1. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht bilden einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich, so dass die Formulierung "Familien- und Eherecht" auch nur als einheitlicher Interessenschwerpunkt im Sinne von § 7 BORA zu werten ist. 2. ...>

LG Bonn, U. v. 18. Dezember 2000 - 3 0 251/00 (veröffentlicht in NJW-RR 2001, 916) 1.
Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht bilden einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich, so dass die Formulierung "Familien- und Eherecht" auch nur als einheitlicher Interessenschwerpunkt im Sinne von § 7 BORA zu werten ist.

2.
Anwaltliche Werbung durch Zeitungsinserate mit einem drucktechnisch hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis "Auf Wunsch Hausbesuche" verstößt nach Form und Inhalt, mangels sachlicher Unterrichtung, gegen § 43 b BRAO. (Leitsätze des Mitteilenden)
Rechtsanwalt

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Interessenschwerpunkte:

Strafrecht - Straßenverkehrsrecht

Familien- und Eherecht - Mietrecht - Kaufrecht

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Auf Wunsch Hausbesuche.

Wegen dieser Zeitungsanzeige ist der Rechtsanwalt von Mitbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen worden, weil in dem Inserat mit sechs Interessenschwerpunkten geworben werde, obwohl nach § 7 Absatz 1 BORA lediglich fünf Benennungen erlaubt seien. Daneben verstoße auch das Anbieten von Hausbesuchen sowohl gegen das sich aus § 28 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BRAO ergebende grundsätzliche Verbot auswärtiger Sprechtage als auch gegen die Regelung des § 43 b BRAO. Die Klage hatte hinsichtlich des Klageantrags zu 2 Erfolg.

Da es sachgerecht erscheine, die in dem Zeitungsinserat verwendete Formulierung "Familien- und Erbrecht" als die Bezeichnung bloß eines einzigen Interessenschwerpunktes gelten zu lassen, vertritt das LG Bonn die Auffassung, dass die aufgeführten Interessenschwerpunkte die zulässige Anzahl von fünf Nennungen (§ 7 Abs. 1 BORA) nicht übersteigt und damit unbedenklich sei. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht würden in aller Regel einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich bilden. Darüber hinaus würde ein Rechtsanwalt, der außer Familien- und Eherecht mehrere weitere Interessenschwerpunkte hat, unzumutbar benachteiligt, wenn man die hier erörterte Begriffsverknüpfung bei insgesamt nur fünf möglichen Nennungen nicht als einheitlichen Interessenschwerpunkt werten würde, oder von ihm verlangen würde, einen der Teilbereiche zu verschweigen.

Demgegenüber wertet das Gericht den drucktechnisch besonders hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis "Auf Wunsch Hausbesuche", als unvereinbar mit § 43 b BRAO. Der Hinweis könne dahingehend verstanden werden, dass die Festlegung des jeweiligen Beratungsortes in das Belieben des Mandanten gestellt sei. Eine derart anlockend und anbiedernd erscheinende Werbung sei aber der Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege (§ 1 BRAO) unwürdig. Zudem könne, würde der Beklagte sich danach verhalten, der Zustand eintreten, dass keine grundsätzliche Gewähr mehr besteht, den zugelassenen Anwalt in der Regel an seinem Kanzleisitz zu erreichen, was § 28 BRAO gerade verhindern will.

Anmerkungen:
Soweit ersichtlich, wird die hier verwendete Formulierung "Familien- und Eherecht" als Zusammenfassung zu einem einheitlichen Interessengebiet im Sinne von § 7 BORA nicht nur vom DAV und der RAK Köln befürwortet, sondern dürfte auch auf der Linie der RAK Hamm liegen. Hingewiesen sei auch auf die von den Klägern angeführten scheinbar abweichenden Entscheidungen des Anwaltsgerichts Freiburg, NJW 2000, 1655, und des OLG Nürnberg, NJW 2000, 1648. Beide Entscheidungen befassen sich jedoch mit Begriffsverknüpfungen, die mit der hier erörterten Formulierung nicht vergleichbar sind. Darüber hinaus hatten sie nicht die Beurteilung von Interessenschwerpunkten, sondern von Tätigkeitsschwerpunkten zum Gegenstand. Auch wurde die Entscheidung des OLG Nürnberg zwischenzeitlich durch das BVerfG, NJW 2001, 1926, wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG aufgehoben. Abschließend sei noch angemerkt, dass das hier widergegebene Urteil lediglich ein weiteres, leider wenig werbewirksames, Beispiel für das derzeit vielfältige und uneinheitliche Richterrecht zur Anwaltswerbung ist. Nicht nur vor dem Hintergrund der drängenden außeranwaltlichen Konkurrenz, sollte daher im ureigensten Interesse unseres Berufstandes auf eine klare bundeseinheitliche, möglicherweise liberalere, Regelung zur Anwaltswerbung hingewirkt werden, um so die überragende anwaltliche Leistungspalette nachhaltiger und effektiver am Markt präsentieren zu können.

(Mitgeteilt von RA Frank Lockowandt, Bielefeld)