Die Ausübung des Berufs des Syndikusanwalts ist nicht als selbständige anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 5 FAO anzusehen. Allerdings können die als Syndikusanwalt auf dem betreffenden Fachgebiet gesammelten Erfahrungen bei der Gewichtung der Fälle berücksichtigt werden.

BGH, B. v. 18.06.01, AnwZ(B) 41/00

(Fundstelle: NJW 2001, 3130) Der antragstellende Rechtsanwalt strebt die Bezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ an. Er ist als Syndikus tätig und außerdem zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung konnte der Rechtsanwalt – ohne Berücksichtigung seines Syndikustätigkeit – nur 22 Fälle, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs 35 Fälle aus anwaltlicher Tätigkeit aufweisen. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hat wegen Nichterreichen der Fallzahlen den Antrag abgelehnt. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist vom Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen worden.

Der BGH erneuert seine Auffassung, daß die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fälle als Syndikus zur Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung selbst dann nicht ausreicht, wenn der Syndikus im Zweitberuf Rechtsanwalt ist (BGH NJW 2000, 1645). Diese Rechtsprechung erfährt nunmehr aber insoweit eine Modifizierung, als berücksichtigt werden muß, daß der Anwalt aus der Syndikustätigkeit häufig umfangreiche Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf seinem Fachgebiet erworben hat, die auch in die Bearbeitung der in der freien anwaltlichen Tätigkeit anfallenden Mandate einfließen. Nach § 5 FAO ist der Erwerb praktischer Erfahrungen „in der Regel“ nachgewiesen, wenn der Bewerber die erforderliche Anzahl von Fällen selbständig als Rechtsanwalt bearbeitet hat. Durch diese Regelung wird den Kammern die Möglichkeit eingeräumt, den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Belegt danach der Bewerber die Bearbeitung einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate im Rahmen selbständiger anwaltlicher Tätigkeit, kann ihre Bewertung und Gewichtung bei Berücksichtigung der weiteren praktischen Erfahrungen, die der Bewerber als Syndikusanwalt auf dem betreffenden Fachgebiet gesammelt hat, zu dem Ergebnis führen, daß der Nachweis nach § 5 FAO als erbracht anzusehen ist. Voraussetzung ist aber nach dieser Entscheidung, daß die in freier anwaltlicher Tätigkeit bearbeiteten Mandate von substantiellem Gewicht sind. Der Nachweis der praktischen Erfahrungen kann unter diesen Umständen auch bei deutlich geringeren Fallzahlen aus der anwaltlichen Tätigkeit als geführt angesehen werden.

Im Ergebnis hat der BGH die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs und den Bescheid der Rechtsanwaltskammer aufgehoben und die Rechtsanwaltskammer verpflichtet, die Sache neu zu bescheiden.