Anwältinnen und Anwälte können gegenüber Gerichten die Schriftform wahren, wenn sie Schriftsätze aus ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach einreichen. Das will ein aktueller Gesetzentwurf künftig auch gegenüber Behörden ermöglichen. Die BRAK begrüßt das, kritisiert aber die Einschränkung von Beteiligungsrechten in Verwaltungsverfahren durch denselben Gesetzentwurf.


Die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie erschwerten unter anderem auch die Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren. Um dem zu begegnen, ermöglichte der Gesetzgeber im Mai 2020 durch das Planungssicherstellungsgesetz, dass bestimmte Verfahrensschritte digital durchgeführt werden, etwa die öffentliche Bekanntmachung, die Auslegung von Dokumenten sowie erforderliche Erörterungen. Die Regelungen des Planungssicherstellungsgesetzes gelten, nach mehrfacher Verlängerung, noch bis zum 31.12.2023. Mit dem Anfang Juli vorgelegten Entwurf für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes (5. VwVfÄndG) sollen diese Regelungen nunmehr im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht verstetigt werden. Insbesondere sollen Online-Konsultationen und Video- bzw. Telefonkonferenzen als Ersatz für die Erörterung oder mündliche Verhandlung mit Verfahrensbeteiligten oder der Öffentlichkeit dauerhaft möglich sein.

Zudem will der Gesetzgeber den elektronischen Schriftformersatz auch in Verwaltungsverfahren einführen. Damit greift er eine Forderung aus der Anwaltschaft auf, das besondere elektronische Anwaltspostfach nicht nur gegenüber Gerichten, sondern auch gegenüber Behörden als zusätzlichen Schriftformersatz neben der qualifizierten elektronischen Signatur nutzen zu können.

Die entsprechende Änderung des § 3a VwVfG begrüßt die BRAK ausdrücklich. Sie weist in ihrer Stellungnahme indes darauf hin, dass zur Vermeidung von Unklarheiten die Formulierungen zur Nutzung des sicheren Übermittlungswegs aus den Verfahrensordnungen für die Zivil- und Fachgerichtsbarkeiten übernommen werden sollten. Dazu unterbreitet sie einen konkreten Formulierungsvorschlag. Außerdem regt sie an, den sog. sicheren Übermittlungsweg nicht nur in allgemeinen Verwaltungsverfahren nach § 3a VwVfG einzurichten, sondern auch in sozial- und steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren.

Dass die Öffentlichkeitsbeteiligung, wie sie im Planungssicherstellungsgesetz für die Zeiten der COVID-Pandemie vorgesehen war, nunmehr als Regelfall eingeführt werden soll, kritisiert die BRAK hingegen. Den Grund für lang dauernde Verfahren sieht sie nicht im – ohnehin bereits auf ein nurmehr rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügendes Niveau reduzierten – Verfahrensrecht, sondern in den Anforderungen des materiellen Rechts. Eine weitere Beschränkung von Beteiligungsrechten würde daher aus Sicht der BRAK Verfahren nicht zusätzlich beschleunigen.

Bedenken äußert die BRAK insbesondere dagegen, den Erörterungstermin als das Kernstück der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren durch eine reine Online-Konsultation, also ein indirektes, textbasiertes Verfahren, zu ersetzen. Diese ermögliche nicht den notwendigen direkten Austausch zwischen verfahrensführender Behörde, Vorhabenträger und den beteiligten Behörden, Vereinigungen oder Einwendenden.

 

Weiterführende Links:

Stellungnahme Nr. 35/2023

Referentenentwurf