anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen, da sie keine spezifischen juristischen Kenntnisse und keine juristische Ausbildung voraussetze und die Tätigkeit aufgrund gerichtlicher Bestellungen und nicht aufgrund eines anwaltlichen Mandats ausgeübt werde.

Auch bestimme sich die Vergütung dementsprechend nach Regelungen des Betreuungsrechts und nicht nach dem anwaltlichen Gebührenrecht.

Die Berufsbetreuung sei aber den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen, da § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nur eine Auflistung von Regelbeispielen, nicht aber einen abschließenden Katalog enthalte. Weitere Tätigkeiten fallen danach in den Anwendungsbereich der Regelung, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen ähnlich sind. Auf dieser Grundlage sei die Tätigkeit eines Berufsbetreuers § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen, weil sie ebenso wie die dort bezeichneten Regelbeispiele berufsbildtypisch durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt sei.

Trockel, Geschäftsführer

 

 

 

RVG §§ 56 Abs. 2 S. 1, 2. Hs.; 33 Abs. 4 S. 3; ZPO § 574

Keine Rechtsbeschwerde gegen Festsetzung der PKH-Vergütung

BGH, Beschl. v. 09.06.2010 – XII ZB 75/10 Fundstelle: AGS 2010, S. 387

In Festsetzungssachen über die Vergütung, die einem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlen ist, findet die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statt.

Leitsatz der Schrifleitung der AGS

Allein durch die in einem Prozessvergleich enthaltene allgemeine Abgeltungsklausel, wonach mit Zahlung des Vergleichsbetrags alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien ausgeglichen sind, wird die im zugrunde liegenden Rechtsstreit als Nebenforderung geltend gemachte vorgerichtliche Geschäftsgebühr nicht im Sinne von § 15 a Abs. 2 RVG tituliert.Leitsatz des Gerichts

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