von Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Berlin, 09.12.2019 (Veröffentlichung aus dem BRAK-Magazin Heft 6/2019)

Die BRAK richtet gem. § 31a BRAO für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) ein. Um gleich mit einem ersten Irrtum aufzuräumen: beA ist ein persönliches Postfach der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts und kein Postfach der Kanzlei, in der der Postfachinhaber tätig ist. Welche Sorgfaltspflichten sich daraus ergeben, erläutert der folgende Beitrag.

Regelungen der RAVPV

Die Inhaber eines für sie erzeugten Zertifikats dürfen dieses keiner weiteren Person überlassen und haben die dem Zertifikat zugehörige Zertifikats-PIN geheim zu halten, § 26 RAVPV. Die beA-Karte, mit der sich der Postfachinhaber dem beA-System gegenüber identifiziert, muss also bei ihm verbleiben. Die zugehörige PIN ist geheim zu halten. Es verbietet sich damit, Karte und PIN Mitarbeitern auszuhändigen oder sie Kollegen zu überlassen, die zu zentralen beA-Beauftragten der Kanzlei bestimmt wurden.

Warum ist das so wichtig?

  • 130a IV ZPO und die entsprechenden Vorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen regeln den sog. sicheren Übermittlungsweg, der die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt. In der Praxis bedeutet dies, dass der Postfachinhaber sich mit beA-Karte und PIN selbst am beA anmelden und die Nachricht selbst versenden muss. Wer also Karte und PIN weitergibt, gibt seine eigenhändige Unterschrift aus der Hand.

Das ArbG Lübeck (BRAK-Mitt. 2019, 266 m. Anm. Miedtank) hatte in einem solchen Fall gar die Einreichung eines Schriftsatzes als unwirksam erachtet. Und § 20 III RAVPV regelt eindeutig, dass der Postfachinhaber das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen kann.

Rechtevergabe in fremdem Namen

Der mit der beA-Karte ausgestattete Dritte kann aber damit noch mehr anfangen als „nur“ zu unterschreiben. Wer über die persönlichen Zugangsmittel des eigentlichen Postfachinhabers verfügt, kann ungehindert lesenden und schreibenden Zugriff auf das Postfach vergeben und sogar weiteren Personen das umfassende Recht einräumen, ihrerseits Rechte zu vergeben – und das alles ohne Wissen des Postfachinhabers.

Und noch schlimmer: Verfügt der Postfachinhaber selbst bereits über Zugangsrechte an dem Postfach eines anderen, beispielsweise als Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigter, kann ein Dritter im Fall der Weitergabe von Karte und PIN auch dieses Postfach verwalten! Damit sind Verstöße gegen die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung und Datenschutzverletzungen vorgezeichnet.

Alternativen zur Weitergabe von Karte und PIN

Die Weitergabe der Zugangsmittel erfolgt in der Praxis aus unterschiedlichen Gründen. Entweder möchte der Postfachinhaber mit Postein- und -ausgang nichts zu tun haben. Dafür sieht das beA-System mit der Rechtevergabe Möglichkeiten vor.

Oder die Kanzlei möchte sicherstellen, dass der neu eingetretene Rechtsanwalt keine Kanzleipost erhält. Dies kann organisatorisch dadurch geregelt werden, dass den Kommunikationspartnern ein bestimmtes beA als Korrespondenzadresse angegeben wird und zugleich die technische Absicherung dadurch erfolgt, dass der Eingetretene selbst (!) Vorgesetzten, Kollegen oder Mitarbeitern Rechte an seinem Postfach einräumt, ohne gleich Karte und PIN weiterzugeben.

Und schließlich besteht die Angst, dass der aus einer Berufsausübungsgemeinschaft ausgeschiedene Rechtsanwalt weiter Mandatspost erhält. Das lässt sich technisch nicht ausschließen, sondern erfordert klare Regelungen im Arbeits- oder Sozietätsvertrag, ggf. verbunden mit der Mitteilung über die Beendigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung an Mandanten, Gegner und Gerichte.

Fazit

Geben Sie Ihre Unterschrift in Form von beA-Karte und PIN nie aus der Hand, sondern beachten Sie die gesetzlichen Vorschriften. Das Rechtemanagement im beA und saubere vertragliche Regelungen sichern alle Parteien ausreichend ab!