Wettbewerbswidriger Anschein der Kanzleifortführung durch Briefkopf
OLG Stuttgart, Urt. v. 04.08.2005 – 2 U 38/05 Fundstelle: NJW 2005, S. 3429 f Ein legitimes Interesse eines Rechtsanwalts, mit einer Tradition seiner Kanzlei und daher auch mit dem Namen früherer Kanzleiinhaber oder –gesellschafter zu werben, ist nur dann anzuerkennen, wenn eine solche Tradition wirklich besteht, nicht aber dann, wenn es sich bei seiner Kanzlei tatsächlich um eine Neugründung handelt.
Nachdem auch dem letzten der beiden in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälten die Zulassung entzogen worden war, wurde zunächst RA K. als Abwickler bestellt. Dieser übernahm in der Folgezeit 98 % der Mandate der von ihm abzuwickelnden Kanzlei und betreute die Mandate in den Räumen seiner eigenen Kanzlei weiter. Die Abwicklung wurde aufgrund der Mandatsübernahmen aufgehoben. RA K. eröffnete schließlich in den Räumen der von ihm zunächst abzuwickelnden Kanzlei eine Rechtsanwaltskanzlei, in deren Briefkopf er die beiden dort vormals tätigen ehemaligen Rechtsanwälte mit dem Vermerk des Enddatums ihrer Tätigkeit aufführte. Das OLG Stuttgart sieht in dieser Briefkopfgestaltung einen Verstoß gegen § 10 Abs. 4 BORA. Zwar können gem. § 10 Abs. 4 BORA ausgeschiedene Kanzleiinhaber, Gesellschafter, Angestellte oder freie Mitarbeiter auf den Briefbögen einer Rechtsanwaltskanzlei weitergeführt werden, sofern ihr Ausscheiden kenntlich gemacht wird. Voraussetzung hierfür ist aber somit zum einen, dass der Ausgeschiedene in einer der in § 10 Abs. 4 BORA genannten Funktionen in dieser Kanzlei tätig gewesen ist, da nur dann ein „Ausscheiden“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegen kann. Zum anderen muss das Ausscheiden kenntlich gemacht werden.
An einem „Ausscheiden“ der ehemaligen Rechtsanwälte mangelte es vorliegend. Denn bei der Kanzlei, die RA K. später in den Räumen der Kanzlei der ehemaligen Rechtsanwälte eröffnete, handelte es sich um eine von dieser zu unterscheidenden, neu gegründeten Rechtsanwaltskanzlei, da die Kontinuität zwischen diesen Kanzleien durch die Übernahme der Mandate in die Kanzlei des RA K. endgültig unterbrochen wurde.