Mit dem im April vorgelegten Referentenentwurf für eine Verordnung zur geldwäscherechtlichen Identifizierung durch Videoidentifizierung will das Bundesministerium der Finanzen das bereits etablierte VideoIdent-Verfahren in breiterem Umfang für Identifizierungsverfahren im Bereich der Geldwäscheprävention nutzbar machen. Bislang war das VideoIdent-Verfahren nur für Unternehmen zugelassen, die in Bezug auf die Geldwäscheaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstehen, also insbesondere Banken und Versicherungen. Nunmehr soll es auch für geldwäscherechtlich Verpflichtete im Nichtfinanzsektor nutzbar werden; dazu zählen unter anderem auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

Der Gesetzentwurf nutzt dazu eine Verordnungsermächtigung im 2017 neugefassten Geldwäschegesetz (GwG), von der bislang kein Gebrauch gemacht wurde. Die Rahmenbedingungen und technischen Voraussetzungen für das Verfahren hat die BaFin in einem Rundschreiben aus dem Jahr 2017 festgehalten; hierauf setzt auch der Entwurf auf.

Hintergrund ist, dass nach § 11 GwG Verpflichtete – zu denen in bestimmten (in § 2 GwG aufgezählten) Fällen auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zählen – von ihren Vertragspartnern bzw. von Personen, die für diese auftreten, und von der wirtschaftlich berechtigten Person vor Begründung einer Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung einer Transaktion Angaben zum Zwecke der Identifizierung erheben müssen. § 12 GwG sieht vor, dass diese Angaben überprüft werden müssen. Hierzu können unter anderem Ausweisdokumente, der elektronische Identitätsnachweis (eID) oder qualifizierte elektronische Signaturen herangezogen werden. Die Verfahren zur Überprüfung legt § 13 GwG fest. Mit dem VideoIdent-Verfahren soll dem Nichtfinanzsektor ein kostengünstiges und ggf. automatisierbares Überprüfungsverfahren an die Hand gegeben werden.

In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK die geplanten Regelungen im Grundsatz und bezeichnet sie als wichtigen Schritt auf dem Weg der Digitalisierung. Jedoch äußert sie erhebliche Bedenken im Hinblick auf die praktische Umsetzbarkeit durch geldwäscherechtlich verpflichtete Anwältinnen und Anwälte einerseits und durch die Rechtsanwaltskammern, die als Aufsichtsbehörden die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen haben, andererseits.

Der Bedarf in der Anwaltschaft für eine Fern-Identifizierung ist nach der Erfahrung der BRAK groß, da immer mehr Mandate ohne persönlichen Kontakt in der Kanzlei zustande kommen. Nach dem GwG verpflichtete Anwältinnen und Anwälte nutzen derzeit in der Regel das PostIdent-Verfahren oder externe Dienstleister für Videoidentifikationen. Die Videoidentifikation selbst durchzuführen, wäre nach Ansicht der BRAK vor allem für kleinere Kanzleien wirtschaftlich nicht darstellbar. Unrealistisch wäre insbesondere das in § 7 der Verordnung verlangte Vorhalten eines separaten Raums mit Zugangskontrolle.

Für problematisch und unpraktikabel hält die BRAK auch die weitere Regelung in § 5, wonach Videoidentifizierung nur verwendet werden darf, wenn auch ein gleichwertiges anderes Identifizierungsverfahren angeboten wird. Für eine solche Verpflichtung fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage, da das GwG nur ein gleichwertiges Verfahren fordere. Die Verordnung schafft so überzogene und wirtschaftlich nicht umsetzbare Vorgaben, die bestimmten Verpflichteten faktisch den Zugriff auf ein selbst durchgeführtes VideoIdent-Verfahren verwehren. Zudem sei unklar, ob die gängigen Dienstleister ein derartiges Verfahren überhaupt bereits anbieten.

Die BRAK fordert daher eine längere Übergangsregelung, damit sich die Verpflichteten und die Dienstleister mit angemessenem zeitlichen Vorlauf darauf einstellen können. Der Entwurf sieht jedoch lediglich eine Frist bis zum Beginn des nächsten Quartals nach Inkrafttreten der Verordnung vor. Um die Videoidentifizierung für Anwältinnen und Anwälte als Verpflichtete praktikabel zu machen, regt die BRAK zudem weitere Erleichterungen bzw. Bereichsausnahmen an, jedenfalls soweit die Identifizierung selbst vorgenommen und nicht auf Dienstleister delegiert wird.


Weiterführende Links
Stellungnahme Nr. 30/2024
Referentenentwurf
BaFin-Rundschreiben 3/2017 (GW) v. 10.4.2017