RA und Mediator Christoph Podszun, Dortmund
Geschäftsführer der RAK Hamm
Am 26.07.2012 ist das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung in Kraft getreten. Im Folgenden sollen kurz die wesentlichen Inhalte dieser neuen gesetzlichen Regelung einerseits zur außergerichtlichen Mediation, andererseits zur Durchführung des Güterichterverfahrens im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung, vorgestellt werden.
1. Mit dem Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ist nach umfangreichem politischen Ringen nunmehr eine bundesweite Regelung für die außergerichtliche und gerichtliche konsensuale Konfliktbeilegung geschaffen geworden. Ausgehend von der Mediationsrichtlinie des Europäischen Parlaments von 2008[1] war in dem Gesetzesentwurf zunächst eine umfassende Regelung sowohl der außergerichtlichen als auch der gerichtsnahen und der gerichtsinternen Mediation vorgesehen worden. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages strich jedoch Ende 2011 die noch im Gesetzentwurf vorgesehenen Vorschriften zur gerichtsinternen Mediation[2] und ersetzte sie durch Regelungen zum sog. erweiterten Güterichtermodell; dies mit der Begründung, im Gegensatz zum gerichtsinternen Mediator dürfe der Güterichter den Parteien auch Lösungen vorschlagen und unter anderem rechtliche Bewertungen vornehmen.In seltener Einmütigkeit beschloss der Bundestag Ende 2011 das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung in der Fassung des Rechtsausschusses, mit der der Bundesrat in den ersten Monaten des Jahres 2012 zunächst nicht einverstanden war. Erst nach Befassung des Vermittlungsausschusses und einigen, aber wesentlichen Änderungen[3] konnte das Gesetz sodann im BGBl. I 2012, Seite 1577, verkündet werden.[4]Das Gesetz gliedert sich in 10 Artikel. Artikel 1 beinhaltet das MediationsG. Die anderen Artikel enthalten Änderungen unter anderem der Verfahrensordnungen (ZPO, FamFG, ArbGG, SGG, VwGO und FGO) sowie des GKG und des FamGKG.2. Die umfangreichsten Regelungen enthält das Gesetz in Artikel 1, nämlich dort zum MediationsG. Zunächst werden in § 1 die Begriffe der Mediation und des Mediators bestimmt. Danach ist Mediation „ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben“ (Abs.1), der Mediator „eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt“ (Abs. 2).
Daneben enthält das Gesetz in § 2 Maßgaben zum Ablauf des Mediationsverfahrens. Dabei werden die Freiwilligkeit und zugleich die Ausgestaltung des Mediationsverfahrens nach dem Willen der Parteien in den Vordergrund gestellt. Hiernach wählen die Parteien den Mediator aus (§ 2 Abs. 1), sie können die Mediation auch jederzeit beenden (§ 2 Abs. 5). Zudem ist die Einbeziehung Dritter nur mit Zustimmung aller Parteien möglich (§ 2 Abs. 4). Auch die Aufgaben des Mediators sind in § 2 MediationsG geregelt. So enthält § 2 Abs. 3 MediationsG mit der Feststellung, dass der Mediator allen Parteien gleichermaßen verpflichtet ist, den Grundsatz der Allparteilichkeit des Mediators.[5] Die Berechtigung des Mediators, „im allseitigen Einverständnis“ getrennte Gespräche mit den Parteien zu führen, ist ebenfalls dort geregelt.Die Unabhängigkeit und Neutralität des Mediators findet ihren Niederschlag auch in § 3 MediationsG. Die Norm enthält in den Absätzen 1 bis 4 ein dreistufiges Tätigkeitsverbot des Mediators. Zunächst bestimmt § 3 Abs. 1 MediationsG, dass der Mediator alle Umstände offen zu legen hat, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können. In diesen Fall ist es von der ausdrücklichen Zustimmung der Parteien abhängig, ob der Mediator gleichwohl tätig werden darf.Hiervon zu unterscheiden ist ein absolutes Tätigkeitsverbot des Mediators aus § 3 Abs. 2 MediationsG, wenn der Mediator in derselben Sache für eine Partei bereits tätig gewesen ist. Diese Norm nimmt die berufsrechtlichen Regelungen für Rechtsanwälte aus § 43 a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA auf. Eine evtl. Zustimmung der Parteien kann in diesem Fall die Rechtswidrigkeit der Berufsausübung des Mediators nicht beseitigen.Auch die sogenannte „Sozietätserstreckung“ aus § 3 Abs. 2 BORA[6] findet sich in § 3 Abs. 3 MediationsG wieder; denn ein Tätigkeitsverbot besteht für den Mediator grundsätzlich auch dann, wenn eine andere mit dem Mediator in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene Person in derselben Sache bereits tätig gewesen ist. Für den Fall der „Sozietätserstreckung“ gilt jedoch ebenso wie im anwaltlichen Berufsrecht, dass ein Tätigkeitsverbot durch das Einverständnis der Parteien im Einzelfall aufgehoben werden kann, wenn Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen (§ 3 Abs. 4 MediationsG; vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 BORA).Über die Aufklärungspflichten zur Unabhängigkeit und Neutralität hinaus sieht § 3 Abs. 5 MediationsG vor, dass auf Verlangen der Mediator auch über seinen fachlichen Hintergrund, seine Ausbildung und auch seine Erfahrung, also seine bisherige praktische Tätigkeit, auf dem Gebiet der Mediation zu informieren hat.Ein in der Praxis auch der anwaltlichen Mediatoren durchaus bislang vorkommendes Problem wird mit einer Regelung in § 4 MediationsG gelöst, nämlich mit der Einführung einer einheitlichen Verschwiegenheitsverpflichtung für den Mediator und die beteiligten Personen. Für Anwaltsmediatoren gab es über § 43 a Abs. 2 BRAO, §§ 2, 18 BORA bereits entsprechende berufsrechtliche und über § 203 StGB auch strafrechtliche Regelungen. Für Mediatoren aus anderen Berufsgruppen sowie die Parteien fehlte hingegen bislang eine gesetzliche Regelung. Zwar konnte eine Verschwiegenheitsverpflichtung in der Regel in dem Mediationsvertrag oder Mediatorvertrag vereinbart werden[7]; gleichwohl waren die mit dieser vertraglichen Verpflichtung verbundenen Beschränkungen des Sachvortrages und der Beweismittelangebote in einen sich gegebenenfalls an die Mediation anschließenden gerichtlichen Verfahren umstritten[8]. Die nun getroffene gesetzliche Regelung für alle an dem Verfahren Beteiligten stellt sicher, dass die dem Mediationsgedanken zugrundeliegende Vertraulichkeit der in der Mediation herausgearbeiteten Informationen, aber auch Bedürfnisse der Parteien gewahrt bleibt und die so gewonnenen Informationen auch im Falle eines Scheiterns der Mediation nicht in eine gegebenenfalls anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzung eingeführt werden.[9]
Dabei wird die bislang bestehende berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht des anwaltlichen Mediators durch die in § 4 Nr. 2 MediationsG geregelte Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht, nämlich die Offenlegung aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) z. B. bei der Gefährdung des Kindeswohls, konkretisiert; diese Norm stellt eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 2 Abs. 3 BORA dar, die für die konkrete mediatorische Tätigkeit des Rechtsanwalts die Verschwiegenheitspflicht modifiziert. Insofern wird die anwaltsmediatorische Verschwiegenheitspflicht durch die neuen Regelungen des MediationsG eingeschränkt. Die weiteren in § 4 Nr. 1 und 3 MediationsG geregelten Durchbrechungen der Verschwiegenheitspflicht kennen die anwaltsberuflichen Vorschriften ohnehin bereits ähnlich. § 4 MediationsG regelt im Übrigen die Informationspflicht des Mediators über den Umfang der Verschwiegenheitspflicht gegenüber den Parteien.Einen weiteren Schwerpunkt hat das MediationsG in der Regelung der Aus- und Fortbildung des Mediators; wesentliche Teile sind erst durch den Rechtsausschuss des Bundestages auf Anregung des Bundesrates eingefügt worden.[10] § 5 Abs. 1 MediationsG bestimmt die Eigenverantwortlichkeit des Mediators für die geeignete Ausbildung und regelmäßige Fortbildung; notwendige Inhalte der Ausbildung sind die Grundlagen der Mediation sowie deren Rahmenbedingungen, die Vermittlung von Verhandlungs- und Kommunikationstechniken ebenso wie Konfliktkompetenz, rechtliche Grundlagen sowie praktische Bestandteile wie Übungen, Rollenspiele und Supervision.
Im Weiteren differenziert die Norm jedoch, neben dem Mediator nach Abs. 1, noch zu einem „zertifizierten Mediator“ (Abs. 2). Für diesen ist – über die Mindestvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 MediationsG hinaus - vorgesehen, in einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung nach § 6 MediationsG nähere Bestimmungen zu Inhalt und Umfang der Aus- und Fortbildung, somit insbesondere zum Zeitumfang, festzuschreiben. Dabei wird in den Gesetzesmaterialien eine Mindestdauer von 120 Zeitstunden für die Mediationsausbildung genannt. Weiter soll diese Rechtsverordnung auch die Qualifikation der Lehrkräfte der Bildungseinrichtungen, die mögliche Zertifizierung der Aus- und Fortbildungsveranstaltungen regeln sowie Einzelheiten zu der Fortbildungspflicht des zertifizierten Mediators nach § 6 Abs. 3 MediationsG festlegen. Ob und wann eine solche Rechtsverordnung erlassen wird, ist derzeit nicht absehbar. Gegenwärtig sind die verschiedenen (Berufs-)Verbände der Mediatoren und Mediationseinrichtungen damit beschäftigt, einheitliche Standards zu formulieren.
Da sich nach § 6 Abs. 2 MediationsG als zertifizierter Mediator (nur) bezeichnen darf, wer eine den Anforderungen der Rechtsverordnung entsprechende Ausbildung abgeschlossen hat, zudem zur Zeit diese Anforderungen unklar sind und noch festgelegt werden müssen, wird es sich für Mediatoren gegenwärtig bereits aus wettbewerbsrechtlichen Gründen empfehlen, eine solche Bezeichnung nicht zu führen.[11]Weitere Vorschriften des MediationsG enthalten u.a. Bestimmungen zur Evaluierung sowie eine Übergangsbestimmung; nach § 9 Abs. 1 MediationsG dürfen bisherige Verfahren der gerichtsinternen Mediation nur noch bis zum 1. August 2013 unter dieser Bezeichnung fortgeführt werden. 3. Damit ist aber die gerichtliche konsensuale Konfliktbeilegung in Form der Mediation tatsächlich nicht zu den Akten gelegt. Denn nach dem 1. August 2013 darf zwar die Benennung eines Verfahrens als gerichtsinterne Mediation (das Gesetz stellt auf die Bezeichnung „gerichtlicher Mediator“ ab) nicht mehr erfolgen. Gleichwohl lebt diese Tätigkeit unter der Bezeichnung des Güterichters fort. Insofern änderte das Gesetz in Artikel 2 den § 278 Abs. 5 ZPO, der bis dahin zwar den Begriff der Güteverhandlung, nicht jedoch den Begriff des Güterichters kannte.
Dabei wird in § 278 Abs. 5 ZPO n.F. die Funktion des Güterichters definiert und – von besonderer Bedeutung – festgelegt, dass der Güterichter „alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen“ darf (Satz 3). Dieser Zusatz wurde erst im Rahmen der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses in das Gesetz aufgenommen und hat zur Folge: die bisherige Arbeit des gerichtsinternen Mediators kann unter der neuen Bezeichnung des Güterichters fortgeführt werden[12], lediglich die Begrifflichkeit wechselt. Hingegen ist nach § 278a Abs. 1 ZPO die Bezeichnung „Mediation“ zukünftig lediglich für die außergerichtliche Konfliktbeilegung vorgesehen. § 278a Abs. 2 ZPO bestimmt zudem für das Gericht, dass nach Rechtshängigkeit für die Dauer der Mediation das Ruhen des gerichtlichen Verfahrens anzuordnen ist.Ähnliche Regelungen sehen die weiteren Artikel des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung auch für das familien-, arbeits-, sozial-, verwaltungs- und finanzgerichtliche Verfahren vor. Durch Vorschriften im GKG und im FamGKG wird ferner den Landesgesetzgebern die Möglichkeit eingeräumt, Verfahrensgebühren zu ermäßigen oder entfallen zu lassen, wenn das gerichtliche Verfahren nach Durchführung einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung wie der Mediation durch Klage- oder Antragsrücknahme beendet wird und entweder ein Hinweis auf die Möglichkeit der Durchführung z.B. der Mediation bereits in der Klageschrift o.ä. erfolgte oder das Konfliktbeilegungsverfahren auf gerichtlichen Vorschlag hin durchgeführt wurde. Mit dieser Regelung versucht der Gesetzgeber einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass eine der Prozesskostenhilfe ähnliche Vorschrift über eine Kostenhilfe im Mediationsverfahren nicht geschaffen wurde:
Für das zivilgerichtliche und familiengerichtliche Verfahren bestimmen Neufassungen des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, § 23 Abs. 1 S. 3 FamFG zudem, dass die Klageschrift zukünftig u.a. Angaben zu einem vorherigen Mediationsversuch oder einem entsprechenden anderen Verfahren enthalten soll. 
4. Das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bietet erstmals eine gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Mediation und der Tätigkeit als Mediator. Es nimmt die bereits durch praktische Tätigkeit verfestigten Grundsätze dieser Methode der außergerichtlichen Konfliktbeilegung auf; zugleich bietet das MediationsG für den rechtsuchenden Bürger die Voraussetzung, den Anforderungen entsprechend ausgebildete Personen zur Durchführung dieses Verfahrens finden zu können.
Andererseits regelt das Gesetz die konsensuale Konfliktbeilegung durch weite Teile der Gerichtsbarkeit nur begrifflich neu, da die bisher schon bestehenden Möglichkeiten beibehalten und das bisherige Verfahren der gerichtsinternen Mediation lediglich umbenannt wurde. Die Chance zur Einführung einer Kostenbeihilfe für das Mediationsverfahren wurde nicht genutzt.
Ob und wie durch diese nur geringen Änderungen die Akzeptanz der Mediation zur Lösung von Konflikten im privaten und geschäftlichen Bereich befördert werden kann, bleibt abzuwarten.
[1] Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates von 21.05.2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl EU 2008 L 136, S.3; sie hätte bis zum 20.05.2011 in deutsches Recht umgesetzt sein müssen.
[2] Unter der gerichtsnahen Mediation ist die Durchführung einer Mediation während eines Gerichtsverfahrens außerhalb des Gerichts und unter der gerichtsinternen Mediation die Durchführung einer Mediation während eines Gerichtsverfahrens von einem nicht entscheidungsbefugten Richter zu verstehen, so § 1 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 MediationsG-E in der Fassung des Regierungsentwurfs.
[3] BT-Drucksache 17/10102, S. 2 f.
[4] Ausführlich zum Werdegang des Gesetzes und zur Argumentation der Streichung der Vorschriften über die gerichtsinterne Mediation Nöker, KammerForum Köln 2012, Seite 76 m.w.N.
[5] Zu dieser Grundvoraussetzung der Tätigkeit des Mediators vgl. Koch in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, 2. Aufl., § 1 Rd-Nr. 11
[6] Vgl. hierzu Podszun in: Nagler, Kultur der Strafverteidigung, S. 30
[7] Vgl. Heussen in Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, 2. Auflage, § 17 Rd-Nr. 65
[8] Hartmann in Haft/Schlieffen, a.a.O., § 44 Rd-Nr. 32 f.
[9] Vgl. auch Prütting, AnwBl 2012, Seite 205 f.
[10] BT-Drucksache 17/8058, S. 1
[11] Ahrens, NJW 2012, S. 2467
[12] Anders wohl noch Plassmann, AnwBl 2012, S. 152; wie hier Ahrens, a.a.O.