Anspruch auf Kostenschutz gegen den Rechtsschutzversicherer trotz Versäumung der Nachmeldefrist

BGB §§ 166 Abs. 1, 242; ARB 1975 §§ 4 Abs. 4, 14 Abs. 1, 26 Abs. 4

OLG Köln, Urt. v. 26.3.2013 – I-9 U 75/12

 

Fundstelle: AGS 2013, S. 495 f.

1.

Für die Meldung eines Versicherungsfalls im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung reicht es regelmäßig aus, den der beabsichtigten Rechtsverfolgung zugrundeliegenden Sachverhalt zu schildern und die beabsichtigten rechtlichen Schritte mitzuteilen (vgl. BGH, IV ZR 198/91; NJW 1992, 2233). Allerdings erstreckt sich eine solche Meldung nicht auf andere Lebenssachverhalte, auch wenn sie sich gegen den gleichen Gegner richten.

2.
Der Rechtsschutzversicherer kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben regelmäßig nicht auf die Versäumung der Nachmeldepflicht berufen, wenn sich die Kenntnis der Umstände, die zu der beabsichtigten Rechtsverfolgung führen, aufgrund einer erst nach Fristablauf erfolgten Beratung durch den Rechtsanwalt ergeben hat. Insoweit muss sich der Versicherte regelmäßig auch nicht eine frühere Kenntnis des Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.
3.
Für die außergerichtliche Vertretung und die Vertretung in einem Güte- oder Schlichtungsverfahren i.S.d. vorbehaltlich der Anrechnung - die Geschäftsgebühren (Nrn. 2300/2303 VV) gesondert an und sind vom Rechtsschutzversicherer auch zu übernehmen.
4.
Die Gebühren einer Gütestelle sind von einem Rechtsschutzversicherer nicht zu tragen, da es sich nicht um ein Schiedsgericht handelt.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG VV Nr. 3100, 3307, Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1

Anrechnung der im gerichtlichen Mahnverfahren angefallenen Verfahrensgebühr

OLG München, Beschl. v. 1.3.2013 - 11 W 2357/12

Fundstelle: AGS 2013, S. 512 ff.

 

Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden streitigen Verfahrens erfolgt lediglich dann, wenn es sich um identische Gegenstandswerte handelt.

Leitsatz der Schriftleitung AGS

§§ 103 ff., 126 ZPO

Eigenes Beschwerderecht des beigeordneten Rechtsanwalts im Kostenfestsetzungsverfahren

OLG Hamm, Beschl. v. 25.1.2013 - II-6 WF 324/12

Fundstelle: RVG Report 2013, S. 481 ff.

  1. Der zu Verfahrenskostenhilfebedingungen beigeordnete Rechtsanwalt eines obsiegenden Beteiligten kann entweder gem. §§ 104 ff. ZPO die Kostenfestsetzung im Namen seines Mandanten zu dessen Gunsten oder aber gem. § 126 Abs. 1 ZPO im eigenen Namen zu seinen Gunsten betreiben.
  2. Erfolgt die Festsetzung entgegen dem eindeutigen Inhalt des Antrags zugunsten des Mandanten, dann steht dem Rechtsanwalt hiergegen die Beschwerde zu.

Leitsatz des Gerichts

 

FamGKG §§ 38, 42 Abs. 3

Verfahrenswert eines steckengebliebenen Stufenantrags

OLG Hamm, Beschl. v. 24.1.2013 - 11 WF 3/13

Fundstelle: AGS 2013, S. 589 f.

1.

Wird ein Stufenantrag lediglich im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe gestellt, ist für den unbeziffert gebliebenen Leistungsantrag nicht auf den vorgerichtlich begehrten, sondern den realistisch begründeten Zahlungsantrag abzustellen.

2.

Ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte für die Schätzung des unbeziffert gebliebenen Leistungsantrags, so ist der Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG anzusetzen.

Leitsatz der Schriftleitung AGS

RVG VV Nr. 1000

Einigungsgebühr bei Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.11.2012 - II-10 WF 15/12

Fundstelle: AGS 2013, S. 514

Ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist nach neuem Recht (VersAusglG), wenn beide Beteiligte Versorgungsanwartschaften erworben haben, immer wechselseitig, da ein Hin-und-Her-Ausgleich der jeweiligen Anrechte vorzunehmen ist. Den mitwirkenden Rechtsanwälten steht daher eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV zu.

Leitsatz der Schriftleitung AGS

GKG § 66

Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Unterlagen

OLG München, Beschl. v. 2.3.2012 – 1 W 357/12 Fundstelle: AGS 2013, 339 f.

Der Streitwert für die Herausgabe von Unterlagen, die der Beweisführung dienen, bemisst sich nach dem verfahrensgegenständlichen Interesse des Klägers, insbesondere in welchem Maß die Durchsetzbarkeit des Anspruchs von der Vorlage der Unterlagen abhängig ist. In der Regel wird der Streitwert mit einem Bruchteil des Hauptsacheanspruchs angesetzt, wobei bei Klagen auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen gegen den in Anspruch genommenen oder in Anspruch zu nehmenden Behandler Bruchteile zwischen 1/4 und 1/10 der Hauptsache angesetzt werden.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG §§ 15, 16 Nr. 4, 33, 44, 55

Umfang der Angelegenheit in der Beratungshilfe

OLG Naumburg, Beschl. v. 28.3.2013 – 2 W 25/13 Fundstelle: AGS 2013, S. 353 ff.

  1. Im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung eines Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalts kommt es für die Entscheidung, ob mehrere Tätigkeiten als eine Angelegenheit anzusehen sind, nicht darauf an, ob ein oder mehrere Berechtigungsscheine erteilt worden sind.
  2. Für die Abgrenzung der erforderlichen anwaltlichen Tätigkeiten in einer familienrechtlichen Auseinandersetzung ist zu unterscheiden zwischen Streitgegenständen einer (u. U. vorübergehenden) Trennung und einer (endültigen) Beendigung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft.
  3. Ausgehend von den im Rahmen der Gewährung von Beratungshilfe zu berücksichtigenden Lebenssachverhalten, deren Abgrenzbarkeit untereinander und den jeweils angesprochenen Tätigkeitsfeldern des Anwalts wird es im Regelfall angemessen sein, zwischen folgenden bis zu sechs verschiedenen beratungsrechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe zu unterscheiden:

-     Ehesachen i. S. v. §§ 111 Nr. 1, 121 FamFG,

-     Kindschaftssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 2, 151 FamFG (gegebenenfalls auch §§ 111 Nr. 10 i. V. m. 266 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 FamFG),

-     Ehewohnungs- und Haushaltssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 5, 200 FamFG,

-     Versorgungsausgleichssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 7, 217 FamFG,

-     Unterhaltssachen i. S. v. §§ 111 Nr. 8, 231 FamFG (d. h. sowohl Kindes- als auch Ehegattenunterhalt) sowie

-     Güterrecht i. S. v. §§ 111 Nr. 9, 261 FamFG und sonstige Vermögensauseinander-setzungen (gegebenenfalls auch §§ 111 Nr. 10 i. V. m. 266 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG).

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG §§ 46 Abs. 1, 47 Abs. 1; BGB § 670

Vorschuss auf private Sachverständigenkosten

OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2013 – I-25 W 94/13 Fundstelle: AGS 2013, S. 348 ff.

Zur Vergütung eines PKH-Anwalts i. S. d. § 47 Abs. 1 RVG zählen auch Auslagen, soweit sie zur sachgemäßen Durchführung seines Auftrags erforderlich sind, z. B. die Kosten für die Einholung eines für die sachgerechte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung seiner Partei erforderlichen Privatgutachtens. Dem beigeordneten Rechtsanwalt ist für derartige Auslagen aus der Staatskasse ein angemessener Vorschuss gem. § 47 Abs. 1 S. 1 RVG zu gewähren.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

ZPO § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG; §§ 36 ff., 269 Abs. 3

Anwaltsvergütung und Gegenstandswert im Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts

OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2013 – 32 Sbd 7/11 Fundstelle: RVGreport 2013, S. 389 f.

  1. Nimmt der Antragsteller seinen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem.  § 36 ZPO zurück, so gehört das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nicht zum Rechtszug i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG.
  2. Der Gegenstandswert für das Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts kann deshalb nicht mit dem der Hauptsache gleichgesetzt werden, sondern allenfalls mit einem prozentualen Bruchteil (hier: 20 %) bemessen werden.

Leitsatz des Verfassers des RVG Reports

RVG VV Nrn. 3200, 3201, 3202, Anm. zu Nr. 3104; ZPO § 278 Abs. 6

Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs im Berufungsverfahren

OLG Celle, Beschl. v. 19.6.2013 – 2 W 134/13 Fundstelle: AGS 2013, S. 326 ff.

  1. Beschränkt sich die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten darauf, gegenüber dem Gericht anzuzeigen, dass die Parteien sich auf eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits verständigt hätten, den Vergleichstext mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass nach der Zustimmung des Beklagten nach § 278 Abs. 6 ZPO verfahren werden könne, entsteht nur eine ermäßigte Verfahrensgebühr.
  2. Eine Terminsgebühr nach Nrn. 3202, 3104 VV entsteht für das Berufungsverfahren auch dann, wenn in dem Verfahren auf Vorschlag der Parteien noch während der laufenden Frist zur Berufungsbegründung ein schriftlicher Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird. 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

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