von Thomas Vogt, Vizepräsident des OLG Hamm
Mit dem Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vom 21.07.2012 (BGBl. I, S. 1577) hat der Gesetzgeber die gesetzliche Grundlage für die bereits an vielen Gerichten des Oberlandesgerichtsbezirks Hamm praktizierte konsensuale Konfliktlösung durch nicht entscheidungszuständige Richter geschaffen. Das bislang als gerichtsinterne Mediation bezeichnete Modell wird nach dem Willen des Gesetzgebers durch die fakultative Güteverhandlung vor einem hierfür im Geschäftsverteilungsplan bestimmten nicht entscheidungsbefugten Güterichter abgelöst, der in richterlicher Unabhängigkeit alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen kann (§ 278 Abs. 5 ZPO nF).
Das Güterichterverfahren ist nicht mit der der mündlichen Verhandlung vorgeschalteten obligatorischen Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 und 3 ZPO zu verwechseln. Es ist vielmehr als weiterer Anreiz für eine freiwillige einvernehmliche Konfliktbeilegung auch noch während des anhängigen Gerichtsverfahrens gedacht, deren Vorteil in der Qualifikation des besonders ausgebildeten Güterichters liegt.
Schon vor der ersten mündlichen Verhandlung, aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt des erst- oder zweitinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens kann der entscheidungsbefugte Richter die Parteien - nicht das Verfahren, das beim Prozessgericht anhängig bleibt – nach Anhörung der Beteiligten an den Güterichter verweisen. Besondere Bedeutung kommt dabei wie schon bisher bei der gerichtsinternen Mediation der Rolle der Prozessbevollmächtigten der Parteien zu. Sie begleiten und beraten die Parteien bei deren eigenverantwortlicher Konfliktlösung. In Verfahren ohne Anwaltszwang kann der Güterichte entsprechend dem Rechtsgedanken in § 2 Abs. 6 MediationsG auf die Möglichkeit hinweisen, eine beabsichtigte Einigung anwaltlich überprüfen zu lassen.
Acht der zehn Landgerichte und die meisten Amtsgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm haben die Zuständigkeit für Güterichtersachen in ihren richterlichen Geschäftsverteilungsplänen für das Jahr 2013 ausdrücklich geregelt. Die Landgerichte Essen und Münster machen derzeit von der Übergangsregelung in Art. 1 § 9 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung Gebrauch und führen voraussichtlich bis zum 01.08.2013 die bisherige gerichtsinterne Mediation fort.
An den Amtsgerichten werden Güterichterverfahren voraussichtlich dort nach der Methodik der Mediation durchgeführt, wo entsprechend qualifizierte Richter vorhanden sind.
Die Regelungen zum Güterichter bei den Amtsgerichten differieren. In den Landgerichtsbezirken Bielefeld, Detmold, Dortmund und Hagen werden die Güterichterverfahren an den Amtsgerichten von Richtern der Gerichte durchgeführt, an dem das Streitverfahren anhängig ist. Die Amtsgerichte der Landgerichtsbezirke Arnsberg und Siegen nehmen vollständig an gerichtsübergreifenden Kooperations- bzw. Poolmodellen teil. Von den Amtsgerichten der Landgerichtsbezirke Bochum, Essen, Münster und Paderborn haben sich einige Gerichte zu Kooperationen zusammengeschlossen, andere Amtsgerichte führen die Güterichtersachen auch in diesen Bezirken durch Güterichter an den Streitgerichten durch.
Auch wenn der jeweilige Güterichter in richterlicher Unabhängigkeit über die anzuwendende Methode der einvernehmlichen Konfliktbeilegung entscheidet, wird das Schwergewicht voraussichtlich auch in Zukunft bei der im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm erfolgreich etablierten richterlichen Mediation liegen. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Beschlussempfehlung des BT-Rechtsaus-schusses, BT-Drucksache 17/8058, S. 17). Als ausgebildeter Mediator werbe ich ausdrücklich dafür, den Parteien die Vorzüge einer schnellen, interessengerechten, zukunftsorientierten und beiderseits vorteilhaften Konfliktbeilegung nahe zu bringen. Die Erfahrungen mit der bisher praktizierten gerichtsinternen Mediation und die Ergebnisse wissenschaftlicher Evaluation zeigen, dass auch in schwierigen Verfahren eine weit überdurchschnittliche Zahl erfolgreicher Einigungen und ein hoher Grad von Verfahrens- und Ergebniszufriedenheit erreicht wird. Dazu werden auch in Zukunft ganz wesentlich die in der Methodik der Mediation ausgebildeten wie erfahrenen und hoch motivierten Kolleginnen und Kollegen der Gerichte des Bezirks als Güterichter beitragen.