BRAO § 43 b

Anwaltliche Werbung

AGH NRW, Beschluss vom 03.06.2016 - AGH 1/16

Fundstelle: Bisher nicht veröffentlicht.

 

 

1.    Die Werbung mit der Selbstverständlichkeit, dass ein Rechtsanwalt Mitglied der örtlich für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer ist, stellt keinen Berufspflichtverstoß dar. Denn Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist nicht per se, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung der Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise unzulässig.3

 

2.    Es ist zulässig, für die anwaltliche Erstberatung eine Gebührenvereinbarung zu treffen, wonach diese unentgeltlich erfolgt. Daraus folgt auch, dass die Werbung mit einer solchen Gebührenpraxis zulässig ist.3

 

3.    Ein Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, auf Briefbögen oder im Internet und damit auch nicht in Zeitungsanzeigen, zwischen seinem Hauptsitz und einer Zweigstelle zu differenzieren. Die Angabe lediglich der Anschriften ist damit zulässig.

 

4.    Die Rechtsanwaltschaft darf unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären.

 

5.    Mit der Stellung eines Rechtsanwalts ist im Interesse des rechtsuchenden Bürgers eine Werbung nicht vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Anwalts sowie dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen eines Mandats nichts mehr zu tun hat. Verboten werden können danach unter anderem Werbemethoden, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich am Gewinn orientierten Verhaltens sind.

 

6.    Die Grenzen zulässiger Werbung sind überschritten, wenn die Werbung darauf abzielt, gerade durch ihre reißerische oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein etwa vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt oder gar nicht mehr erkennbar ist.

Derartige Werbemethoden sind geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtsuchender zu beschädigen.

 

 

Leitsatz des Verfassers des KammerReports

 

BGB § 134; BRAO §§ 14 II Nr. 8, 43 a IV, 45 I Nr. 4, 59 c; HGB § 84

Nichtigkeit des Anwaltsvertrags bei Vertretung widerstreitender Interessen

BGH, Urteil vom 12.05.2016 – IX ZR 241/14

Fundstelle: NJW 2016, S. 2561 ff.

 

 

1.    Ein Anwaltsvertrag, mit dessen Abschluss der Rechtsanwalt gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist nichtig.

 

2.    Ein Anwaltsvertrag verstößt nicht deshalb gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, weil der Anwalt im Gebühreninteresse für den Mandanten nachteilige Maßnahmen treffen könnte.

 

 

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 59 a I 1; PartGG §§ 1 I, II, III, 2

Gemeinschaftliche Berufsausübung eines Anwalts mit Arzt und Apotheker

BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - II ZB 7/11

Fundstell: NJW 2016, S. 2263 ff.

 

 

1.    Die Ausübung des selbstständigen Berufs des Apothekers stellt bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne von § 1 I und II PartGG dar.

 

2.    § 59 a I 1 BRAO (in Verbindung mit § 1 III PartGG) enthält eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden darf. Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59 a I 1 BRAO insoweit nichtig, als die Regelung einer  Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht (BVerfG, NJW 2016, 700 Rn. 44-93).

 

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 43

Eingeschränkter Anwendungsbereich der allgemeinen Berufspflicht

AnwG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2016 – III AnwG 7/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 479

 

 

Eine Rechtsanwaltskammer kann die Verletzung rein zivilrechtlicher Pflichten durch einen Anwalt regelmäßig nicht über § 43 BRAO mit einer Rüge ahnden.

 

UWG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3; BRAO § 43 a Abs. 3

Unlautere Presseäußerung des Anwalts zu Lasten eines Anwaltsnotars

BGH, Urteil vom 31.03.2016 - I ZR 160/14

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 478

 

 

 

Der von einem Anwalt in einem Zeitungsartikel gegenüber einem Anwaltsnotar erhobene Vorwurf kriminellen Handelns und einer gezielten Ruinierung von Anlegern kann einen Unterlassungsanspruch wegen Herabwürdigung eines Mitbewerbers begründen.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

 

BORA § 12

Verstoß gegen das Umgehungsverbot

AnwG Hamburg, Beschluss vom 29.03.2016 - III AnwG 10/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 639

 

 

Allein die Tatsache, dass der gegnerische Anwalt nicht per Telefax erreichbar ist, auf eine
E-Mail nicht geantwortet hat und auch sonst telefonisch nicht kontaktiert werden kann, vermag die Umgehung dieses Anwalts nicht zu rechtfertigen.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezaial

 

BRAO § 27

Irreführende Bezeichnung einer Steuerberater- und Anwaltskanzlei

OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.02.2016 - 7 W 129/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 414 f.

 

 

Eine Partnerschaft von Anwälten darf ihre Sozietät nicht als „Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei“ bezeichnen, wenn diese mehrere Kanzleien in verschiedenen Städten unterhält.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

GG Art 3 Abs. 1, 12 Abs. 1; StPO § 146 S.

Unzulässige Mehrfachverteidigung?

BVerfG, Beschluss vom 25.02.2016 - 1 BvR 1042/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 255

 

Legitimer Zweck des Verbots der Mehrfachverteidigung ist es, Interessenkollisionen zu vermeiden, um die Beistandsfunktion eines Verteidigers nicht zu beeinträchtigen.1

 

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

BRAO § 7 Nr. 5

Versagung der Zulassung wegen Unwürdigkeit

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.10.2015 - 1 AGH 25/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 222

 

 

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist wegen Unwürdigkeit abzulehnen, wenn der Bewerber ein Verhalten gezeigt hat, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Umstände wie Zeitablauf und zwischenzeitliche Führung nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

BRAO § 43 a Abs. 3

Versuchter Prozessbetrug

AnwGH Celle, Urteil vom 25.01.2016 - AGH 11/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 350

 

Das Verbot zu lügen ist Ausfluss des Sachlichkeitsgebots und eine der Grundpflichten des Anwalts.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

GG Art. 12 Abs. 1; BRAO § 59 a Abs. 1 S. 

Verbot der PartG von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern ist verfassungswidrig

BVerfG, Beschl. v. 12.01.2016 – 1 BvL 6/13 Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 127

§ 59 a Abs. 1 S. 1 BRAO ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig, soweit Rechtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer Berufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen.

Leitsatz des Gerichts

Anmerkung:

Der Gesetzgeber hat in § 59 a Abs. 1 BRAO den Zusammenschluss von Rechtsanwälten mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse erlaubt. Das BVerfG stellt in seinem Beschluss nunmehr fest, dass eine interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und Ärzten und Apothekern keine so wesentlichen zusätzlichen Risiken für die Einhaltung der anwaltlichen Berufspflichten birgt, dass diese eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den zugelassenen Berufsgruppen rechtfertige.

GG Art. 12; BRAO §§ 31, 31 a, 32, 73 Abs. 1 S. 2, 89 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, 177 Abs. 2 Nr. 7, 178; VwVfG § 37 Abs. 3 S. 1

Umlage zur Finanzierung des elektronischen Rechtsverkehrs (beA)

BGH, Urteil vom 11.01.2016 – AnwZ (Brfg) 33/15

Der Umlagebescheid (beA) 2015 der Rechtsanwaltskammer Hamm ist formell und materiell rechtmäßig.

Leitsatz des Verfassers des KammerReports

 

Anmerkung:

Der BGH hat in seiner Entscheidung das vorangegangene Urteil des AnwGH Nordrhein-Westfalen vom 08.05.2015, 1 AGH 5/15, vollumfänglich bestätigt und festgestellt, dass der Umlagebescheid 2015 der RAK Hamm, mit dem die in der Kammerversammlung am 09.04.2014 beschlossene Umlage in Höhe von € 63,00 zur Finanzierung des elektronischen Rechtsverkehrs geltend gemacht worden ist, formell und materiell rechtmäßig ist.

Der BGH hat in seiner Entscheidung auch festgestellt, dass Aufgabe der Bundesrechtsanwaltskammer die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches ist. Hierzu sei es ihr kraft gesetzlicher Befugnis gestattet die dazu erforderlichen Beiträge von den Rechtsanwaltskammern zu erheben. Von dieser Befugnis hat die Bundesrechtsanwaltskammer zulässig Gebrauch gemacht, indem sie in ihrer 140. Hauptversammlung am 23.05.2014 für das Jahr 2015 einen Beitrag in Höhe von € 63,00 pro Kammermitglied der Rechtsanwaltskammern für den elektronischen Rechtsverkehr beschlossen und den Rechtsanwaltskammern sodann in Rechnung gestellt hat.

Die von der Rechtsanwaltskammer Hamm in ihrer Kammerversammlung am 09.04.2014 beschlossene Umlageordnung, die die Rechtsgrundlage für den Umlagebescheid 2015 darstellt, ist nach Feststellung des BGH ebenfalls formell und materiell wirksam. Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere gegen Art. 12 GG, hat der BGH verneint.

Rechtsanwalt Benedikt Trockel

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