RVG VV Nrn. 2300, 3100; Vorbem. 3 Abs. 4

Anrechnung mehrerer Geschäftsgebühren auf eine Verfahrensgebühr

BGH, Beschluss vom 28.02.2017 - I ZB 55/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 220 ff.

 

 

Fällt die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts mehrfach an und werden die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche im Wege objektiver Klagehäufung in einem einzigen gerichtlichen Verfahren verfolgt, sodass die Verfahrensgebühr nur einmal anfällt, sind alle entstandenen Geschäftsgebühren in der tatsächlichen Höhe anteilig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

 

Leitsatz des Gerichts

 

RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3202

Terminsgebühr für Besprechung zur Erledigung des Verfahrens

LAG Köln, Beschluss vom 28.02.2017 - 12 Ta 314/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 256 ff

 

 

1.   Die Regelung in Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG ist grundsätzlich weit auszulegen. Das Bemühen der Prozessbevollmächtigten um eine außergerichtliche Erledigung soll - auch zur Entlastung der Gerichte - durch das Entstehen der Terminsgebühr bereits für eine außergerichtliche Besprechung honoriert werden. Insofern ist ein Einigungswille keine Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr. Auch ein Telefonat der beteiligten Rechtsanwälte, in dem die Möglichkeit der Erledigung des Rechtsstreits durch Berufungsrücknahme erörtert wird, kann grundsätzlich geeignet sein, eine Terminsgebühr zu begründen.

 

2.   Voraussetzung für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG ist jedoch, dass die außergerichtliche Besprechung „auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet" ist. Dies kann nur angenommen werden, wenn sich beide Gesprächsteilnehmer an der außergerichtlichen Erledigung interessiert zeigen. Das Erledigungsinteresse nur eines Gesprächsteilnehmers ist nicht ausreichend.

 

3.   Lehnt der andere Gesprächsteilnehmer es ab, derzeit über die Erledigung des Rechtsstreits zu sprechen, weil man zunächst die schriftlichen Entscheidungsgründe einer BAG-Entscheidung zu einer vergleichbaren Problematik abwarten und erst dann über eine etwaige Berufungsrücknahme entscheiden möchte, wird durch dieses Gespräch der beteiligten Rechtsanwälte noch keine Terminsgebühr ausgelöst, da es nicht beidseitig auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet war.

 

Leitsätze des Gerichts

 

VwGO §162 Abs. 1

Privatgutachtenkosten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.02.2017 - 4 S 2369/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 184 f.

 

 

Im verwaltungsgerichtlichen, vom Grundsatz der Amtsermittlung geprägten Verfahren sind Aufwendungen für ein Privatgutachten nicht notwendig, wenn ein ohne weitere Sachkunde gestellter Beweisantrag Aussicht auf Erfolg hat.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

ZPO §§ 3, 6; EGZPO § 26 Nr. 8

Streitwert einer Klage auf Einwilligung in die Löschung einer Grundschuld

BGH, Beschluss vom 16.02.2017 - V ZR 165/16

Fundstelle: AGS 2017, S. 333 f.

 

 

Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld bemisst sich grundsätzlich auch dann nach dem eingetragenen Nennwert, wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert.

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3

Grundsätze für die Beurteilung der Erfolgsaussichten

BVerfG, Beschluss vom 14.02.2017 - 1 BvR 2507/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 272 f.

 

 

 

 

1.   Einer unbemittelten Partei darf nicht wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsverfolgungsbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert werden, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der unbemittelten Partei ausgehen würde.

 

2.   Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage, die in Rechtsprechung und Fachliteratur umstritten ist, kann nicht als einfach oder geklärt angesehen und bereits im Verfahren der Prozesskostenhilfe zum Nachteil einer unbemittelten Partei beantwortet werden. Dies gilt erst recht, wenn ein Fachgericht insoweit von der Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

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