BGB §§ 133, 157, 627, 628 Abs. 1, 812; BORA § 32; ZPO § 256 Abs. 1
Übernahme des Mandatsvertrags durch neu gegründete Sozietät
OLG Hamm, Urt. v. 22.02.2011 – 28 U 49/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 1606 ff.
Wird dem Mandanten bei der Auflösung einer Anwaltssozietät in einem Mandantenrundschreiben gem. § 32 BORA angeboten, dass das Mandat in einer neu gegründeten Sozietät von der bisherigen Mandatsbearbeiterin fortgeführt werden kann, und bittet der Mandant diese daraufhin, das Mandat weiter zu betreuen, ist in der Regel keine Mandatskündigung gewollt, sondern eine Vertragsübernahme des Anwaltsvertrags durch die Neusozietät.
Leitsatz des Gerichts
BGB §§ 134, 138, 280 Abs. 1, 395, 398; RVG § 4 a Abs. 2; BRAO §§ 1, 3 Abs. 1, 43 a, 49 b Abs. 1
Unwirksamer Forderungskauf wegen fundamentaler Verstöße gegen anwaltliches Berufsrecht
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.04.2011 – 17 U 250/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 3724 f.
1. Die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung an den Anwalt setzt die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung voraus.
2. Insoweit können standeswidrige Rechtsgeschäfte zugleich sittenwidrig sein, wenn der betreffende Berufsstand rechtlich anerkannt ist und wichtige Gemeinschaftsausgaben zu erfüllen hat.
Leitsatz der Redaktion der NJW
BRAO § 43 a Abs. 4; BGB §§ 675, 611, 134, 138; StGB § 356
Abtretung einer titulierten Forderung und Interessenkollision
OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.01.2012 – 24 U 216/10 Fundstelle: NJW 2012, S. 1892 ff.
1. Ein Prozessmandat ist mit dem Abschluss einer Instanz beendet, wenn von dem Rechtsanwalt zur Erfüllung seines Auftrags weitere Handlungen nicht mehr zu erwarten sind.
2. Der bisher einem einzelnen Rechtsanwalt erteilte Auftrag erstreckt sich mit dessen Eintritt in eine Sozietät nicht automatisch auf deren Mitglieder; dazu bedarf es zumindest einer stillschweigenden Einbeziehung der Sozien in das bisherige Einzelmandat.
3. War der die Sache bearbeitende Rechtsanwalt nur kurzzeitig Mitglied der Sozietät und war der später in der Angelegenheit tätige Sozius tatsächlich nicht in die Sachbearbeitung einbezogen, liegt ein Interessenwiderstreit oder gar Parteiverrat nicht vor.
Leitsatz des Gerichts
UWG § 5 Abs. 1 Nr. 3
„Größte deutsche Fachkanzlei“
OLG Koblenz, Urteil vom 03.12.2014 - 9 U 354/12
Fundstelle: NJW-Spezial 2015, S. 95
Eine Mehrheit von Rechtsuchenden versteht unter dem Begriff „Fachkanzlei“ eine Rechtsanwaltskanzlei mit Fachanwälten.
Leitsatz des Autors der NJW Spezial
Ein Rechtsanwalt macht sich nicht schon wegen Urkundenunterdrückung durch Unterlassen strafbar, wenn er irrtümlich seinem Mandanten zugestellte Anträge des Prozessgegners nicht weiterleitet.1)
OLG Hamm, B. v. 06.01.2004 - 4 Ws 549/03 Der im Klageerzwingungsverfahren beschuldigte Rechtsanwalt vertrat einen Mandanten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren. Diesem Mandanten wurde irrtümlich durch die Bevollmächtigten des Prozessgegners ein gegen ihn gerichtetes Mahnbescheidsantragsformular zugestellt. Das Schreiben ist zwar an das Arbeitsgericht adressiert gewesen, jedoch infolge eines Versendungsfehlers des Kanzleisekretariats direkt an den Prozessgegner gesandt worden. Der Mandant wandte sich an seinen Rechtsanwalt, welcher befand, dass weder eine Hinweispflicht gegenüber der Gegenpartei bestand, noch die Verpflichtung vorlag, das Formular an den Absender zurückzuschicken oder an das Arbeitsgericht weiterzuleiten. Das Antragsformular verblieb somit beim Mandanten. Das Mahnverfahren wurde nicht eingeleitet. Der Prozessgegner war der Ansicht, dass sich sowohl der Mandant, als auch dessen Rechtsanwalt durch ihre Untätigkeit der Urkundenunterdrückung durch Unterlassen schuldig gemacht haben.
Der entsprechende Antrag des Prozessgegners wurde im Klageerzwingungsverfahren – nach der vorherigen Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 II StPO – als unzulässig verworfen. Das OLG verneinte für die Beschuldigten das Bestehen einer Garantenpflicht, welche die Weiterleitung irrtümlich zugestellter Post beinhaltet. Eine solche Pflicht des beschuldigten Mandanten gegenüber dem Prozessgegner, als ehemaligen Arbeitgeber, kann weder aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis, noch aus einem besonderen Vertrauensverhältnis begründet werden. Eine pflichtwidrige Nichtherausgabe der Post kann dem Rechtsanwalt nicht vorgeworfen werden, denn dies würde diesen zur Vornahme einer Handlung zwingen, die zum eigenen bzw. zum Nachteil des Mandanten erfolgen würde. Eine Pflicht, welche zur Verletzung von Mandanteninteressen führe, kann mit dem Berufsrecht der Rechtsanwälte nicht vereinbar sein.
UWG § 5
Außendarstellung einer neu gegründeten Kanzlei nach vorheriger Sozietätsauflösung
OLG Hamm, Urt. v. 11.08.2009 – 4 U 109/09 = BeckRS 2009, 24122 Fundstelle: NJW-Spezial 2009, S. 719
Eine neu gegründete Kanzlei, die ihren Briefkopf nahezu in identischer Form gestaltet wie eine zuvor aufgelöste Sozietät, in der einer der Kanzleigründer Gesellschafter war, handelt irreführend, da bei den angesprochenen Verkehrskreisen, die die frühere Sozietät kannten, der Eindruck einer Fortführung erweckt wird.
Leitsatz des Einsenders bei der NJW-Spezial
§ 6 BORA
Bezeichnung „Kanzlei-Niedersachsen“
OLG Celle, Urteil vom 17.11.2011 – 13 U 168/11 = BeckRS 2012, 03386 Fundstelle: NJW-Spezial 2012, S. 222
Wirbt eine Anwaltssozietät mit der Bezeichnung „Kanzlei-Niedersachsen“, liegt hierin kein Verstoß gegen § 6 BORA, da der Rechtsuchende diese Bezeichnung rein geografisch versteht.
Leitsatz des Gerichts
§§ 43 b BRAO, 4 Nr. 11 UWG
Unzulässiges Schreiben an Gesellschafter einer Fondsgesellschaft
OLG München, Urteil vom 12.1.2012 – 6 U 813/11 = BeckRS 2012, 02010 Fundstelle: NJW-Spezial 2012, S. 223
Ist einem Anwalt bekannt, dass sich potenzielle neue Mandanten Ansprüchen des Insolvenzverwalters einer Fondsgesellschaft ausgesetzt sehen, ist ein aktueller Bedarf an anwaltlicher Beratung ersichtlich und mithin ein Werben um diese Personen unzulässig.
BRAO § 49 b Abs. 5
Darlegungs- und Beweislast für Belehrung über die Abrechnung nach dem Gegenstandswert
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.09.2008 – I-24 U 223/07 Fundstelle: AGS 2009, S. 11 f
Hat der Rechtsanwalt die näheren Umstände zu Hinweisen auf den Gegenstandswert der zu bearbeitenden Angelegenheit dargelegt, so ist der Mandant für die Behauptung der unterlassenen Belehrung beweispflichtig.
Leitsatz der Schriftleitung der AGS
§ 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BORA
Zulässigkeit der Bezeichnung „Spezialist für Zahnarztrecht“
Von einem „Spezialisten“ erwartet das rechtsuchende Publikum regelmäßig zumindest die Expertise eines Fachanwalts.
Leitsatz des Einsenders bei der NJW-Spezial
BRAO § 43 a Abs. 2; BORA § 2, BDSG 38 Abs. 3
Keine Auskunftspflicht gegenüber der Datenschutzbehörde
KG, Beschluss vom 20.08.2010 – 1 Ws (B) 51/07Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 639
Aus der Kontrollpflicht der Datenschutzbehörde ergibt sich keine gesetzliche Verpflichtung des Anwalts zur Weitergabe mandatsbezogener Informationen an den Datenschutzbeauftragten.
Leitsatz der Schrifleitung des NJW Spezial