von Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Berlin, 16.4.2018 (Veröffentlichung aus dem BRAK-Magazin Heft 2/2018)

 

Seit Anfang 2018 gelten neue Regelungen für den elektronischen Rechtsverkehr, und zwar unabhängig davon, ob das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nutzbar ist. Natürlich betrifft das vor allem diejenigen, die, solange das beA offline ist, elektronische Dokumente per EGVP (oder per De-Mail) bei Gericht einreichen; aber alle anderen sollten bereits jetzt einen Überblick haben, was auf sie zukommt.

 

Zulässige Übermittlungswege

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen können elektronisch bei Gericht eingereicht werden (§ 130a I ZPO). Aus dem „kann“ wird ab dem 1.1.2022 ein „muss“ (§ 130d ZPO in der dann geltenden Fassung). Die Länder können die verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs auf 2020 bzw. 2021 vorziehen.

Senden darf man elektronische Dokumente nur auf den in § 4 I ERVV genannten Wegen: über einen „sicheren Übermittlungsweg“ oder über das EGVP des Gerichts – also nicht etwa per E-Mail. „Sichere Übermittlungswege“ definiert § 130a IV ZPO: z.B. DE-Mail, das beA oder das besondere elektronische Notarpostfach (beN). Scheitert die Übermittlung z.B. an der maximalen Dateigröße, kann gem. § 3 ERVV ersatzweise nach den allgemeinen Vorschriften (möglichst mit den Dateien auf einem Datenträger) eingereicht kann.

Anforderungen an vorbereitende Schriftsätze

Neben den Anforderungen des § 130 ZPO (Bezeichnung von Parteien, Anträgen etc.) sind spezielle Vorgaben für elektronische Dokumente zu beachten. Formal müssen die Dokumente gem. § 130 II ZPO „für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet“ sein. Der technische Rahmen dafür ist in der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs (ERVV) fixiert. Sie gilt für Verfahren vor Zivilgerichten (und weitere in § 1 ERVV genannte) und für Strafverfahren (vgl. §§ 10, 11 ERVV). Nicht „geeignet“ sind z.B. durch Schadsoftware kontaminierte Dateien; dafür sieht § 130a VI ZPO ein Auffang-Verfahren vor. In anderen Fällen, in denen ein Dokument nicht „geeignet“ ist (z.B. Textdatei statt pdf, fehlende Signatur o.ä.) dürfte die allgemeine gerichtliche Hinweispflicht greifen (z.B. § 139 ZPO).

Wichtig sind v.a. die Vorgaben zum Dateiformat in § 2 I ERVV: Zulässig sind pdf und tiff; Konkreteres regeln § 4 I ERVV und die aufgrund von § 5 ERVV erlassene Verordnung. Ferner verlangt § 2 II ERVV Dateinamen, die den Inhalt des Dokuments umschreiben, also z.B. „Klageschrift“ oder „Anlage 1“. Beizufügen ist auch ein sog. Strukturdatensatz (§ 4 III ERVV), der – ähnlich wie § 130 ZPO – u.a. Parteien, Gericht und Aktenzeichen enthält und automatisch vom IT-System des Gerichts ausgelesen werden kann (dazu Brosch, BRAK-Magazin 6/2017, 11).

Schriftformersatz

Elektronische Dokumente müssen zuverlässig erkennen lassen, von wem sie stammen. Dies kann entweder durch eine qualifizierte elektronische Signatur des Ausstellers erfolgen (§ 130a III, 1. Alt. ZPO) – dann kann ein beliebiger Übermittlungsweg i.S.d. ERVV genutzt werden. Oder der Aussteller sendet das Dokument über einen sicheren Übermittlungsweg (z.B. als Anwalt: sein beA) – dann genügt eine einfache Signatur (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO, z.B. Wiedergabe des Namens), um das prozessuale Formerfordernis zu erfüllen (§ 130a III, 2. Alt. ZPO). Materiell-rechtliche Schriftformerfordernisse sind so indes nicht erfüllbar, für sie gelten §§ 126 III, 126a BGB.

Containersignaturen, mit denen mehrere Dokumente zugleich signiert werden, sind nach § 4 II ERVV unzulässig. Dies sieht zwar das OLG Brandenburg (BRAK-Mitt. 2018, 116 Ls.) anders; das Gebot des sichersten Weges legt aber nahe, dem nicht zu folgen.

Vorschriften für Anlagen

Für Anlagen gilt die ERVV nur, soweit es Dokumente sind, für die die Schriftform nach § 130a ZPO elektronisch ersetzbar ist (§ 1 ERVV). Elektronische Beweismittel (z.B. Audio-/Videodateien) können auf einem (nach § 5 I ERVV zulässigen) Datenträger eingereicht werden.

Urkunden dürfen gem. § 131 I ZPO nur als Abschrift eingereicht werden – bei elektronischer Einreichung also: als Scan der Urkunde. Insoweit gelten die Vorgaben des § 2 ERVV. Die