BRAO § 50 Abs. 5; FAO § 6 Abs. 3 S. 2

Elektronische Arbeitsvorlagen für Fachanwaltsprüfung

AGH NRW, Urt. v. 02.05.2011 – 1 AGH 85/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 2981

Arbeitsproben gem. § 6 Abs. 3 S. 2 FAO dürfen von Rechtsanwälten bei der Beantragung von Fachanwaltstiteln auch im Datei-Format vorgelegt werden. Die Fachanwaltsordnung schreibt nicht vor, dass Arbeitsproben zwingend als Papierausdrucke vorgelegt werden müssen, zumal § 50 Abs. 5 BRAO es Rechtsanwälten gestattet, Handakten ausschließlich in elektronischer Form zu führen.

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 112 c Abs. 1, 150 Abs. 1, 155 Abs. 4

Keine Postulationsfähigkeit nach Zulassungswiderruf mit Sofortvollzug

AnwGH Sachsen, Beschl. vom 15.08.2011 – AGH 12/11 (I) = BeckRS 2011, 23734 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 670

Ein Anwalt, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen worden ist, kann sich vor dem Anwaltsgerichts nicht mehr wirksam selbst vertreten.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

BRAO §§ 14 Abs. 4, 155 Abs. 2, VwGO § 67 Abs. 4

Verlust der Postulationsfähigkeit nach Widerruf der Zulassung

AnwGH Sachsen, Gerichtsbescheid vom 12.05.2010 – AGH 1/10 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 414

Ein Rechtsanwalt, dessen Zulassung nach dem 01.09.2009 unter Anordnung des Sofortvollzugs widerrufen worden ist, darf sich vor dem Anwaltsgerichtshof nicht mehr selbst vertreten.

 

RA Benedikt Trockel, Geschäftsführer

 

 

BRAO §§ 2, 59 c Abs. 1, Abs. 2, 59 e Abs. 1 S. 2

Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG nicht zulassungsfähig

AnwGH München, Urt. v. 15.11.2010 – BayAGH I – 1/10 = Beck RS 2011, 01039 Fundstelle: NJW-Spezial, S. 127

Eine Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG ist nicht zulassungsfähig, da eine Rechtsanwaltsgesellschaft bereits nicht wirksam als KG gegründet werden kann. Denn der Zweck einer Rechtsanwaltsgesellschaft ist nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, sondern besteht in der Ausübung eines freien Berufs.

Eine Zulassung der Komplementär-GmbH scheitert an § 59 c Abs. 1 BRAO, da die GmbH in diesem Rahmen nicht als reine Berufsausübungsgesellschaft, sondern auch als Beteiligungsgesellschaft konzipiert ist.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

BRAO §§ 43 c Abs. 1 S. 1, Abs. 4; FAO §§ 5, 15; VwVfG 42 Abs.2

Untergang einer Fachanwaltsbezeichnung ohne gesonderten Widerruf bei Zulassungswiderruf

AGH NRW, Urt. v. 27.07.2011 – 1 AGH 22/11Fundstelle: nicht veröffentlicht

Allein die Erfüllung der Fortbildungsanforderungen des § 15 FAO berechtigt für den Fall der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht, eine einmal erteilte Erlaubnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung erneut zu führen.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

Anmerkung:

Die RAK hatte einem Rechtsanwalt, der zugleich auch Fachanwalt gewesen war, die Rechtsanwaltszulassung widerrufen ohne zugleich auch noch die Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung gesondert zu widerrufen.

Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin vor dem AGH festzustellen, dass er im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der RAK widerruflich berechtigt sei, die Fachanwaltsbezeichnung zu führen, soweit er in der Zwischenzeit die Fortbildungspflicht gemäß         § 15 FAO erfüllt habe. Einer erneuten Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung sollte es demnach nicht mehr bedürfen.

Der AGH hat die Klage abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen führt er u. a. aus, dass die Befugnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung untrennbar mit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbunden sei, so dass in dem Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zugleich unausgesprochen auch der Widerruf der Gestattung der Führung der Fachanwaltsbezeichnung liege.

Der AGH hat die Berufung zugelassen, die zwischenzeitlich auch eingelegt wurde.

BRAO §§ 43 a Abs. 5, 114 Abs. 1 Nr. 4; BORA § 4

Unterlassene Weiterleitung von Fremdgeld

Niedersächsischer AnwGH, Urteil vom 21.01.2008 – AGH 1/07
Fundstelle: NJW-Spezial 2008, S. 479

 

Ein Verstoß gegen die Pflicht, fremde Gelder unverzüglich an den Mandanten weiterzuleiten, hat regelmäßig die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft zur Folge. Nur ausnahmsweise kann auf ein Vertretungs- und Beistandsverbot nach § 114 I Nr. 4 BRAO erkannt werden.²

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 51 VI 2, 223

Rechtsweg – Auskunft über die Berufshaftpflichtversicherung

AnwGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 08.01.2008 – AGH 34/07 = BeckRS 2008, 04776
Fundstelle: NJW-Spezial 2008, S. 22

Ist der von einem Mandanten geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Auskunft über die Berufshaftpflichtversicherung seines Anwalts nach dessen Geltendmachung eines schutzwürdigen Interesses an der Nichterteilung dieser Auskunft abgelehnt worden, ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem AnwGH unzulässig.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

BRAO §§ 59 e Abs. 2 S. 1, 59 f Abs. 1

Mehrheitserfordernisse bei einer Rechtsanwaltsgesellschaf

AnwGH München, Urt. v. 25.02.2010 – BayAGH I 25/09 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 606

Bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft muss die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte Anwälten zustehen, da das entscheidende Gewicht bei der Willensbilligung stets den Anwälten selbst zukommen muss.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

FAO § 24 Abs. 6

Keine Teilnahme eines Dritten am nichtöffentlichenFachgespräch

AnwGH Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 27.08.2010 – 1 AGH 20/09 = BeckRS 2011, 69335 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 191

§ 24 Abs. 6 S. 2 FAO gewährleistet eine beschränkte Öffentlichkeit im Rahmen eines Fachgesprächs, die eine Erweiterung des Zuhörerkreises nicht zulässt.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

FAO § 5 S. 1, MuSchG §§ 3, 6

Dreijahreszeitraum eines Fachanwaltsantrags

AGH NW, Beschl. vom 22.08.2008- 1 AGH 39/08
- noch nicht veröffentlicht -

Der Dreijahreszeitraum gemäß § 5 S. 1 FAO verlängert sich um die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3, 6 MuSchG.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

Anmerkung:

§ 5 S. 1 FAO bestimmt, dass die von dem Antragsteller im Rahmen eines Fachanwaltsantrags nachzuweisenden Fälle innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung in dem jeweiligen Fachgebiet bearbeitet worden sein müssen. Mit dem vorbezeichneten Beschluss hat der AGH NW nunmehr entschieden, dass § 5 S. 1 FAO zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Normen des Grundgesetzes dahingehend auszulegen sei, dass sich der Dreijahreszeitraum um den Zeitraum des Beschäftigungsverbots der §§ 3, 6 MuSchG von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, insgesamt also derzeit 14 Wochen, verlängere, wenn, wie in dem vorliegenden Fall, die Antragstellerin in dem Dreijahreszeitraum ein Kind zur Welt gebracht habe.

 

 

1. Dem Begriff der Rechtsbeugung kommt nicht die Qualität einer Formalbeleidigung zu, wenn er im Zusammenhang mit einem bestimmten Urteil steht, in sachliche Einwände eingebettet ist und damit als - scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik steht.

.....

AGH Saarland, U. v. 12. August 2002 - AGH 2/02
(Fundstelle: MDR 2003, 180)
1.
Dem Begriff der Rechtsbeugung kommt nicht die Qualität einer Formalbeleidigung zu, wenn er im Zusammenhang mit einem bestimmten Urteil steht, in sachliche Einwände eingebettet ist und damit als - scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik steht.

2.
Ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot liegt vor, wenn dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten durch die Wendung „sollte das juristische Handwerkszeug zunächst einmal, soweit hierzu imstande, benutzt werden" die Fähigkeit abgesprochen wird, diesen Beruf ordnungsgemäß auszuüben

1. Die Regeln der anwaltlichen Berufsordnung sind auch auf die Anwalts-GmbH anwendbar. Dies gilt zunächst jedenfalls für die in der GmbH tätigen Rechtsanwälte, die gem. § 33 Abs. 2 BORA verpflichtet sind zu gewährleisten, dass die Regeln der Berufsordnung auch von der Organisation eingehalten werden, in der sie tätig sind. Auf die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sind die Bestimmungen der BORA zumindest analog anwendbar.

...

AGH Hamm, U. v. 7. Juni 2002 – 2 ZU 2/02 AGH/NW(Fundstelle: NJW-RR 2002, 1494 ff.) 1.
Die Regeln der anwaltlichen Berufsordnung sind auch auf die Anwalts-GmbH anwendbar. Dies gilt zunächst jedenfalls für die in der GmbH tätigen Rechtsanwälte, die gem. § 33 Abs. 2 BORA verpflichtet sind zu gewährleisten, dass die Regeln der Berufsordnung auch von der Organisation eingehalten werden, in der sie tätig sind. Auf die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sind die Bestimmungen der BORA zumindest analog anwendbar.

2.
Nicht sozietätsfähige Personen dürfen auf dem Briefbogen einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gem. § 8 BORA nicht geführt werden.

Der AGH Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, in dem auf dem Briefbogen einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH eine „Diplom-Verwaltungswirtin“ aufgeführt wurde, die als Sachbearbeiterin in der Gesellschaft tätig ist.

Hierin liege, so der AGH, ein Verstoß gegen § 8 i. V. m. § 33 BORA. Die Regeln der Berufsordnung seien auch auf die Anwalts-GmbH anwendbar. Die in der Kommentierung vertretene Auffassung (Hartung / Holl, § 33 BO Rdnr. 20 und 29), wonach eine Ermächtigungsgrundlage zur Regelung der Anwalts-GmbH in der Berufsordnung fehle, da in § 59 m Abs. 2 BRAO nicht auf § 59 b BRAO verwiesen wird, gehe fehl. Zunächst sei festzuhalten, dass die BORA jedenfalls für die in der GmbH tätigen Rechtsanwälte gelte. Diese seien zudem gem. § 33 Abs. 2 BORA verpflichtet zu gewährleisten, dass die Regeln der Berufsordnung, die gem. § 33 Abs. 1 BRAO für alle Rechtsformen der Zusammenarbeit gelten, auch von der Organisation eingehalten werden, in der sie tätig sind. Da gem. § 59 e Abs. 3und § 59 f Abs. 1 BRAO Gesellschafter und Geschäftsführer der Anwalts-GmbH mehrheitlich Rechtsanwälte sein müssen, bestehe auch die tatsächliche Möglichkeit, diese Regeln im Rahmen der Gesellschaft durchzusetzen. Aus diesem Grunde bedürfe es einer eigenen Berufsordnung für die GmbH nicht. Jedenfalls seien die Regeln der Berufsordnung über eine analoge Anwendung des § 59 b BRAO anwendbar. Eine Begründung für das Aussparen der RA-GmbH im Rahmen der Berufsordnung sei nicht ersichtlich. Es handele sich um ein Versehen des Gesetzgebers, also um eine unbewusste Regelungslücke, da es an einem Grund für die sachliche Ungleichbehandlung der GmbH im Vergleich zu anderen Zusammenschlüssen fehle.

Auch § 8 BORA, wonach die Werbung durch die Kundgabe beruflicher Zusammenarbeit mit Personen, die nicht sozietätsfähig im Sinne des § 59 a BRAO sind, untersagt ist, sei auf eine Anwalts-GmbH anwendbar. Diese Bestimmung sei nicht auf Personengesellschaften allein zugeschnitten. Weshalb eine Kapitalgesellschaft auf angestellte Personen, die die normierten Voraussetzungen nicht erfüllen, hinweisen dürfen soll, und eine Personengesellschaft nicht, sei nicht ersichtlich. Auch werde § 8 BORA nicht durch § 10 Abs. 2 BORA verdrängt. Zwar regele § 10 BORA ausdrücklich den Briefbogen und enthalte in seinem Absatz 2 nicht die Einschränkung auf „sozietätsfähige Berufe“. Dies führe jedoch nicht dazu, dass entgegen § 8 BORA nicht sozietätsfähige Angestellte in den Briefbogen aufgenommen werden dürfen. Denn ob der Anwalt überhaupt eine solche Zusammenarbeit kundgeben darf, werde grundsätzlich in § 8 BORA geregelt.

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