Gebührenforderungen von Rechtsanwälten unterliegen grundsätzlich der Pfändung. Die in § 49 b IV BRAO normierte Einschränkung der Abtretung solcher Forderungen führt nicht zu einer Unübertragbarkeit i. S. von § 851 I ZPO. Aufgrund von rückständigen Steuerschulden erließ das Finanzamt Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, mit denen anwaltliche Honorarforderungen gepfändet und die Einziehung dieser Forderungen angeordnet wurden. Dem Antrag, gemäß §§ 69 Abs. 4 FGO die Vollziehung der Verwaltungsakte auszusetzen, gab das FG statt. Nach Ansicht des BFH zu Unrecht, da ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte bei der im Verfahren die Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung nicht anzunehmen seien. Vielmehr sei von einer Pfändbarkeit der Honorarforderungen aus anwaltlicher Tätigkeit auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BGH begründe die in § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO normierte Einschränkung der Abtretung nicht zugleich eine Unübertragbarkeit im Sinne von § 851 Abs. 1 ZPO (BGHZ 141, 173 = NJW 1999, 1.544, sowie BGH, NJW-RR 2004, 54) die einer Pfändung entgegenstehe. Denn § 851 Abs. 1 ZPO beziehe sich nur auf Fälle, in denen die Unübertragbarkeit auf einem Abtretungsverbot oder dem Umstand beruhe, dass der Gläubigerwechsel zu einer Änderung des Leistungsinhalts oder zu einer Vereitelung einer rechtlich gesicherten Zweckbindung führe. Dagegen könne in Fällen, in denen eine Abtretung – wie in § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO – nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet werde, erst eine Auslegung des beschränkenden Gesetzes ergeben, ob es sich zwingend auch gegen eine Pfändbarkeit richte. Ausweislich der Gesetzesbegründung solle mit der grundsätzlichen Untersagung der Abtretung von nicht titulierten Gebührenansprüchen an Personen, die nicht einer Rechtsanwaltskammer angehören, die Beachtung der beruflichen Verschwiegenheitspflichten auch bei der Durchsetzung von Honorarforderungen sichergestellt werden (BT-Dr 12/4993, S. 31). Denn gemäß § 402 BGB sei der bisherige Gläubiger verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen. Im Gegensatz zur Abtretung einer Forderung begebe sich der bisherige Gläubiger bei einer Forderungspfändung aber nicht freiwillig in eine drohende Pflichtenkollision, deren Vermeidung in sein Belieben gestellt wäre. Vielmehr werde dem Vollstreckungsschuldner in Folge der Pfändung und Überweisung einer Forderung gemäß § 836 Abs. 3 ZPO eine gesetzlich angeordnete Auskunftspflicht auferlegt. Auf die uneingeschränkte Preisgabe von schutzwürdigen persönlichen Daten des Mandanten erstrecke sie sich aber nicht. Allerdings könne der Gläubiger im Verfahren nach § 807 Abs. 1 ZPO Angaben zur gepfändeten Forderung erzwingen. Sie beschränkten sich aber lediglich auf Namen und Anschrift des Drittschuldners, den Grund der Forderung und die Beweismittel. Hinter der umfassenden Informationspflicht aus § 402 BGB blieben die Anforderungen der gesetzlich angeordneten Offenbarungspflicht weit zurück. Das überwiegende Schrifttum sowie die Rechtsprechung würden in § 807 ZPO einen Rechtfertigungsgrund sehen, der die Offenbarung nicht als unbefugt im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB erscheinen lasse. Im Rahmen der summarischen Prüfung könne der Senat die Frage unbeantwortet lassen, ob durch Befolgung der gesetzlichen Offenbarungspflicht auch weitergehende Angaben – evtl. in einem Verfahren nach 836 Abs. 3 ZPO – gerechtfertigt sein könnten, so dass die Preisgabe dieser Informationen ebenfalls nicht als unbefugt im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB anzusehen wäre.

ZPO §§ 851 I, 836 III, 807 I; BRAO § 49 b IV; StGB § 203

Pfändbarkeit anwaltlicher Gebührenforderungen

BFH, Beschl. v. 01.02.2005 – VII B 198-04 (FG Sachsen-Anhalt) (Fundstelle: NJW 2005, 1308 f.)

Gebührenforderungen von Rechtsanwälten unterliegen grundsätzlich der Pfändung. Die in § 49 b IV BRAO normierte Einschränkung der Abtretung solcher Forderungen führt nicht zu einer Unübertragbarkeit i. S. von § 851 I ZPO.

Aufgrund von rückständigen Steuerschulden erließ das Finanzamt Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, mit denen anwaltliche Honorarforderungen gepfändet und die Einziehung dieser Forderungen angeordnet wurden. Dem Antrag, gemäß §§ 69 Abs. 4 FGO die Vollziehung der Verwaltungsakte auszusetzen, gab das FG statt.

Eine nach Umfang und Schwierigkeit durchschnittliche Unfallabwicklung rechtfertigt, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten, mindestens eine Regelgebühr von 1,3, auch wenn keine Besprechung mit der Gegenseite stattfindet. Mit dem RVG, so das Gericht, habe der Gesetzgeber eine völlig neue Gebührenordnung und –struktur für Rechtsanwälte geschaffen. Das RVG sei als Gesamtregelwerk zu verstehen, das die Rechtsanwaltsgebühren anheben wolle, allerdings nicht linear. Eine Gebührenminderung in einzelnen Teilbereichen (z. B. durch den Wegfall der Besprechungs- und Beweisgebühr) werde durch Gebührenerhöhungen in anderen Bereichen kompensiert. Aus diesem Grunde verbiete sich eine isolierte Betrachtungsweise einer einzelnen Regelung, die den Gesamtcharakter des Regelwerks außer Acht lasse. Es entspreche ganz herrschender Meinung, dass die Mittelgebühr für Nr. 2400 VV 1,5 betrage. Die vom Amtsgericht Herne vertretene Mindermeinung, wonach § 14 RVG zeige, dass der Gesetzgeber alle alten Gebührentatbestände des § 118 BRAGO aus Vereinfachungsgründen abdecken wolle, teile das Gericht nicht. Sie entspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, der sich aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergebe. Der Gesetzgeber habe mit der einheitlichen Geschäftsgebühr gerade die Förderung der außergerichtlichen Unfallschadenregulierung ohne Rücksicht auf die Kosten eines Telefonats erreichen wollen, daher könne die Mittelgebühr nach RVG nicht den Wert unterschreiten, der nach der BRAGO der Summe von Geschäftsgebühr und Besprechungsgebühr entspreche. Bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls handele es sich grundsätzlich um eine durchschnittliche Angelegenheit, bei der der Mittelwert zugrunde zu legen sei. Wenn Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur seien, habe es nach dem formulierten Willen des Gesetzgebers allerdings bei der Regelgebühr von 1,3 zu verbleiben. Selbst wenn keine Besprechung mit der Beklagten stattgefunden habe, werde die Geschäftsgebühr mit der ersten Tätigkeit des Anwalts ausgelöst, in der Regel mit der Entgegennahme der Informationen. Es entspreche sodann dem Wesen jeder Unfallabwicklung, dass der Rechtsanwalt im Vorfeld der Bezifferung des Schadens vielfältige Tätigkeiten erbringe. Die Haftpflichtversicherung des Schädigers sei zu ermitteln, mit dem Geschädigten seien die Vielzahl der möglichen Schadenspositionen mit jeweiligen Besonderheiten zu besprechen und zu klären. Zudem sei der Rechtsanwalt gehalten, Hinweise auf Verpflichtungen der Geschädigten zur Schadensminderung in verschiedenen Bereichen zu erteilen. Erst danach erfolge die Bezifferung des Schadens der jeweiligen Haftpflichtversicherung gegenüber mit entsprechendem Schriftwechsel bis zur endgültigen Schadensregulierung. Selbst wenn keine Besprechung mit der Beklagten stattgfunden haben sollte, rechtfertige die Gesamttätigkeit bei der Unfallabwicklung daher mindestens die Regelgebühr, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten. Anmerkung: Nachdem es in den vergangenen Monaten bei der Regulierung von Verkehrsunfallschäden nicht selten zu unerfreulichen Auseinandersetzungen mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung über die Höhe der vom Rechtsanwalt zu beanspruchenden Geschäftsgebühr gem. § 2400 VV RVG gekommen war, liegen nun die ersten amtsgerichtlichen Entscheidung zur Streitfrage vor. Sie sind für die Anwaltschaft durchaus erfreulich. Anders als es die Versicherer glauben machen wollen, wird vielfach eben nicht die Geschäftsgebühr auf 0,8 – 1,0 beschränkt, sonder eine 1,3 Gebühr bestätigt. Zu diesen positiven Entscheidungen zählt auch die des AG Gelsenkirchen. Gut begründet und mit dem zutreffenden Verweis auf die Gesetzesbegründung, die Systematik und den Reglungsgehalt der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV RVG legt das Gericht dar, dass für eine durchschnittliche Verkehrsunfallsache eine Regelgebühr von 1,3 anzusetzen ist. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es unter den ersten Entscheidungen der Amtsgerichte zur neuen Geschäftsgebühr allerdings auch solche, aus denen sehr deutlich wird, dass das anwaltliche Gebührenrecht nach dem RVG auch für Amtsrichter Neuland ist. Hierzu zählt das Urteil des AG Herne vom 23.12.2004 – 5 C 349/04, das in der Entscheidung des AG Gelsenkirchen Erwähnung findet und auf das die Rechtsanwaltskammer auch schon aus dem Kollegenkreis hingewiesen wurde. Nach Ansicht des AG Herne rechtfertigt eine einfache und durchschnittliche Unfallsache nur eine Geschäftsgebühr von 0,8. Aus § 14 RVG werde deutlich, so das Gericht, dass der Gesetzgeber alle „alten“ Gebührentatbestände des § 118 Abs. 1 BRAGO habe abdecken wollen. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass ein Gebührenrahmen von 1,3 der Regelfall für die Schadenregulierung bei Verkehrsunfällen sein solle. Auf den Inhalt diverser Bundestags-Drucksachen und amtlicher Begründungen komme es nicht an. Nahezu eine Verdopplung der Gebühren für einfache und durchschnittliche Fälle (1,3 anstatt 0,75) könne der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Ansonsten hätte er es, angesichts der wirtschaftlichen Gefahren einer Inflation, den Auswirkungen auf die Bundes- und Länderfinanzhaushalte und der Wahrung des EU-Stabilitätsabkommens, ins Gesetz schreiben müssen. Ein erhöhter Gebührenrahmen sei nur angemessen, wenn der Fall schwieriger und/oder umfangreicher als üblich sei oder wenn zusätzliche Tätigkeiten (beispielsweise eine Besprechung oder Teilnahme an einer Beweisaufnahme) anfallen würden. Die Entscheidung des AG Herne bedürfte keiner weiteren Kommentierung, wäre sie nicht sogleich seitens diverser Haftpflichtversicherer zur Begründung oftmals willkürlicher Kürzungen der Geschäftsgebühr herangezogen worden. Zu abwegig sind die Entscheidungsgründe, die nicht nur jegliche Grundkenntnis zu Systematik und Inhalt des RVG als Gebührenstrukturreform vermissen lassen, sondern darüber hinaus mit launigen Worten (Zitat aus den Entscheidungsgründen: „Wenngleich das Gericht hin und wieder Zweifel an der Güte gesetzgeberische Zeugnisse hegt, unterstellt es immer noch gutgläubig, dass der Gesetzgeber in der Lage ist, seinen eindeutigen Willen auch zu kodifizieren.“) zu erklären suchen, weshalb der in der amtlichen Gesetzesbegründung dargestellte gesetzgeberische Wille ignoriert und durch allgemeine Erwägungen besinnungsaufsatzmäßiger Art und Güte ersetzt werden kann. Wenn in den weiteren Entscheidungsgründen dann noch, ohne dass auch hierauf noch eingegangen werden soll, der Regelungsgehalt des § 14 Abs. 2 RVG gleich in doppelter Hinsicht verkannt wird („Was so ganz genau der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 14 Abs. 2 RVG gewollt hat, ist dem Gericht nicht so ganz klar geworden, ...“), passt dies ins Bild. Selbstverständlich kann im Einzelfall darüber gestritten werden, ob anhand der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG eine Regelgebühr verdient wurde. Hierauf stellt die verfehlte Entscheidung des AG Herne aber nicht ab. Von ihr sollte sich niemand abhalten lassen, berechtigte Gebührenansprüche notfalls gerichtlich durchzusetzen. Eine Musterklage bei Gebührenkürzungen finden Sie im aktuellen BRAK-Magazin 1/2005, S. 8 ff. oder unter www.brak.de. RA Stefan Peitscher, Geschäftsführer der RAK Hamm
§§ 12, 13, 14 i. V. m. Nr. 2400 VV RVG

1,3 Geschäftsgebühr bei durchschnittlicher Unfallabwicklung

Amtsgericht Gelsenkirchen, Urteil v. 28.01.2005 – 32 C 692/04 Eine nach Umfang und Schwierigkeit durchschnittliche Unfallabwicklung rechtfertigt, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten, mindestens eine Regelgebühr von 1,3, auch wenn keine Besprechung mit der Gegenseite stattfindet.

Mit dem RVG, so das Gericht, habe der Gesetzgeber eine völlig neue Gebührenordnung und –struktur für Rechtsanwälte geschaffen. Das RVG sei als Gesamtregelwerk zu verstehen, das die Rechtsanwaltsgebühren anheben wolle, allerdings nicht linear. Eine Gebührenminderung in einzelnen Teilbereichen (z. B. durch den Wegfall der Besprechungs- und Beweisgebühr) werde durch Gebührenerhöhungen in anderen Bereichen kompensiert. Aus diesem Grunde verbiete sich eine isolierte Betrachtungsweise einer einzelnen Regelung, die den Gesamtcharakter des Regelwerks außer Acht lasse.
Es entspreche ganz herrschender Meinung, dass die Mittelgebühr für Nr. 2400 VV 1,5 betrage. Die vom Amtsgericht Herne vertretene Mindermeinung, wonach § 14 RVG zeige, dass der Gesetzgeber alle alten Gebührentatbestände des § 118 BRAGO aus Vereinfachungsgründen abdecken wolle, teile das Gericht nicht. Sie entspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, der sich aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergebe. Der Gesetzgeber habe mit der einheitlichen Geschäftsgebühr gerade die Förderung der außergerichtlichen Unfallschadenregulierung ohne Rücksicht auf die Kosten eines Telefonats erreichen wollen, daher könne die Mittelgebühr nach RVG nicht den Wert unterschreiten, der nach der BRAGO der Summe von Geschäftsgebühr und Besprechungsgebühr entspreche.
Bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls handele es sich grundsätzlich um eine durchschnittliche Angelegenheit, bei der der Mittelwert zugrunde zu legen sei. Wenn Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur seien, habe es nach dem formulierten Willen des Gesetzgebers allerdings bei der Regelgebühr von 1,3 zu verbleiben.
Selbst wenn keine Besprechung mit der Beklagten stattgefunden habe, werde die Geschäftsgebühr mit der ersten Tätigkeit des Anwalts ausgelöst, in der Regel mit der Entgegennahme der Informationen. Es entspreche sodann dem Wesen jeder Unfallabwicklung, dass der Rechtsanwalt im Vorfeld der Bezifferung des Schadens vielfältige Tätigkeiten erbringe. Die Haftpflichtversicherung des Schädigers sei zu ermitteln, mit dem Geschädigten seien die Vielzahl der möglichen Schadenspositionen mit jeweiligen Besonderheiten zu besprechen und zu klären. Zudem sei der Rechtsanwalt gehalten, Hinweise auf Verpflichtungen der Geschädigten zur Schadensminderung in verschiedenen Bereichen zu erteilen. Erst danach erfolge die Bezifferung des Schadens der jeweiligen Haftpflichtversicherung gegenüber mit entsprechendem Schriftwechsel bis zur endgültigen Schadensregulierung. Selbst wenn keine Besprechung mit der Beklagten stattgfunden haben sollte, rechtfertige die Gesamttätigkeit bei der Unfallabwicklung daher mindestens die Regelgebühr, wenn keine weiteren Besonderheiten hinzutreten.

Anmerkung:
Nachdem es in den vergangenen Monaten bei der Regulierung von Verkehrsunfallschäden nicht selten zu unerfreulichen Auseinandersetzungen mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung über die Höhe der vom Rechtsanwalt zu beanspruchenden Geschäftsgebühr gem. § 2400 VV RVG gekommen war, liegen nun die ersten amtsgerichtlichen Entscheidung zur Streitfrage vor. Sie sind für die Anwaltschaft durchaus erfreulich. Anders als es die Versicherer glauben machen wollen, wird vielfach eben nicht die Geschäftsgebühr auf 0,8 – 1,0 beschränkt, sonder eine 1,3 Gebühr bestätigt. Zu diesen positiven Entscheidungen zählt auch die des AG Gelsenkirchen. Gut begründet und mit dem zutreffenden Verweis auf die Gesetzesbegründung, die Systematik und den Reglungsgehalt der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV RVG legt das Gericht dar, dass für eine durchschnittliche Verkehrsunfallsache eine Regelgebühr von 1,3 anzusetzen ist.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es unter den ersten Entscheidungen der Amtsgerichte zur neuen Geschäftsgebühr allerdings auch solche, aus denen sehr deutlich wird, dass das anwaltliche Gebührenrecht nach dem RVG auch für Amtsrichter Neuland ist. Hierzu zählt das Urteil des AG Herne vom 23.12.2004 – 5 C 349/04, das in der Entscheidung des AG Gelsenkirchen Erwähnung findet und auf das die Rechtsanwaltskammer auch schon aus dem Kollegenkreis hingewiesen wurde. Nach Ansicht des AG Herne rechtfertigt eine einfache und durchschnittliche Unfallsache nur eine Geschäftsgebühr von 0,8. Aus § 14 RVG werde deutlich, so das Gericht, dass der Gesetzgeber alle „alten“ Gebührentatbestände des § 118 Abs. 1 BRAGO habe abdecken wollen. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass ein Gebührenrahmen von 1,3 der Regelfall für die Schadenregulierung bei Verkehrsunfällen sein solle. Auf den Inhalt diverser Bundestags-Drucksachen und amtlicher Begründungen komme es nicht an. Nahezu eine Verdopplung der Gebühren für einfache und durchschnittliche Fälle (1,3 anstatt 0,75) könne der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Ansonsten hätte er es, angesichts der wirtschaftlichen Gefahren einer Inflation, den Auswirkungen auf die Bundes- und Länderfinanzhaushalte und der Wahrung des EU-Stabilitätsabkommens, ins Gesetz schreiben müssen. Ein erhöhter Gebührenrahmen sei nur angemessen, wenn der Fall schwieriger und/oder umfangreicher als üblich sei oder wenn zusätzliche Tätigkeiten (beispielsweise eine Besprechung oder Teilnahme an einer Beweisaufnahme) anfallen würden.

Die Entscheidung des AG Herne bedürfte keiner weiteren Kommentierung, wäre sie nicht sogleich seitens diverser Haftpflichtversicherer zur Begründung oftmals willkürlicher Kürzungen der Geschäftsgebühr herangezogen worden. Zu abwegig sind die Entscheidungsgründe, die nicht nur jegliche Grundkenntnis zu Systematik und Inhalt des RVG als Gebührenstrukturreform vermissen lassen, sondern darüber hinaus mit launigen Worten (Zitat aus den Entscheidungsgründen: „Wenngleich das Gericht hin und wieder Zweifel an der Güte gesetzgeberische Zeugnisse hegt, unterstellt es immer noch gutgläubig, dass der Gesetzgeber in der Lage ist, seinen eindeutigen Willen auch zu kodifizieren.“) zu erklären suchen, weshalb der in der amtlichen Gesetzesbegründung dargestellte gesetzgeberische Wille ignoriert und durch allgemeine Erwägungen besinnungsaufsatzmäßiger Art und Güte ersetzt werden kann. Wenn in den weiteren Entscheidungsgründen dann noch, ohne dass auch hierauf noch eingegangen werden soll, der Regelungsgehalt des § 14 Abs. 2 RVG gleich in doppelter Hinsicht verkannt wird („Was so ganz genau der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 14 Abs. 2 RVG gewollt hat, ist dem Gericht nicht so ganz klar geworden, ...“), passt dies ins Bild. Selbstverständlich kann im Einzelfall darüber gestritten werden, ob anhand der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG eine Regelgebühr verdient wurde. Hierauf stellt die verfehlte Entscheidung des AG Herne aber nicht ab. Von ihr sollte sich niemand abhalten lassen, berechtigte Gebührenansprüche notfalls gerichtlich durchzusetzen. Eine Musterklage bei Gebührenkürzungen finden Sie im aktuellen BRAK-Magazin 1/2005, S. 8 ff. oder unter www.brak.de.

RA Stefan Peitscher, Geschäftsführer der RAK Hamm

1. Vereinbart ein Rechtsanwalt bei Strafverteidigungen einer Vergütung, die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie unangemessen hoch und das Mäßigungsgebot des § 3 Abs. 3 BRAGO verletzt ist.

2. Die Vermutung einer unangemessen hohen Vergütung kann durch den Rechtsanwalt entkräftet werden, wenn er ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände darlegt, die es möglich erscheinen lassen, bei Abwägung aller für die Herabsetzungsentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte die Vergütung als nicht unangemessen hoch anzusehen.

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