GVG § 176; BadWürttAGGVG § 21; BRAO § 59 b Abs. 2 Nr. 6 lit. c; BORA § 20

Zurückweisung des „krawattenlosen“ Nebenklägervertreters als sitzungspolizeiliche Maßnahme

LG Mannheim, Beschl. v. 27.01.2009 – 4 Qs 52/08 Fundstelle: NJW 2009, S. 1094 ff.

1.      Zur Frage des Krawattenzwangs in der Hauptverhandlung in Strafsachen.

Leitsatz des Gerichts

2.      Zur vollständigen Amtstracht eines Rechtsanwalts ist grundsätzlich Krawatte zu tragen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

3.      Erscheint ein Rechtsanwalt in unvollständiger Amtstracht, ist bei einer sitzungspolizeilichen Entscheidung über das beanstandete Verhalten die insoweit bestehende, durch divergierende landes- und berufsrechtliche Vorschriften gekennzeichnete, mithin insgesamt unklare bzw. ungeklärte Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen zu berücksichtigen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

 

 

 

BRAO § 49 b; RVG §§ 4 II 3, 34

Wettbewerbswidrige Werbung mit erstem Beratungsgespräch für ein Honorar von 9,99 Euro

LG Freiburg, Urt. v. 11.10.2006 – 10 O 72/06 Fundstelle: NJW 2007, S. 160 f. Eine Werbeanzeige, mit der die Verbraucher aufgefordert werden, mit einer Kanzlei für eine Erstberatung in allen Rechtsgebieten ein Honorar in Höhe von 9,99 Euro zu vereinbaren, verstößt gegen die Pflicht zur angemessenen Preisgestaltung.

Anmerkung:
Dieses Urteil des LG Freiburg stimmt inhaltlich mit der vorangegangenen Entscheidung des LG Ravensburg vom 28. Juli 2006 (siehe KammerReport 4/2006, S. 26) überein.

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO § 43 b; BORA §§ 6, 7

Irreführende Angaben über Rechtsanwaltskanzlei in Zeitungsartikel

LG Kiel, Urt. v. 31.05.2006 – 14 O 25/06 Fundstelle: NJW 2006, S. 2496 ff. 1.
Angaben sind irreführend und damit unlauter i. S. des § 3 UWG, wenn sie bei den Adressaten eine Vorstellung erzeugen, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang stehen.

2.
Unter dem Begriff des Spezialisten wird eine Person verstanden, die über eine langjährige Berufserfahrung verfügt, sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmert und Mandate aus anderen Gebieten ablehnt.

Anmerkung:
Der auf Unterlassung in Anspruch genommene Beklagte führt eine Rechtsanwaltskanzlei aus insgesamt 6 Rechtsanwälten. In einem veröffentlichten Zeitungsartikel äußerte er sich u. a. wie folgt:
„Jeder Anwalt meiner Kanzlei ist ein absoluter Spezialist und bearbeitet ausschließlich Fälle, die sein Rechtsgebiet betreffen. Mit dem Resultat, dass die Kanzlei höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen verliert.“
Das Landgericht Kiel sieht in diesen Äußerungen ein Wettbewerbsverstoß, da sie irreführend und damit unlauter im Sinne des § 3 UWG seien. Von dem Zeitungsartikel würden rechtsuchende Bürger angesprochen, die in der Regel keine Vorkenntnisse über die Spezifizierung und Auszeichnungen eines Rechtsanwalts hätten. Durch die Aussagen, dass in der Kanzlei „absolute Spezialisten“ tätig seien, die ausschließlich Fälle, die ihr Fachgebiet beträfen, bearbeiteten, würde bei dem durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt, dass die Rechtsanwälte dieser Kanzlei über höhere Auszeichnungen und Qualifizierungen verfügen als andere Anwälte.
Unter dem Begriff des Spezialisten würde aber eine Person verstanden, die die Inanspruchnahme in Materien außerhalb ihres Spezialgebiets weitgehend ablehnten und insofern noch wesentlich stärker auf ein Fachgebiet konzentriert seien als derjenige, der Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte angebe oder sogar die Fachanwaltsqualifikation inne habe.
Diese Voraussetzungen träfen auf alle seinerzeit in der Kanzlei des Beklagten tätigen Rechtsanwälte nicht zu. Denn die genannten Anwälte verfügten weder über eine langjährige Berufserfahrung, noch sei bei ihnen gewährleistet, dass sie sich ausschließlich um ein Fachgebiet kümmern und Mandate aus anderen ablehnen würden. Insofern sei die Aussage des Beklagten, jeder Anwalt seiner Kanzlei sei ein absoluter Spezialist und bearbeite ausschließlich Fälle, die sein Fachgebiet betreffen, falsch und somit irreführend.
Ferner sei, so das Landgericht, die Bezeichnung „absolute Spezialisten“ eine reklamehafte Anpreisung des Könnens der Anwälte, ohne dass – wie dargelegt - die Leistung eine solche Bezeichnung rechtfertige.
Auch die Aussage, dass die Anwälte ausschließlich Fälle bearbeiten, die deren Fachgebiet betreffen, verstieße gegen § 6 Abs. 1 BORA. Danach dürfe der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person nur informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten. Eine unsachliche Werbung sei aber bereits dann anzunehmen, wenn die Information über den Adressaten keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt habe. Dies sei hier der Fall. Denn es sei für den rechtssuchenden Bürger nicht nachprüfbar, ob tatsächlich die Rechtsanwälte aus der Kanzlei des Beklagten ausschließlich Fälle aus einem bestimmten Rechtsgebiet übernehmen würden.
Letztlich sei auch die Aussage, die Kanzlei verliere höchst selten bei juristischen Auseinandersetzungen irreführend, da sie für den Leser nicht nachprüfbar sei. Da es zudem keine Statistiken über Erfolg und Misserfolg von Prozessen in der Kanzlei des Beklagten gebe, hätte dieser nicht sagen dürfen, dass seine Kanzlei höchst selten verliere. Im übrigen sei die Angabe von Erfolgszahlen nach § 6 Abs. 3 BORA unzulässig.

UWG §§ 3, 5

Unzulässige Verwendung der Bezeichnung „Bodenseekanzlei“

LG Stuttgart, Urt. v. 16.03.2006 – 2 U 147/05 Fundstelle: NJW 2006, S. 2273 ff. Die Bezeichnung einer Anwaltskanzlei als „Bodenseekanzlei“ ist wettbewerbswidrig, da diese Wortschöpfung eine Region und den gesamten Wirtschaftsraum Bodensee mit der Kanzlei in Beziehung setzt. Damit wird dem Rechtsuchenden suggeriert, dass diese Kanzlei in diesem speziellen Wirtschaftsraum eine Spitzenstellung gegenüber anderen Kanzleien in Anspruch nimmt.

Anmerkung:
Die Beklagten, eine aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehende GbR, trat im geschäftlichen Verkehr als „Bodenseekanzlei“ auf.
Das OLG Stuttgart sieht in dieser Bezeichnung einen Wettbewerbsverstoß, da die Wortschöpfung keine punktuelle geographische Anbindung (z. B. „Schlossgartenkanzlei) aufweise, sondern vielmehr die ganze Region und den ganzen Wirtschaftsraum Bodensee aufnehme und die GbR mit ihm in Beziehung setze. Dies geschehe, indem die GbR sich als Unternehmen für diesen Wirtschaftsraum anbiete, was aber auch die Deutung eröffne, als Unternehmen zu diesem Wirtschaftsraum in ganz besonderer Beziehung zu stehen. Damit transportiere die werbliche Botschaft dieser Begriffsbildung jedenfalls für einen erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs, dass die Beklagten sich den Rechtsuchenden in diesem Wirtschaftsraum gegenüber anderen Kanzleien hervorgehobenerweise in diesem Dienstleistungsbereich anbieten zu können vorgeben. Dies könne sich nur beziehen auf Qualität und/oder Quantität. Damit würden die Beklagten mit dieser Bezeichnung eine Spitzenstellung für sich in Anspruch nehmen. Dass sie der insinuierten Spitzenstellung gerecht würden, behaupteten sie aber selbst nicht.
Das OLG Stuttgart nimmt in seinem Urteil Bezug auf eine Entscheidung des OLG Hamm (GRUR-RR 2003, 289), worin dieses den werblichen Auftritt einer der drei in Dortmund ansässigen Tauchschulen mit der Bezeichnung „Tauchschule Dortmund“ für irreführend und damit unzulässig angesehen hatte. Das OLG Hamm hatte ausgeführt, dass die Bezeichnung „Tauchschule Dortmund“ nicht nur den Eindruck erwecke, dass es sich um eine Tauchschule in Dortmund handele, sondern um die Tauchschule in Dortmund. Werde – so das OLG Hamm – die Ortsbezeichnung zugleich mit dem Namen des Geschäftsbetriebes verknüpft, gehe der Verkehr von einer überragenden Stellung des so bezeichneten Geschäftsbetriebs in der entsprechenden Branche aus. Damit würde die Verknüpfung zwar keine Alleinstellungswerbung, wohl aber eine Spitzenstellungswerbung darstellen.

1. Im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattende Anwaltskosten liegen nicht vor, wenn der zwischen der obsiegenden Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag nichtig ist.
2. ...

LG Schleswig, B. v. 18. Juni 2002 - 9 W 53/02 (LG Itzehoe - 6 0 341/01)
(Fundstelle: OLG Report Schleswig, 355)
1.
Im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattende Anwaltskosten liegen nicht vor, wenn der zwischen der obsiegenden Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag nichtig ist.

2.
Die Erstreckung des Tätigkeitsverbots, das einen als ehrenamtlichen Richter an einem Anwaltsgericht tätigen Rechtsanwalt nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 ZPO trifft, auf dessen Sozius nach § 45 Abs. 3 BRAO setzt voraus, dass dieser die tatsächlichen Umstände kennt, die das Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen; dem steht lediglich gleich, wenn sich der Sozius trotz evidenter Anhaltspunkte der Kenntnisnahme solcher Umstände verschließt.

 

1. Die Zusendung unerwünschter E-Mails werbenden Inhalts stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.
2. ....

LG Berlin, U. v. 16. Mai 2002 – 16 O 4/02
(Fundstelle: JurPC Web-Dok. 281/2002)
1.
Die Zusendung unerwünschter E-Mails werbenden Inhalts stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

2.
In den Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fallen auch die Angehörige freier Berufe, wie vorliegend ein Rechtsanwalt.

3.
Das Aussortieren und Löschen von Werbe-E-Mails verursacht gerade bei einem Rechtsanwalt eine Störung des Betriebsablaufs, da der Rechtsanwalt wegen der Gefahr des versehentlichen Löschens eventuell wichtiger Mitteilungen und der damit verbundenen Haftungsgefahr besondere Sorgfalt walten lassen muss.

4.
Die Werbeart E-Mail-Werbung ist bereits deshalb als unlauter anzusehen, weil mit E-Mail Werbung die Gefahr der „Ausuferung“ und des weiteren „Umsichgreifens“ verbunden ist, was zu einer untragbaren Belästigung und einer Verwilderung der Wettbewerbssitten führt.

5.
Die Fernabsatzrichtlinie bewirkt keine Rechtfertigung für E-Mail Werbung.

6.
Die Möglichkeit, sich durch einfache Mitteilungen aus der Bezugsliste streichen zu lassen, bewirkt keine Rechtfertigung für die E-Mail Werbung, da durch die Mitteilung für den Empfänger gerade erst deutlich wird, dass es sich um eine aktive und damit für Werbebotschaften interessante E-Mail Adresse handelt, die in der Folge wegen der Gefahr der Weitergabe besonders häufig von weiteren Werbe-Mails betroffen sein kann.

1.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines ehemaligen Rechtsanwaltes berührt nicht die Rechtsstellung des amtlich bestellten Abwicklers.
2. ...>

LG Rostock, Urt. v. 13.12.2001 – 4 O 180/00

(Fundstelle: NJW-RR 2002, 846 ff.) 1.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines ehemaligen Rechtsanwaltes berührt nicht die Rechtsstellung des amtlich bestellten Abwicklers.

2.
Der amtlich bestellte Abwickler hat nach Auftragsrecht den aus der Abwicklung resultierenden Überschuß an den Insolvenzverwalter auszukehren. Gleiches gilt nach Ansicht des LG Rostock auch im Verhältnis Abwickler – Insolvenzverwalter. Die Pflichten des Kanzleiabwicklers blieben bestehen und endeten gerade nicht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Somit verbleibe allein – auch für den Insolvenzverwalter – der Herausgabeanspruch des Überschusses.

Das LG Rostock führt weiter aus, daß die Fälligkeit dieses Anspruches erst mit Beendigung der Kanzleiabwicklung eintrete. Die Rechtsanwaltskanzlei sei erst in ihrer Gesamtheit zu Ende zu führen. Dieser Rechtsansicht stehe auch § 41 Abs. 1 InsO nicht entgegen. Die dort getroffene Fälligkeitsregelung beziehe sich nur auf Insolvenzforderungen gegen den Gemeinschuldner, nicht aber auf Forderungen der Insolvenzmasse.

1. Die bloße Wiedergabe der Internet-Adresse „rechtsanwalt.com“ auf der Homepage eines Portalanbieters für rechtliche Informationen und Dienstleistungen stellt kein Auftreten zur Kennzeichnung eines Unternehmens dar, sondern bezeichnet die Adresse, unter der die betreffende Homepage im Internet zu finden ist
2. ...>

LG Mannheim, U. v. 24. August 2001 - 7 0 189/01
(Fundstelle: BRAK-Mitt. 6/2002, 190 ff.)
1.
Die bloße Wiedergabe der Internet-Adresse „rechtsanwalt.com“ auf der Homepage eines Portalanbieters für rechtliche Informationen und Dienstleistungen stellt kein Auftreten zur Kennzeichnung eines Unternehmens dar, sondern bezeichnet die Adresse, unter der die betreffende Homepage im Internet zu finden ist.

2.
§ 8 Abs. 2 MarkenG findet keine analoge Anwendung auf die Eintragung von Gattungsbegriffen als Second-Level-Domains, so dass ein Löschungsanspruch hinsichtlich Gattungsbegriffen in Domain-Namen nicht besteht.

3.
Hinter der Domain-Adresse „rechtsanwalt.com“ vermuten die angesprochenen Verkehrskreise weder eine Stelle, die über die Zulassung zum RA-Beruf entscheidet, noch ein vollständiges Verzeichnis aller zugelassenen RAe.

1. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht bilden einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich, so dass die Formulierung "Familien- und Eherecht" auch nur als einheitlicher Interessenschwerpunkt im Sinne von § 7 BORA zu werten ist. 2. ...>

LG Bonn, U. v. 18. Dezember 2000 - 3 0 251/00 (veröffentlicht in NJW-RR 2001, 916) 1.
Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht bilden einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich, so dass die Formulierung "Familien- und Eherecht" auch nur als einheitlicher Interessenschwerpunkt im Sinne von § 7 BORA zu werten ist.

2.
Anwaltliche Werbung durch Zeitungsinserate mit einem drucktechnisch hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis "Auf Wunsch Hausbesuche" verstößt nach Form und Inhalt, mangels sachlicher Unterrichtung, gegen § 43 b BRAO. (Leitsätze des Mitteilenden)
Rechtsanwalt

.....

Interessenschwerpunkte:

Strafrecht - Straßenverkehrsrecht

Familien- und Eherecht - Mietrecht - Kaufrecht

-------------------------------------------------------

Auf Wunsch Hausbesuche.

Wegen dieser Zeitungsanzeige ist der Rechtsanwalt von Mitbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen worden, weil in dem Inserat mit sechs Interessenschwerpunkten geworben werde, obwohl nach § 7 Absatz 1 BORA lediglich fünf Benennungen erlaubt seien. Daneben verstoße auch das Anbieten von Hausbesuchen sowohl gegen das sich aus § 28 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BRAO ergebende grundsätzliche Verbot auswärtiger Sprechtage als auch gegen die Regelung des § 43 b BRAO. Die Klage hatte hinsichtlich des Klageantrags zu 2 Erfolg.

Da es sachgerecht erscheine, die in dem Zeitungsinserat verwendete Formulierung "Familien- und Erbrecht" als die Bezeichnung bloß eines einzigen Interessenschwerpunktes gelten zu lassen, vertritt das LG Bonn die Auffassung, dass die aufgeführten Interessenschwerpunkte die zulässige Anzahl von fünf Nennungen (§ 7 Abs. 1 BORA) nicht übersteigt und damit unbedenklich sei. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht würden in aller Regel einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich bilden. Darüber hinaus würde ein Rechtsanwalt, der außer Familien- und Eherecht mehrere weitere Interessenschwerpunkte hat, unzumutbar benachteiligt, wenn man die hier erörterte Begriffsverknüpfung bei insgesamt nur fünf möglichen Nennungen nicht als einheitlichen Interessenschwerpunkt werten würde, oder von ihm verlangen würde, einen der Teilbereiche zu verschweigen.

Demgegenüber wertet das Gericht den drucktechnisch besonders hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis "Auf Wunsch Hausbesuche", als unvereinbar mit § 43 b BRAO. Der Hinweis könne dahingehend verstanden werden, dass die Festlegung des jeweiligen Beratungsortes in das Belieben des Mandanten gestellt sei. Eine derart anlockend und anbiedernd erscheinende Werbung sei aber der Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege (§ 1 BRAO) unwürdig. Zudem könne, würde der Beklagte sich danach verhalten, der Zustand eintreten, dass keine grundsätzliche Gewähr mehr besteht, den zugelassenen Anwalt in der Regel an seinem Kanzleisitz zu erreichen, was § 28 BRAO gerade verhindern will.

Anmerkungen:
Soweit ersichtlich, wird die hier verwendete Formulierung "Familien- und Eherecht" als Zusammenfassung zu einem einheitlichen Interessengebiet im Sinne von § 7 BORA nicht nur vom DAV und der RAK Köln befürwortet, sondern dürfte auch auf der Linie der RAK Hamm liegen. Hingewiesen sei auch auf die von den Klägern angeführten scheinbar abweichenden Entscheidungen des Anwaltsgerichts Freiburg, NJW 2000, 1655, und des OLG Nürnberg, NJW 2000, 1648. Beide Entscheidungen befassen sich jedoch mit Begriffsverknüpfungen, die mit der hier erörterten Formulierung nicht vergleichbar sind. Darüber hinaus hatten sie nicht die Beurteilung von Interessenschwerpunkten, sondern von Tätigkeitsschwerpunkten zum Gegenstand. Auch wurde die Entscheidung des OLG Nürnberg zwischenzeitlich durch das BVerfG, NJW 2001, 1926, wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG aufgehoben. Abschließend sei noch angemerkt, dass das hier widergegebene Urteil lediglich ein weiteres, leider wenig werbewirksames, Beispiel für das derzeit vielfältige und uneinheitliche Richterrecht zur Anwaltswerbung ist. Nicht nur vor dem Hintergrund der drängenden außeranwaltlichen Konkurrenz, sollte daher im ureigensten Interesse unseres Berufstandes auf eine klare bundeseinheitliche, möglicherweise liberalere, Regelung zur Anwaltswerbung hingewirkt werden, um so die überragende anwaltliche Leistungspalette nachhaltiger und effektiver am Markt präsentieren zu können.

(Mitgeteilt von RA Frank Lockowandt, Bielefeld)

Die Verwendung der Internet-Domain "www.rechtsanwaelte.de" ist berufs- und wettbewerbswidrig.

LG München I, U. v. 16. November 2000 - 7 O 5570/00.

Die Kläger betreiben eine überörtliche Rechtsanwaltskanzlei mit Büros in München und Berlin. Sie sind Inhaber der Internet-Domain "www.rechtsanwaelte.de". Die Beklagten, eine Rechtsanwaltskanzlei in Köln, haben die Kläger abgemahnt und einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Domain ohne unterscheidungskräftigen Zusatz geltend gemacht. Die hiergegen gerichtete negative Feststellungsklage hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Gerichts stellt die Verwendung der Domain auf dem überregionalen Markt der Anwaltsdienstleistungen eine unlautere Absatzbehinderung gem. § 1 UWG dar. Die Verwendung der Domain diene dazu, potentielle Mandanten auf der Suche nach einem Rechtsanwalt abzufangen und auf das eigene Internet-Angebot zu leiten. Die von den Klägern verwendete Gattungsbezeichnung sei besonders attraktiv und verspreche einen erleichterten und dadurch erhöhten Zugriff auf die Website. Bewusst werde die Monopolisierung des Gattungsbegriffes "Rechtsanwälte" im Internet dazu eingesetzt, Kundenströme zu kanalisieren und sämtliche Mitbewerber in Folge der bestehenden Knappheit gängiger Branchenbezeichnungen für Rechtsanwälte auszuschließen. Auch sei die Domain unter dem Gesichtspunkt des § 43 b BRAO wettbewerbswidrig gem. § 1 UWG. Die Domain verschaffe dem Kläger in berufsrechtswidriger Weise durch die Vereinnahmung des Oberbegriffs für die gesamte Branche eine Alleinstellung. Dahinter stehe, sich im Internet aus der großen Gruppe der Rechtsanwälte durch eine anreißerische Kennung herauszustellen. Hierdurch würden die Grenzen einer auf sachliche Information über die berufliche Tätigkeit beschränkten Außendarstellung überschritten.

(Fundstelle: BB 2001, S. 488 ff.)

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