Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfe-Verfahren
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.07.2005 – 17 W 30/05 (nicht rechtskräftig)
Fundstelle: NJW 2005, S. 2718 f.
1.
Unter Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist dem Antragsteller bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Regel der von ihm gewählte Rechtsanwalt an seinem Wohn- oder Geschäftsort beizuordnen, es sei denn, es handelt sich um einen einfach gelagerten Rechtsstreit, der ohne weiteres die ausschließlich schriftliche Information eines Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zulässt.
2.
Bei der Frage, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten i. S. von § 121 III ZPO entstehen, ist auch zu prüfen, ob neben einem Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt (§ 121 IV ZPO) am Wohnort des Antragstellers beizuordnen wäre (Gesamtbetrachtung; BGHZ 159, 370 = NJW 2004, 2749 [2750]). Nur wenn dieses nicht der Fall ist, darf das Gericht den auswärtigen Rechtsanwalt noch „zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts“ beiordnen.
3.
Die Sicherstellung der Einhaltung von § 121 III ZPO erfordert die Begrenzung der abrechenbaren Mehrkosten auf die Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts bereits bei der Entscheidung über die Beiordnung. Die Entscheidung kann nicht auf Grund einer bloßen Prognose der voraussichtlich entstehenden Reisekosten getroffen werden. Die Begrenzung darf auch nicht über § 46 I RVG ins Festsetzungsverfahren verlagert werden (entgegen OLG Hamm, NJOZ 2005, 767 = MDR 2005, 538). Vielmehr ist der Rechtsanwalt mit der Maßgabe beizuordnen, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Antragstellers erstattungsfähig sind.
4.
Stellt der Wahlanwalt den Antrag auf die eigene Beiordnung selbst, so bedarf es keiner Nachfrage oder der Herbeiführung eines ausdrücklichen Einverständnisses zu einer solchermaßen eingeschränkten Beiordnung. Der Rechtsanwalt gibt bereits mit dem Beiordnungsantrag zu erkennen, dass er mit einer solchen Beiordnung, die § 121 III ZPO Rechnung trägt, einverstanden ist, es sei denn, er weist ausdrücklich darauf hin, dass er im Falle der Einschränkung nicht bereit ist, für die vertretene Partei weiter tätig zu werden. Dann ist der Beiordnungsantrag abzulehnen.
5.
Auch die Partei, die auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist, hat grundsätzlich unter mehreren zuständigen Gerichten die Wahl (§ 35 ZPO). Mutwillig handelt sie nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Auswahl des weiter entfernten Gerichts vorliegen.