Signiert ein Mitglied einer mandatierten Anwaltssozietät einen Schriftsatz, den ein anderes Sozietätsmitglied verfasst und einfach elektronisch signiert hat, in qualifiziert elektronischer Form und reicht diesen Schriftsatz über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach bei Gericht ein, ist dies wirksam. Ein gesonderter Vertretungshinweis – etwa „für …“ – ist nicht notwendig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung klargestellt.
Im Ausgangsfall – ein Anwaltsregressfall – hatte sich eine Anwaltssozietät, welcher auch der später in Regress genommene Anwalt angehörte, für den dortigen Beklagten legitimiert. Am letzten Tag der (verlängerten) Frist für die Begründung der Berufung ging beim zuständigen Landgericht ein Schriftsatz ein, den der später in Regress genommene Anwalt einfach signiert hatte; sein Sozietätskollege hatte den Schriftsatz mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen und über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) an das Landgericht gesandt. Dieses wies die Berufung als unzulässig zurück. Der Sozietätskollege, der die Berufungsbegründung qualifiziert signiert und über sein beA versandt habe, habe nicht ausdrücklich auch die inhaltliche Verantwortung übernommen; zudem fehle ein Vertretungszusatz.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des in Regress genommenen Anwalts hatte Erfolg. Der BGH stellte klar, dass ein Rechtsanwalt, der einen Schriftsatz mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versieht, damit ohne weitere Voraussetzungen im Zweifel seinen unbedingten Willen zum Ausdruck bringe, mit seiner qeS auch eine entsprechende Verantwortung für den Schriftsatz zu übernehmen und dessen Inhalt zu verantworten und den Mandanten als weiterer Hauptbevollmächtigter oder zumindest als Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats zu vertreten. Einen zusätzlichen Hinweis auf die Vertretung – etwa "für ..." – hält der BGH für entbehrlich.
Die Entscheidung wird im kommenden Heft der BRAK-Mitteilungen dokumentiert.
Strengere Anforderungen an die Übernahme der inhaltlichen Verantwortung für einen Schriftsatz durch die Rechtsanwältin bzw. den Rechtsanwalt, die/der den Schriftsatz einfach signiert und versendet, hat das BSG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2022 gestellt. Obwohl der versendende Rechtsanwalt in Untervollmacht gehandelt hatte, hielt das BSG für erforderlich, dass dieser ausdrücklich auch die inhaltliche Verantwortung für den Schriftsatz übernehme. Die Einzelheiten des zugrundeliegenden Falls wichen etwas von der obigen Entscheidung des BGH ab. Dennoch mahnt die Entscheidung zur Vorsicht: Denn die Frage, ob ein Vertretungszusatz notwendig ist, könnte in anderen Fachgerichtsbarkeiten bzw. von anderen Gerichten anders gesehen werden.
Weiterführende Links:
BGH, Urt. v. 28.2.2024 – IX ZB 30/23
BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B