Weiterführen einer Fachanwaltsbezeichnung nach Wiederzulassung zur Anwaltschaft

GG Art. 12 I; BRAO § 43 c; VwVfG § 43 II; FAO §§ 2, 3, 4, 15, 17

BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 22.10.2014 - 1 BvR 1815/12

Fundstelle: NJW 2015, S. 394 ff.

1.

Durch das anwaltliche Berufsrecht wird derzeit nicht sichergestellt, dass Fachanwälte auf dem betreffenden Rechtsgebiet überhaupt oder in nennenswertem Umfang beruflich tätig werden.

2.

Gegenwärtig gibt es keine gesetzliche oder satzungsrechtliche Regelung, wonach der einmal erbrachte Qualifikationsnachweis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung mit dem Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder dem bloßen Zeitablauf seine Wirksamkeit verlieren würde.

3.

Ein aus der Anwaltschaft ausgeschiedener Rechtsanwalt (hier: durch Aufnahme einer unbefristeten Tätigkeit im öffentlichen Dienst) hat mangels entgegenstehender gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Regelungen einen Anspruch darauf, die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung nach erneuter Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ohne Erfüllung der für die erstmalige Gestattung zu ihrem Führen maßgeblichen Voraussetzungen (Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse und besonderer praktischer Erfahrungen) zu erhalten, sofern er die Fortbildungsverpflichtung nach § 43 c IV 2 BRAO, § 15 FAO erfüllt hat.

Leitsatz der Redaktion der NJW

Anmerkung:

Die Beschwerdeführerin begehrte die Feststellung, dass sie im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerruflich berechtigt sei, die Bezeichnung „Fachanwältin für Verwaltungsrecht“ zu führen, soweit sie in der Zwischenzeit ihrer Fortbildungspflicht gem. § 15 FAO nachgekommen sei. Die hierauf gerichtete Klage wies der AGH NRW mit Urteil vom 27. Juli 2011 ab, da durch das Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch die Gestattung zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung endgültig erloschen sei. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung wies der BGH mit Urteil vom 2. Juli 2012 zurück. Nach Auffassung des BGH habe sich mit Erlöschen der Anwaltszulassung die Befugnis der Beschwerdeführerin zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung gem. § 43 Abs. 2 VwVfG „auf andere Weise“ erledigt, da die Erlaubnis ohne die Rechtsanwaltseigenschaft der Beschwerdeführerin nicht mehr geeignet sei, rechtliche Wirkungen zu entfalten.

Diese Entscheidung des BGH hat das BVerfG aufgehoben und die Sache an den BGH zur abschließenden Entscheidung zurückverwiesen.