BRAO § 43 b; BORA §§ 6, 7
Irreführende Spezialisten-Werbung
OLG Hamm, Urt. v. 07.03.2006 – 4 U 165/05 (LG Dortmund)Eine Werbung mit der Behauptung, den Rechtsuchenden Spezialisten für ihr jeweiliges Rechtsproblem zur Verfügung stellen zu können, stellt einen Verstoß gegen §§ 43 b BRAO, 6 I, II und 7 BORA dar, wenn die werbende Kanzlei nicht für alle normalen Rechtsprobleme der angesprochenen Rechtsuchenden einen Spezialisten aus der eigenen Kanzlei zur Verfügung stellen kann, der in einem persönlichen Kontakt mit dem Rechtsuchenden ein Beratungsgespräch führt.
Anmerkung:
Die beklagte Rechtsanwaltskanzlei warb mit den Behauptungen „So stellen wir sicher, dass Sie in jedem Fall Ihren Spezialisten unter den ....-Anwälten finden.“ sowie „Zur Lösung Ihres Rechtsproblems stehen unsere Spezialisten bundesweit in ständigem Kontakt.“.
Hierin sah die zuständige RAK eine irreführende und berufswidrige Werbung und nahm die beklagte Rechtsanwaltskanzlei auf Unterlassung in Anspruch. Erstinstanzlich wurde die beklagte Kanzlei antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die hiergegen gerichtet Berufung hat das OLG Hamm mit dem Urteil vom 07.03.2006 zurückgewiesen.
In seiner Urteilsbegründung führt das OLG aus, dass es sich bei den zitierten Werbeaussagen um nachprüfbare Tatsachenbehauptungen handele, da die durchschnittlich informierten, situationsbedingt aufmerksamen und verständigen Adressaten der Werbung die Aussagen so verstünden, dass sichergestellt sei, dass sie in jedem Fall ihren Spezialisten unter den Anwälten der Beklagten finden würden. Zumindestens aber ginge die Verbrauchervorstellung dahin, dass jedenfalls für alle normalen Rechtsprobleme ein „Spezialist“ aus dem Hause der Beklagten zur Verfügung stünde. Der Verkehr verstünde die Aussage zudem so, dass ein persönlicher Kontakt zu einem solchen Spezialisten hergestellt werde, der ein Beratungsgespräch mit ihm führe.
Die Beklagte verfüge aber zum einen nicht über eine solche Vielzahl von Spezialisten, die Dank ihrer besonderen Kenntnisse und Erfahrungen diese Bezeichnung verdienen, dass diese alle Fälle der angesprochenen Rechtsuchenden mit ihren Spezialkenntnissen lösen könnten. Es sei zum anderen auch nicht so, dass den künftigen Mandanten ein persönlicher Kontakt mit Spezialisten für ihr Rechtsproblem ermöglicht werde. Die Mandanten würden vielmehr von den Anwälten in den örtlichen Niederlassungen persönlich betreut, die das erforderlich werdende Fachwissen ggfls. über das Netzwerk der bundesweit tätigen Kollegen abfragen und koordinieren würden.
Eine solche Werbung mit unrichtigen Aussagen sei daher unlauter.