RVG § 60 I

Abrechnung nach RVG bei Anwaltstätigkeit vor dem 01.07.2004 und folgendem Gerichtsverfahren

LG Mönchengladbach, Beschl. v. 21.03.2005 – 5 T 136/05
Fundstelle: NJW-RR 2005, S. 863
1. Vorgerichtliche Anwaltstätigkeit vor dem 01.07.2004 rechtfertigt nicht die Anwendung der BRAGO für die Berechnung von Gebühren im gerichtlichen Verfahren.

2. Auch die Zustellung einer Klage an den Rechtsanwalt am 30.06.2004 rechtfertigt nicht die Anwendung der BRAGO, wenn der Anwalt erst am 01.07.2004 mit seiner prozessbezogenen Tätigkeit begonnen hat.

1. Eine 1,8 Geschäftsgebühr ist gerechtfertigt, wenn der Geschädigte als Selbständiger ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt und er auf Grund des Unfalls mehrere Wochen zu 100 % arbeitsunfähig gewesen, so dass ein erheblicher Verdienstausfall, ein erhebliches Schmerzensgeld, weiterer Sachschaden sowie Lohnkosten für Ersatzkräfte und Haushaltsführungsschaden zu regulieren gewesen ist. 2. Dass der Haftpflichtversicherer den Schaden dem Grunde nach anerkannt und dann auch sämtliche Schadenspositionen beglichen hat, kann für sich genommen für einen geringen Gebührensatz sprechen. Bei der anzustellenden Gesamtschau wird dies jedoch durch die anderen überdurchschnittlichen Kriterien kompensiert.
RVG § 14 Nr. 2400 VV RVG

1,8 Geschäftsgebühr bei der Regulierung von Verkehrsunfallschäden

LG Saarbrücken, Urt. v. 03.03.2005 – 14 O 458/04
Fundstelle: AGS 2005, S. 245 f.
1. Eine 1,8 Geschäftsgebühr ist gerechtfertigt, wenn der Geschädigte als Selbständiger ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt und er auf Grund des Unfalls mehrere Wochen zu 100 % arbeitsunfähig gewesen, so dass ein erheblicher Verdienstausfall, ein erhebliches Schmerzensgeld, weiterer Sachschaden sowie Lohnkosten für Ersatzkräfte und Haushaltsführungsschaden zu regulieren gewesen ist.

2. Dass der Haftpflichtversicherer den Schaden dem Grunde nach anerkannt und dann auch sämtliche Schadenspositionen beglichen hat, kann für sich genommen für einen geringen Gebührensatz sprechen. Bei der anzustellenden Gesamtschau wird dies jedoch durch die anderen überdurchschnittlichen Kriterien kompensiert.

Die Terminsgebühr gem. § 13 I RVG i. V. mit Nr. 3104 I Nr. 1 VV RVG entsteht beim Anerkenntnisurteil auch dann, wenn tatsächlich keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.1
RVG § 13 I; RVG VV Nr. 3104 Nr. 1

Terminsgebühr bei Anerkenntnis im schriftlichen Verfahren

LG Stuttgart, Beschl. v. 01.02.2005 – 10 T 546/04 Fundstelle: NJW 2005, S. 3152 f. Die Terminsgebühr gem. § 13 I RVG i. V. mit Nr. 3104 I Nr. 1 VV RVG entsteht beim Anerkenntnisurteil auch dann, wenn tatsächlich keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.1

Die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG KostVerz gehört zu den allgemeinen Geschäftsunkosten des RA nach § 25 Abs. 1 BRAGO. 4 Es sei Sache eines jeden Rechtsanwalts, so die Argumentation des LG Berlin, seine Kanzleigeschäfte nach seinem Dafürhalten zu organisieren. So könne er die Gerichtsakten abholen und zurückbringen, einen Mitarbeiter damit betrauen oder sich die Akte per Post übersenden lassen. Komme der Rechtsanwalt selbst oder schicke er jemanden vorbei, erhalte er hierfür nichts. Folglich sei nicht ersichtlich, warum dem Anwalt dann, wenn er sich die Bequemlichkeit der postalischen Aktenübersendung durch das Gericht verschaffe, die hierfür anfallende Auslagenpauschale erstattet erhalten sollte. Anmerkung: Ob eine Aktenversendungspauschale zu den allgemeinen Geschäftsunkosten des § 25 Abs. 1 BRAGO oder den allgemeinen Geschäftskosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG gehört, ist streitig. Ebenso wie das LG Berlin haben entschieden: AG Tiergarten AnwBl 1995, 571; AG München, JurBüro 1995, 544; AG Nordhorn, JurBüro 1995, 305). Nach der Gegenauffassung gehört die dem RA in Rechnung gestellte Aktenversendungspauschale nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG zu den ihm vom Auftraggeber zu ersetzenden Aufwendungen (LG Berlin, BerlAnwBl. 1997, 442; AG Leipzig NStZ-RR 2000, 319; Hansens, ZAP Fach 24, S. 521; AnwKom-RVG-N. Schneider, Vorbem. 7 VV RVG Rn. 31).
BRAGO, § 25 Abs. 1; GKG KostVerz Nr. 9003

Aktenversendungspauschale als allgemeine Geschäftsunkosten

LG Berlin, Beschl. v. 25.10.2005 – 505 Qs 157/04 – (Fundstelle: RVGreport 2005, 150 f.) Die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG KostVerz gehört zu den allgemeinen Geschäftsunkosten des RA nach § 25 Abs. 1 BRAGO. 4

Es sei Sache eines jeden Rechtsanwalts, so die Argumentation des LG Berlin, seine Kanzleigeschäfte nach seinem Dafürhalten zu organisieren. So könne er die Gerichtsakten abholen und zurückbringen, einen Mitarbeiter damit betrauen oder sich die Akte per Post übersenden lassen. Komme der Rechtsanwalt selbst oder schicke er jemanden vorbei, erhalte er hierfür nichts. Folglich sei nicht ersichtlich, warum dem Anwalt dann, wenn er sich die Bequemlichkeit der postalischen Aktenübersendung durch das Gericht verschaffe, die hierfür anfallende Auslagenpauschale erstattet erhalten sollte.

Anmerkung:
Ob eine Aktenversendungspauschale zu den allgemeinen Geschäftsunkosten des § 25 Abs. 1 BRAGO oder den allgemeinen Geschäftskosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG gehört, ist streitig. Ebenso wie das LG Berlin haben entschieden: AG Tiergarten AnwBl 1995, 571; AG München, JurBüro 1995, 544; AG Nordhorn, JurBüro 1995, 305). Nach der Gegenauffassung gehört die dem RA in Rechnung gestellte Aktenversendungspauschale nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG zu den ihm vom Auftraggeber zu ersetzenden Aufwendungen (LG Berlin, BerlAnwBl. 1997, 442; AG Leipzig NStZ-RR 2000, 319; Hansens, ZAP Fach 24, S. 521; AnwKom-RVG-N. Schneider, Vorbem. 7 VV RVG Rn. 31).

Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehe, so das Gericht, eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Streitbeilegung. Zu einem solchen Güteversuch zähle die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO. Die Erörterungsgebühr solle den Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts abgelten, der dadurch entstehe, dass zu einem Vergleich vor Stellung der Anträge vor Gericht verhandelt werde. Gerade im Zusammenhang mit der Güteverhandlung werde die Sache regelmäßig bereits erörtert. Ohne eine solche Erörterung ließe sich das Ziel einer gütlichen Streitbeilegung schwerlich erreichen. Da der Rechtsanwalt im Ergebnis einen ähnlichen Aufwand wie bei streitiger Verhandlung habe, entspreche es Wortlaut und Sinn des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO, ihm dafür die Erörterungsgebühr zuzusprechen. Zwar könne in der Güteverhandlung nicht streitig verhandelt werden, im Falle des Scheiterns schließe sich jedoch die streitige Verhandlung in der Regel an. Für dieses Ergebnis lasse sich überdies anführen, dass die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO derjenigen des § 54 Abs. 1 ArbGG nachgebildet sei. Für die arbeitsgerichtliche Güterverhandlung sei zumindest in Folge der dazu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1993, S. 996) anerkannt, dass sie eine Erörterungsgebühr auslösen könne (LAG Hamm, MDR 1993, S. 657).
ZPO § 278 Abs. 2, BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4

Die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der gem. § 278 Abs. 2 ZPO der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vorgeschalteten Güteverhandlung lässt eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehen.1)

LG Essen, B. v. 16. Februar 2004 – 4 O 160/03 Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO entstehe, so das Gericht, eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Streitbeilegung. Zu einem solchen Güteversuch zähle die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO. Die Erörterungsgebühr solle den Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts abgelten, der dadurch entstehe, dass zu einem Vergleich vor Stellung der Anträge vor Gericht verhandelt werde. Gerade im Zusammenhang mit der Güteverhandlung werde die Sache regelmäßig bereits erörtert. Ohne eine solche Erörterung ließe sich das Ziel einer gütlichen Streitbeilegung schwerlich erreichen. Da der Rechtsanwalt im Ergebnis einen ähnlichen Aufwand wie bei streitiger Verhandlung habe, entspreche es Wortlaut und Sinn des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO, ihm dafür die Erörterungsgebühr zuzusprechen. Zwar könne in der Güteverhandlung nicht streitig verhandelt werden, im Falle des Scheiterns schließe sich jedoch die streitige Verhandlung in der Regel an.

Für dieses Ergebnis lasse sich überdies anführen, dass die Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO derjenigen des § 54 Abs. 1 ArbGG nachgebildet sei. Für die arbeitsgerichtliche Güterverhandlung sei zumindest in Folge der dazu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1993, S. 996) anerkannt, dass sie eine Erörterungsgebühr auslösen könne (LAG Hamm, MDR 1993, S. 657).

Die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stelle, so das Gericht, im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung dar. Die dadurch verursachten Kosten – mithin auch die Reisekosten und Abwesenheitsgelder nach § 28 BRAGO – seien notwendige Kosten der Rechtsverfolgung und -verteidigung und daher erstattungsfähig. Eine Ausnahme von diesem Regelfall, die immer dann anzunehmen sei, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststehe, dass ein eingehendes Mandantengespräche für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird, liege nicht vor. Die von der Rechtspflegerin vorgenommene Vergleichberechnung (Vergleichskostenberech-nung „Kosten des Hauptbevollmächtigten am Wohnsitz der Partei“ einerseits und „Kosten eines Korrespondenzanwalts am Wohnort und eines Hauptbevollmächtigen am Sitz des Prozessgerichts“ andererseits) sei unzulässig. Eine solche sei der Partei nicht zuzumuten, zumal diese die Erwartung hegen dürfe, in einem persönlichen Gespräch mit einem Rechtsanwalt in räumlicher Nähe werde die sachgemäße Bearbeitung der eigenen Belange am besten sichergestellt. Die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, der zufolge die Kosten der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten ggf. erstattungsfähig sind, wenn sie die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen, es sei nicht in dem Sinne umkehrbar, dass die Reisekosten eines Hauptbevollmächtigten nur dann erstattungsfähig sind, wenn sie die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Nach der Rechtsprechung des BGH seien die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Hauptbevollmächtigten der obsiegenden Partei nach § 91 Abs. 2 S. 1 HS 1 vielmehr in jedem Fall zu erstatten, ohne dass es auf die Frage der Notwendigkeit i. S. v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ankomme.
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