§§ 114 ff., 121, 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; § 7 Abs. 2 Satz 1 HS l RVG
Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei bedürftigem und nicht bedürftigem Streitgenossen
BGH, Beschl. vom  5.2.2019 - II ZB 9/18
Fundstelle: RVGreport 2020, S. 36

Werden zwei Streitgenossen von ein und demselben Prozessbevollmächtigten vertreten, liegen aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, so ist diese Bewilligung hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die für diesen Fall in Nr. 1008 VV RVG vorgesehenen Erhöhungsbeträge zu beschränken.

Leitsatz des Verfassers

 

 

BGB §§ 145 ff., 151 ff., 675
Zustandekommen eines Anwaltsvertrages bei fehlender Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers
BGH, Urt. v. 14.2.2019 - IX ZR 203/18
Fundstelle: AGS 2019, S. 376

1.
Ein Anwaltsvertrag kommt nur bei übereinstimmenden, auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages gerichteten Willenserklärungen der Vertragsparteien zustande. Zwar können die Erklärungen auch in konkludentem Verhalten der Vertragsparteien enthalten sein, wenn das Verhalten des anderen Teils von dem Rechtsanwalt bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben als eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrags gerichtete Willenserklärung aufzufassen war und sein nachfolgendes Verhalten als Annahme des Auftrags gedeutet werden durfte.

2.
Ein Angebot auf Abschluss eines Anwaltsvertrages liegt indes allein durch die Übersendung des Vollmachtformulars nicht vor, wenn das Tätigwerden des Anwalts abhängig gemacht wurde vom Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung unddiese Zusage letztlich nicht erteilt wurde.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

ZPO §§ 8, 9
Beschwer bei Verurteilung zur Räumung und Herausgabe eines Gewerbeobjekts
BGH, Beschl. v. 23.1.2019 - XII ZR 95/17
Fundstelle: AGS 2019, S. 410

Der Wert der Beschwer einer Räumungs- und Herausgabeverurteilung richtet sich gem. § 8 ZPO nach dem Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Miete, maximal nach dem 25fachen Betrags des einjährigen Entgelts. Nur wenn der Beendigungszeitpunkt ungewiss oder sich die streitige Zeit nicht ermitteln lässt, ist § 9 ZPO für die Bemessung der Beschwer entsprechend anwendbar und der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Entgelts anzusetzen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

ARB 1975 § 17 Abs. 2
Kein Freistellungsanspruch bei Abwehrdeckung; Schuldner der Anwaltsvergütung für Stichentscheid
BGH, Beschluss vom 12.12.2018 - IV ZR 216/17
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 314 ff

  1. Erteilt der Rechtsschutzversicherer dem Versicherungsnehmer Abwehrdeckung, durch die die von dem Rechtsanwalt geltend gemachte Vergütung abgewehrt werden soll, kommt ein Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Rechtsschutzversicherer derzeit nicht in Betracht.

  2. In einem solchen Fall ist die Klage auf Freistellung von Vergütungsforderungen nach Zusage von Abwehrdeckung als derzeit unbegründet abzuweisen.

  3. Schuldner der Vergütung des Rechtsanwalts des Versicherungsnehmers für einen Stichentscheid ist nicht der Rechtsschutzversicherer, sondern der Versicherungsnehmer.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

RVG §§ 8 Abs. 1 S. 1, 9, 10, 14 Abs. 2, 23 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1; VV RVG Nr. 2300; BGB §§ 675, 666, 667 BGB
Rückzahlung nicht abgerechneter Vorschüsse
BGH, Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 208 ff.

  1. Der Rechtsanwalt ist nach Kündigung des Mandats vertraglich verpflichtet, erhaltene Vorschüsse abzurechnen.

  2. Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, erhaltene und nicht verbrauchte Vorschüsse nach Kündigung des Mandats an den Mandanten zurückzuzahlen.

  3. Der Rechtsanwalt ist nicht allein deshalb zur Rückzahlung geforderter und erhaltener Vorschüsse verpflichtet, weil er pflichtwidrig keine den gesetzlichen Anforderungengenügende Rechnung erstellt und dem Mandanten mitgeteilt hat.

 Leitsatz des Gerichts

VV RVG Nrn. 2300, 2301; BGB §§ 254, 286 ff., 683 S. 1, 670; StGB 263 Abs. 1
Anwaltsvergütung und Kostenerstattung bei Masseninkasso
BGH, Urteil vom 14.03.2019 - 4 StR 426/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 295 ff.

 

  1. Ein Rechtsanwalt hat Anspruch auf die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG, wenn er beauftragt wird, die Forderung des Mandanten außergerichtlich durchzusetzen, sie zu überprüfen und seinen Auftraggeber auch insoweit zu beraten.

 

  1. Beschränkt sich jedoch der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag darauf, ein Schreiben einfacher Art zu erstellen, das weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält, steht ihm nach Nr. 2301 VV RVG die Geschäftsgebühr lediglich mit einem Gebührensatz von 0,3 zu. Maßgeblich für die Bestimmung dieser Gebühr ist allerdings nicht die Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen, sondern der Inhalt des ihm erteilten Auftrags.

 

  1. Fehlt es an einem Auftrag, so beschränkt sich der Aufwendungsersatzanspruch des Rechtsanwalts aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf eine 0,3 Geschäftsgebühr nach
    Nr. 2301 VV RVG, wenn die Mahnschreiben weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthalten.

 

  1. Der Rechtsverkehr entnimmt in dem Einfordern einer konkreten anwaltlichen Gebühr - hier 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG - die Erklärung, die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Gebühr seien erfüllt.

 

  1. Die Forderungsbeitreibung durch einen Rechtsanwalt, der nach den erfolglosen Bemühungen des Gläubigers selbst und zweier Mahnschreiben eines Inkassounternehmens tätig wird, kann gegen die zivilrechtliche Schadensminderungspflicht nach
    § 254 Abs. 2 BGB verstoßen.

 

  1. Ein Rechtsanwalt, der mittels seiner Büroorganisation voll automatisiertes Mengeninkasso durch massenhafte Versendung standardisierter Mahnschreiben betreibt, übt ein rein kaufmännisches Inkasso und keine Anwaltstätigkeit aus.


    Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

 

ZPO §§ 91 Abs. 1, 788 Abs. 1 S. 1
Kosten des Drittschuldnerprozesses
BGH, Beschluss vom 03.04.2019 – VII ZB 58/18
Fundstelle: RVGreport 2019, S. 265 ff.

Die Festsetzungsfähigkeit der durch den Drittschuldnerprozess angefallenen Kosten erfordert keinen Nachweis des Gläubigers über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegenüber dem Drittschuldner (Klarstellung zu BGH, Beschl. v. 14.01.2019 – VII ZB 79/09).

Leitsatz des Gerichts

 

 

EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1
Beschwer bei Abweisung einer Klage auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen
BGH, Beschl. v. 7.1.2019 - VIII ZR 112/18
Fundstelle: AGS 3/2019, s. 112

Die Beschwer bei Abweisung einer Klage auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen bemisst sich nach dem dreieinhalbfachen Jahreswert der zu erwartenden Mieterhöhung.3

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG §§ 2 Abs. 1, 23 Abs. 1, 33 Abs. 1
Gegenstandswert eines Adhäsionsverfahren bei Geltendmachung eines künftigen Schadens
BGH (2. Strafsenat), Beschl. v. 6.6.2018 - 2 StR 337/14 Fundstelle: AGS 2/2019, S. 75

Wird im Adhäsionsverfahren die Feststellung der Haftung für künftige Schäden begehrt, hängt der Gegenstandswert davon ab, wie hoch der drohende Schaden bzw. das Risiko eines künftigen Schadens und einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Angeklagten ist.

Leitsatz der Schirftleitung der AGS

 

 

§ 788 Abs. l Satz 1 ZPO

Anwaltskosten bei Räumung einer Mietwohnung

BGH, Beschl. v. 17.10.2018 - I ZB 13/18

Fundstelle: RVGreport 2/2019, S. 67 ff.

 

 

 

1.    Verpflichtet sich der Schuldner in einem Räumungsvergleich, das gemietete Anwesen bis zu einem bestimmten Tag zu räumen und an den Gläubiger herauszugeben, so muss der Schuldner bei Nichterfüllung oder nicht vollständiger Erfüllung seiner Verpflichtung mit der Vollstreckung durch den Gläubiger rechnen. Der Gläubiger ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, dem Schuldner eine weitere Frist zur (vollständigen) Räumung zu setzen.

2.    Zieht der Schuldner zwar aus den gemieteten Räumlichkeiten aus, hinterlässt er jedoch einige ihm gehörende Gegenstände in den Räumlichkeiten und behält er den Schlüssel für das Anwesen, so ist der Auftrag des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher, mit der Räumungsvollstreckung zu beginnen, notwendig. Die hierdurch entstandenen Anwaltskosten sind dann erstattungsfähig.

3.    Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger über einen Zweitschlüssel für die Räumlichkeiten verfügt.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGReports

 

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