Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Beendigung des Auftrages
OLG Hamm, Beschl. v. 24.01.2005 – 23 W 368/04
Fundstelle: RVGreport 2005, S. 230 f.
1. Die Verfahrensgebühr (VV 3100) entsteht bereits dann, wenn der Anwalt irgendeine Geschäftstätigkeit für das Verfahren ausübt. Insoweit finden die nämlichen Grundsätze Anwendung, wie sie bereits für die Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO gegolten haben.
2. Für das erste Stadium der Verfahrensgebühr (VV 3101) ist es nicht erforderlich, dass die Geschäftstätigkeit des Anwalts dem Gericht gegenüber erfolgt.
Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts
OLG Frankfurt, Beschl. v. 05.01.2005 – 5 UF 314/99 Fundstelle: RVGreport 2006, S. 78 Entzieht eine Partei dem ihr im Wege der PKH beigeordneten RA das Mandat, so hat sie nur dann einen Anspruch auf Beiordnung eines anderen Anwalts, wenn für die Aufhebung des Mandatsverhältnisses ein wichtiger Grund bestand.5
Vergütung des Pflichtverteidigers nach RVG gem. § 61 RVG
OLG Schleswig, Beschl. v. 30.11.2004 – 1 Ws 423/04 – Die Vergütung des Strafverteidigers ist nach dem seit dem 01.07.2004 geltenden Recht (RVG) zu berechnen, wenn der Verteidiger nach diesem Stichtag beigeordnet worden ist, auch wenn er vorher als Wahlverteidiger tätig gewesen ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 RVG ist die BRAGO anstelle des seit dem 01.07.2004 geltenden RVG weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung der selben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Stichtag erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Nach dem Gesetzestext scheinen beide Voraussetzungen, unbedingte Auftragserteilung einerseits und gerichtliche Bestellung bzw. Beiordnung andrerseits, alternativ nebeneinander zu bestehen. Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur komme es bei einer Beiordnung als Pflichtverteidiger nach dem 01.07.2004 und vorangegangener Tätigkeit als Wahlverteidiger allerdings, so das OLG Schleswig, allein auf den Zeitpunkt der Bestellung als Pflichtverteidiger an, da die Auftragserteilung durch den Mandanten nur beim Wahlverteidiger eine Rolle spiele. War der Rechtsanwalt vor dem 01.07.2004 bereits Wahlverteidiger und erfolgt die Beiordnung zum Pflichtverteidiger nach dem 01.07.2004, solle der Rechtsanwalt die Vergütung als Wahlverteidiger nach der BRAGO erhalten, während die Vergütung für den Pflichtverteidiger sich nach neuem Recht beurteilen soll.
OLG Celle, Beschl. v. 31.08.2004 – 8 W 271/04 (Fundstelle: RVGreport 2005, 151 f.) Die Kosten einer Bahncard gehören zu den allgemeinen Geschäftskosten und können auch nicht durch pauschalen Aufschlag auf den tatsächlichen Fahrpreis angesetzt werden. 4
Benutze der Rechtsanwalt eine Bahncard im Einzelfalle, könne er, so das OLG Celle, lediglich seinem Auftraggeber den tatsächlichen, also den verminderten Fahrpreis, in Rechnung stellen. Die Kosten für die Anschaffung der Bahncard könnten nicht gesondert berechnet werden. Diese gehörten nämlich zu den allgemeinen Geschäftskosten des RA ohne konkreten Bezug zu einem bestimmten Mandat. Ebenso wenig komme die Umlegung der Kosten der Bahncard durch einen pauschalen Aufschlag von 20 % auf die tatsächlichen Fahrtkosten in Betracht.
Werbung mit gebührenunterschreitender Erstberatungsgebühr im Arbeitsrecht
OLG Hamm, U. v. 03.08.2004 – 4 U 94/041. Die Werbung mit einer Erstberatungsgebühr im Arbeitsrecht von 10,00 bis 50,00 € ist unlauter gem. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie eine unzulässige Gebührenunterschreitung beinhaltet.
2. Ein Arbeitnehmer ist nicht Verbraucher im Sinne der §§ 2, 13 i.V.m. Nr. 2102 VV RVG.
§ 49 b Abs. 1 BRAO untersage, so das OLG Hamm, geringere Gebühren zu vereinbaren oder zu fordern, als nach der Gebührenordnung vorgesehen ist. Die gelte sowohl für den Anwendungsbereich der BRAGO als auch für den des RVG.
Nach § 3 Abs. 5 BRAGO habe der Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten Pauschalgebühren vereinbaren können, die niedriger sein durften als die gesetzlichen Gebühren. Diese Möglichkeit sei aber nicht schrankenlos ausgestaltet und gewährt worden. Gem. § 3 Abs. 5 S. 3 2. Alt. BRAGO habe eine solche Pauschalvergütung vielmehr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen müssen. Dieses angemessene Verhältnis lasse sich bei einem Gebührenrahmen von nur 10,00 € bis 50,00 € nicht mehr verwirklichen. Selbst bei einer Erstberatung sei es nicht belie-big möglich, die Kappungsgrenze zu unterschreiten. Mit der beworbenen Höchstgebühr von 50,00 € werde die Kappungsgrenze so extrem herabgesetzt, dass nicht mehr angemessen auf den Schwierigkeitsgrad der Sache abgestellt werden könne. Damit werde die Wertung des Gesetzgebers in § 20 Abs. 1 S. 2 BRAGO unterlaufen. Die Kappungsgrenze von 180,00 € solle nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 S. 3 BRAGO ihrerseits noch einmal unterschritten werden können, also gerade nicht pauschal, sondern nur unter Berücksichtigung der Leistung, der Verantwortung und des Haftungsrisikos des Rechtsanwalts. Diese Angemessenheitsprüfung habe sich die Antragsgegnerin aber von vornherein abgeschnitten, in dem sie, ohne typisierende Fallgruppen zu bilden, die Kappungsgrenze pauschal auf 50,00 € herabsetze.
Auch mit dem neuen Gebührenrecht des RVG sei die beanstandete Werbung nicht zu vereinbaren. Hinsichtlich der Möglichkeit von Pauschalvereinbarungen habe sich die Rechtslage nicht geändert. Nach § 4 Abs. 2 RVG müsse wie bei § 3 Abs. 5 BRAGO bei herabgesetzten Gebühren weiterhin die Angemessenheit der Herabsetzung berücksichtigt werden. Nach Nr. 2102 VV RVG gebe es den Begriff der Erstberatung allerdings nur noch bei Tätigkeiten für einen Verbraucher. Wer als Verbraucher anzusehen sei, sei in § 13 BGB definiert. Danach sei der Arbeitnehmer, um den es in der beanstandeten Werbung gehe, gerade nicht als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Demnach sei vorliegend grundsätzlich von der gesetzlichen Beratungsgebühr von 0,1 bis 1,0 gem. Nr. 2100 VV RVG auszugehen, so dass der pauschale niedrige Gebührenrahmen mit der extrem niedrigen Kappungsgrenze erst recht dem RVG widerspreche.
Darüber hinaus sei die beanstandete Werbung auch schon deshalb gesetzwidrig, weil es bei der arbeitsrechtlichen Beratung den privilegierten Gebührentatbestand der Erstberatung nicht mehr gebe.