Mit großer Irritation hatte die BRAK der Presse entnommen, dass die Generalstaatsanwaltschaft – Presseberichten zufolge trotz Wissens um die Einlegung von Rechtsmitteln beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) – die Auslieferung einer deutschen Staatsangehörigen nach Ungarn (über Österreich) vollzogen hat. Obwohl das BVerfG in kürzester Zeit die Auslieferung untersagte, eine Entscheidung in der Sache vorab angekündigt war und über die Entscheidung selbst unverzüglich informiert wurde, hatte die Generalstaatsanwaltschaft die Auslieferung vorab und ohne Abwarten der Entscheidung durchgeführt.
Derartiges Vorgehen hält die BRAK für nicht hinnehmbar und ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft und den Justizsenat um sofortige Aufklärung des Vorganges.
„Die Wahrung und Verteidigung des Rechtsstaates ist für die Anwaltschaft von höchster Wichtigkeit“, so BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels. „Die rechtsstaatlichen Abläufe, die Akzeptanz der Gewaltenteilung und das aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Recht auf effektiven Rechtsschutz, die das Fundament unseres Rechtsstaates sind, sind in Ämtern und Ministerien wie auch den dort durchgeführten Verfahren sicherzustellen!“
Den Brief unterzeichneten neben Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels auch Rechtsanwältin Leonora Holling, Schatzmeisterin der BRAK und Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwältin Dr. Vera Hofmann, Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Berlin und Mitglied im Ausschuss Strafprozessrecht der BRAK, sowie Prof. Dr. Christoph Knauer, Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer München und Vorsitzender des BRAK-Ausschusses Strafprozessrecht. Neben dem Ausschuss Strafprozessrecht hatten sich auch die Arbeitsgemeinschaft zur Sicherung des Rechtsstaates und der Ausschuss Verfassungsrecht der BRAK mit dem Vorgang befasst.
Der offene Brief der BRAK fand auch Widerhall in den Medien, unter anderem in der Leipziger Zeitung, für die hierdurch eine neue, weil bundesweite, Dimension der Kritik eröffnet wird.
Weiterführende Links:
Presseerklärung Nr. 5/2024 v. 8.7.2024
Offener Brief der BRAK v. 8.7.2024
Pressemitteilung des BVerfG v. 28.6.2024
BVerfG, Beschluss v. 28.6.2024 – 2 BvQ 49/24
Leipziger Zeitung v. 8.7.2024
nd v. 8.7.2024