Das materielle Strafrecht soll modernisiert werden. Das sieht ein im November 2023 vorgelegtes Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz vor. Damit wird ein Auftrag aus dem Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen umgesetzt, der vorsieht, das Strafgesetzbuch systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu überprüfen. In dem Eckpunktepapier werden eine Reihe von Delikten identifiziert, die angepasst oder aufgehoben werden sollen. Dazu zählen unter anderem die Regelungen zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort, zur Prostitution, zur geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung und zum Erschleichen von Leistungen.
Die BRAK begrüßt die Initiative des Ministeriums. Das Ultima-ratio-Prinzip erfordere, dass das Strafrecht sich auf Kernaufgaben beschränkt und vorhandene Strafnormen auf ihre rechtstaatliche Legitimation überprüft werden.
Der im Eckpunktepapier vorgeschlagenen Aufhebung einer Reihe von Straftatbeständen, darunter etwa Verletzung amtlicher Meldungen (§ 134 StGB), räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB) und Gebührenüberhebung (§ 352 StGB), stimmt die BRAK uneingeschränkt zu und unterstützt die vom Ministerium gegebenen Begründungen.
Zu den weiteren Vorschlägen des Eckpunktepapiers äußert die BRAK sich differenziert. Insbesondere fordert sie, den Straftatbestand der Beförderungserschleichung (§ 265a StGB) ersatzlos zu streichen. Das Eckpunktepapier sieht angesichts des geringen Unrechtsgehalts vor, den Tatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Nach Einschätzung der BRAK würde dies jedoch nicht, wie vom Ministerium beabsichtigt, zu einer Entlastung der Strafverfolgungsbehörden führen und zudem die Ordnungsbehörden mit dem Ausstellen von Bußgeldbescheiden zusätzlich belasten. Im Gegensatz zu Geldstrafen orientieren sich Bußgelder nicht am Einkommen der Betroffenen; kann das Bußgeld nicht bezahlt werden, droht Erzwingungshaft. Dies läuft nach Ansicht der BRAK der Intention zuwider, die da Ministerium mit der Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit verfolgt.
Auch zu den weiteren Überlegungen des Eckpunktepapiers äußert die BRAK sich im Detail. Insbesondere macht sie konkrete Änderungsvorschläge zu einer künftigen Regelung der Unfallflucht (§ 142 StGB) sowie zur Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB).
Ergänzend zu dem Eckpunktepapier unterbreitet die BRAK Reformvorschläge zur tätigen Reue sowohl im StGB als auch im Nebenstrafrecht, zum Sexualstrafrecht, zum Insolvenzstrafrecht sowie zu Straftatbeständen im Aufenthaltsrecht.
Weiterführende Links:
Stellungnahme Nr. 19/2024
Eckpunktepapier des BMJ
Reformvorschläge der BRAK für den Strafprozess