Jede/r in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin/Rechtsanwalt sowie jede zugelassene Berufsausübungsgesellschaft verfügt über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach, kurz beA. Das System ermöglicht eine sichere elektronische Kommunikation zwischen Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälten und anderen Akteuren des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV).

Die Bestellung von beA-Produkten ist über die durch die Bundesnotarkammer bereitgestellte Plattform Bestellung & Antrag beA | Zertifizierungsstelle (bnotk.de) möglich.
Aktuelle Hinweise sowie Hilfe zur technischen Umsetzung finden Sie auf den Seiten der BRAK oder des beA-Supports.

Nun fehlt nicht mehr viel, und die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (kurz: ERVV) kann in Kraft treten (vgl. bereits beA-Newsletter 43/2017 und beA-Newsletter 40/2017). Der Bundesrat hat der Verordnung in seiner Sitzung am 3.11.2017 zugestimmt, allerdings mit der Maßgabe einiger Änderungen. Die endgültige Form der ERVV, die zum 1.1.2018 in Kraft treten soll, steht damit zwar fest, die Verkündung im Bundesgesetzblatt steht aber noch aus.

Im November werden die besonderen Anwaltspostfächer für zugelassene Syndikusrechtsanwälte erwartet – wir haben davon schon berichtet (beA-Newsletter 38/2017). In diesem Zusammenhang tauchen natürlich immer wieder Fragen auf. Häufig fragen Kolleginnen und Kollegen nach einem „Zulassungswechsel“ vom niedergelassenen Anwalt zum Syndikusrechtsanwalt oder nach der zusätzlichen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt: Was passiert dann mit dem beA?

Sicher werden Sie fragen: ERVV? Was ist das denn nun schon wieder? Die ERVV ist die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV). Sie wird ab 1.1.2018 bundesweit u.a. die Details für das Einreichen elektronischer Dokumente bei Gericht vorgeben und hat ihre Rechtsgrundlage in den einzelnen prozessualen Bestimmungen wie beispielsweise § 130a II 2 ZPO. Mit der Verordnung sollen unter anderem die Dateiformate festgelegt werden, die für die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Gerichte zugelassen sind.

Sie würden niemals einen Schriftsatz blanko unterschreiben? Sehr vernünftig. Aber Ihre beA-Karte mit PIN oder – noch schlimmer – Ihre Signaturkarte mit PIN würden Sie aus der Hand geben? Ist doch praktisch, dann kann Ihre Mitarbeiterin alles erledigen und Sie brauchen nur eine einzige beA-Karte für die ganze Kanzlei anzuschaffen…

Was von dieser Art von Pragmatismus zu halten ist? Ganz einfach: Nichts!

Als Inhaber/in einer beA-Karte sind Sie gesetzlich verpflichtet (§ 26 I RAVPV), die Karte keiner weiteren Person zu überlassen und die dem Zertifikat zugehörige Zertifikats-PIN geheim zu halten. Warum das „Teilen“ von beA-Karte und PIN keine gute Idee ist, haben wir an anderer Stelle schon einmal erläutert. Ab dem 1.1.2018 wird es noch wichtiger, dass nur Sie als Anwältin oder Anwalt Ihre beA-Karte nutzen können: Denn ab diesem Datum wirkt der Versand eines Schriftsatzes aus einem beA heraus (mit einer beA-Karte Basis oder Signatur) nach fast allen Prozessordnungen schriftformersetzend (vgl. § 130a III Alt. 2 ZPO in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung). Das heißt also: Jeder, der Ihre Karte und PIN hat, könnte dann in Ihrem Namen prozessual wirksame Schriftsätze einreichen – ob Sie das so wollen oder nicht.

Übrigens ist das „Teilen“ einer beA-Karte auch deshalb kein schlauer Einfall, weil Sie als Postfachinhaber umfangreiche Berechtigungen besitzen (z.B. Mitarbeiter anlegen oder Nachrichten entfernen) – all diese Berechtigungen könnte dann auch jeder Ihrer Mitarbeiter wahrnehmen.

Bei einer (beA-)Signaturkarte samt PIN ist die Weitergabe an eine dritte Person übrigens kein bisschen besser:

Nach § 126a I BGB kann nämlich die gesetzlich vorgeschriebene Form (bis auf wenige Ausnahmefälle) dadurch ersetzt werden, dass eine qualifizierte elektronische Signatur, kurz: qeS, an das elektronische Dokument angebracht wird. Die qeS ersetzt also die eigenhändige Unterschrift. Überlässt ein Anwalt seine Signaturkarte einem Kanzleimitarbeiter zur Unterzeichnung ist, ein bestimmender Schriftsatz unwirksam. Wiedereinsetzung wird wegen dieses anwaltlichen Organisationsfehlers nicht gewährt (BGH, Beschl. v. 21.12.2010 – VI ZB 28/10).

Dabei ist die Weitergabe einer beA-Karte im Kanzleialltag doch gar nicht notwendig:

Bei entsprechender Rechteverteilung kann Ihr Kanzleipersonal Sie maximal bei der Arbeit mit Ihrem beA unterstützen, ohne dass die beschriebenen Risiken eintreten. Dazu braucht jeder Mitarbeiter eine eigene beA-Karte Mitarbeiter – eine best practise dazu können Sie übrigens hier nachlesen. Die Mitarbeiterkarte genügt auch. Denn eines kann ein Kanzleimitarbeiter ganz sicher nicht: Die anwaltliche Verantwortung für einen Schriftsatz übernehmen. Also sollten Sie auch nicht die Möglichkeit dazu eröffnen, indem Ihr Mitarbeiter mit Ihrer Karte und PIN den Versand aus Ihrem beA anstoßen oder Ihre qeS anbringen kann!

Einer der Vorteile des elektronischen Rechtsverkehrs ist, dass Abschriften von digitalen Dokumenten, beglaubigt wie unbeglaubigt, zukünftig passé sind (vgl. auch § 169 V ZPO i.d.F. ab 1.1.2018). Es gibt nur noch Originale. Es genügt also, den Schriftsatz als Datei einer beA-Nachricht beizufügen. Das regeln schon jetzt explizit beispielsweise die §§ 133 I, 253 V 2 ZPO (vgl. beA-Newsletter 28/2017).

Den Vorteilen – etwa Ersparnis von Zeit-, Porto- und Druckkosten – auf Seiten der Anwaltschaft stehen derzeit aber auch Nachteile auf Seiten der Justiz gegenüber. Denn nimmt die Gegenseite nicht am elektronischen Rechtsverkehr teil (z.B. weil die Partei ab 1.1.2018 anwaltlich nicht vertreten ist), dann muss die Justiz die Abschriften selbst fertigen und diese ggf. (maschinell) beglaubigen (§ 169 II und III ZPO). Dies hat vereinzelt dazu geführt, dass Anwälte bereits heute – fälschlicherweise – mit gerichtlichen Gebühren wie bspw. Dokumentenpauschalen durch die Gerichte konfrontiert werden.

Im Rahmen der Beratungen zum Justizkommunikationsgesetz vom 22.3.2005 hat der Gesetzgeber allerdings klargestellt, dass im Fall der elektronischen Übermittlung von Dokumenten nicht nur die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen nach Nr. 9000 Ziff. 1 des Kostenverzeichnisses des GKG entfalle, sondern auch die Verpflichtung, die Auslagen für den Medientransfer nach Nr. 9000 Ziff. 2 (nunmehr Ziff. 3) des Kostenverzeichnis des Gerichtskostengesetzes zu zahlen (BT-Drs. 15/4067, 31). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut des Auslagentatbestands in Nr. 9000 Ziff. 1 lit. b, wonach die Gebühr nur anfällt, wenn die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen nicht beigefügt wurde.


 

Der verpflichtende elektronische Rechtsverkehr (ERV) hat im Bereich des Mahnverfahrens längst Einzug gehalten. Schon seit Dezember 2008 haben Rechtsanwälte nach § 690 III 2 ZPO die Pflicht, den Mahnantrag in einer nur maschinell lesbaren Form zu übermitteln. Freilich kann im sog. Barcode-Verfahren auch noch das Papier als Datenträger dienen. Dies wird mit Inkrafttreten des § 130d ZPO frühestens zum 1.1.2020 und spätestens zum 1.1.2022 aber auch passé sein - also dann, wenn der ERV vollständig eröffnet ist. Nach dem entsprechenden Datum sind Anträge und Erklärungen nur noch als elektronische Dokumente zu übermitteln.

Ganz en passant wurde § 690 III ZPO durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (s. dazu beA-Newsletter 24/2017 und 28/2017) zum 1.1.2018 aufgehoben. Dafür wurde ab 1.1.2018 eine neue Regelung in § 702 II ZPO n.F. geschaffen, die die Nutzungspflicht für Rechtsanwälte für Anträge und Erklärungen im Mahnverfahren ausweitet: Werden Anträge und Erklärungen, für die maschinell bearbeitbare Formulare nach § 703c I 2 Nr. 1 ZPO eingeführt wurde, von einem Rechtsanwalt übermittelt, ist nur noch diese Form der Übermittlung zulässig.

Nach § 1 der aufgrund von § 703c ZPO ergangenen Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten, wurden für diese Gerichte Vordrucke für folgende Antragsverfahren eingeführt: Antrag auf Erlass des Mahnbescheids bzw. Vollstreckungsbescheids, Widerspruch, Antrag auf Neuzustellung des Mahnbescheids bzw. Vollstreckungsbescheids. Dementsprechend bezieht sich die Nutzungspflicht auf alle diese Erklärungen bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten.

Und was hat das alles mit dem beA zu tun?

Bereits heute können Sie den Mahnantrag elektronisch über Ihr beA an die Mahngerichte übermitteln. Im beA-Newsletter 18/2017 haben wir Ihnen bereits das genaue Vorgehen erläutert (vgl. allgemein zur Umstellung vom EGVP-Client auf beA-Newsletter 3/2016). Vergessen Sie nicht, eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen (vgl. § 690 III 3 ZPO).

Die weiteren Anträge bzw. Erklärungen wie den Widerspruch können Sie derzeit allerdings nur im Barcode-Verfahren übermitteln.

Nach dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (v. 05.07.2017, BGBl. I 2208; BRAK-Nr. 412/2017 v. 17.07.2017) sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte grundsätzlich ab 01.01.2018 verpflichtet, Anträge und Erklä-rungen in nur maschinell lesbarer Form einzureichen, soweit maschinell lesbare Formulare eingeführt sind (§ 702 Abs. 2 ZPO n.F.). Ab 01.01.2020 wird sich die Nutzungsverpflichtung auch auf den Wider-spruch beziehen. Die Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren weist darauf hin, dass das Portal http://www.online-mahnantrag.de/ bereits jetzt Anträge auf Neuzustellung eines Mahnbe-scheids, auf Erlass des Vollstreckungsbescheids und auf Neuzustellung des Vollstreckungsbescheids in maschinell lesbarer Form enthält.

1. Was gibt’s Neues? Neue Funktionen!

 

Als das beA am 28.11.2016 seinen Betrieb aufnahm, waren bereits bestimmte weitere Funktionen geplant. Diese Funktionen stehen nach einem Update der beA-Software bei Erscheinen dieses BRAK-Magazins voraussichtlich bereits zur Verfügung. Weitere Änderungen und Erweiterungen werden sich neben der kommenden Bereitstellung der Postfächer für Syndikusrechtsanwälte mittelfristig insbesondere aufgrund rechtlicher Vorgaben (u. a. aus dem Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie) ergeben. In der neuen Softwareversion des beA gibt es unter anderem …

Das beA steht selbstverständlich allen zugelassenen Rechtsanwälten zur Verfügung. Bislang unterschieden sich allerdings die Regelungen für die elektronische Kommunikation in Zivilsachen ganz erheblich von den Regelungen in Ermittlungs- und Strafverfahren. Das hat sich mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (vgl. hierzu beA-Newsletter 28/2017) nun geändert. Die Regelungen der StPO (für OWi-Verfahren, vgl. den Verweis in § 110b OWiG n.F.) wurden weitgehend an die der anderen Prozessordnungen angeglichen. Ein paar Unterschiede gibt es aber dennoch.

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