Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung
BGH, Beschl. v. 25.10.2006 – AnwZ (B) 80/05 (noch nicht veröffentlicht)
1.
Eine Fallbearbeitung nach § 5 S. 1 HS 1 FAO setzt voraus, dass der Antragsteller in den benannten Fällen eigene Schriftsätze angefertigt oder an Gerichtsverhandlungen teilgenommen hat.
2.
Der Antragsteller muss spezifische praktische Erfahrungen als Rechtsanwalt auf dem erstrebten Fachanwaltsgebiet nachweisen. Kennzeichen dieser spezifischen praktischen Erfahrung ist auch die Einnahme der wechselnden Perspektive des jeweiligen Mandanten.
Anmerkung:
Der Antragsteller war als Abteilungsleiter und Syndikusanwalt einer Versicherung tätig. Seinen Antrag auf Verleihung der Bezeichnung „Fachanwalt für Versicherungsrecht“ hatte die zuständige Rechtsanwaltskammer abgelehnt. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde von dem zuständigen AGH zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte keinen Erfolg.
Der BGH führt in seinem hierzu ergangenen Beschluss aus, dass die Frage, ob dem Antragsteller die Führung der Fachanwaltsbezeichnung zu gestatten sei, allein davon abhänge, ob die Bearbeitung der von ihm nachgewiesenen Fälle im Sinne von § 5 S. 1 HS 1 FAO persönlich und weisungsfrei als Rechtsanwalt erfolgt sei. Eine solche Fallbearbeitung setze voraus, dass der Antragsteller in den benannten Fällen eigene Schriftsätze angefertigt oder an Gerichtsverhandlungen teilgenommen habe. Eine auf die Unterstützung der jeweils von seinem Arbeitgeber beauftragten Rechtsanwälte beschränkte Tätigkeit reiche nicht aus. Ein solches Wirken im Hintergrund könne zwar nicht von vornherein ganz unberücksichtigt bleiben. Dieses Wirken könne aber einem Rechtsanwalt die in § 5 S. 1 HS 1 FAO geforderte praktische Erfahrung in der unmittelbaren Wahrnehmung der Interessen seiner Mandanten gegenüber ihren Kontrahenten und Behörden oder Gerichten nicht vermitteln. Der BGH führt weiter aus, dass nach wie vor auch nicht jede praktische Erfahrung auf dem Gebiet ausreichend sein solle, für das die Fachanwaltsbezeichnung erstrebt werde, sondern nur die spezifische praktische Erfahrung als Rechtsanwalt. Kennzeichen dieser spezifischen praktischen Erfahrung sei vielmehr auch die Einnahme der wechselnden Perspektive des jeweiligen Mandanten. Gerade diese wechselnde Perspektive präge die in § 5 S. 1 FAO geforderte praktische Erfahrung. Diese Erfahrung könne aber bei einem Rechtsanwalt, der nur im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses als Syndikusanwalt tätig wird, auch dann nicht vorausgesetzt werden, wenn er in der Fallbearbeitung weisungsfrei und unabhängig sei. Der Syndikusanwalt bedürfe daher nach wie vor zusätzlich noch der Bearbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate außerhalb des Anstellungsverhältnisses.